Service, Qualitätssicherung und Engagement für junge Ärzte
Die neue Präsidiumsspitze der Landesärztekammer stellt sich vor
Mehr Serviceorientierung für Mitglieder, verstärkte Hinwendung zu jungen Ärzten und Engagement für die Qualität von ärztlicher Fortbildung und Weiterbildung: Dies sind die wichtigsten Ziele, die sich das am 30. August neugewählte Präsidium der Landesärztekammer für die neue Legislaturperiode 2008-2013 gesetzt hat.
Heute stellten der neue Ärztekammerpräsident Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach (60), niedergelassener Facharzt für Innere Medizin in Marburg, und der mit einer Landarztpraxis in Braunfels niedergelassene bisherige und neue Vizepräsident Martin Leimbeck (51) ihre Perspektiven in einer Pressekonferenz im Frankfurter PresseClub vor.
"Ich komme aus der Praxis und verpflichte mich, ein Vertreter für alle Ärztinnen und Ärzte zu sein", erklärte von Knoblauch zu Hatzbach. Die Landesärztekammer werde sich in den kommenden Jahren leidenschaftlich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung einsetzen. Untersuchungen der Landesärztekammer in den vergangenen Jahren hätten gezeigt, dass gerade Krankenhausärztinnen und -ärzte mit den Arbeitsbedingungen in den Kliniken unzufrieden seien: Starke Arbeitsbelastung - häufig durch berufsfremde Tätigkeiten, Arbeitsverdichtung, überbordende Bürokratie, mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie und zu wenig Zeit für die Patienten seien die Hauptursachen dafür. "Die Folgen sind bitter", sagte von Knoblauch. Viele junge Ärztinnen und Ärzte wählten nach dem Examen andere Berufsfelder aus oder gingen ins Ausland, wo sie bessere Arbeitsbedingungen vorfänden. "Zur Aufrechterhaltung der qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung ist es deshalb dringend notwendig, die Arbeits- und Weiterbildungsbedingungen der Klinikärzte zu verbessern."
Auch wenn derzeit noch nicht von einer ärztlichen Unterversorgung die Rede sein könne: Die Arztzahlen in Deutschland seien rückläufig, unterstrich der neue Ärztekammerpräsident. Sinkende Studienabsolventenzahlen und das hohe Durchschnittsalter (76% aller hessischen Ärztinnen und Ärzte sind über 40 Jahre alt) würden zwangsläufig zu einer Arztknappheit in den kommenden Jahren führen. Die Zahl der Ärztinnen und Ärzte, die in der direkten, nahen Patientenversorgung tätig sind, ist rückläufig.
Martin Leimbeck warnte vor einer Vernachlässigung der ärztlichen Versorgung auf dem Land. In ländlichen Gebieten könnten Arztstellen nicht mehr kurzfristig besetzt werden; erstmals weise die Statistik der Kassenärztlichen Vereinigung in diesem Jahr keine überversorgten Gebiete in Hessen mehr auf. "Dies bedeutet u.a., dass der einzelne niedergelassene Arzt vor allem auf dem Land, zunehmend aber auch in Städten, mehr Patienten zu betreuen und versorgen hat als früher. Zugleich ist er gezwungen, sich mit überbordenden Verwaltungsaufgaben zu beschäftigen, die ihm von Politik und Kassen vorgeschrieben werden", empörte sich Leimbeck. "Es ist daher höchste Zeit, dass dieser bürokratische Aufwand, der Ärztinnen und Ärzten notwendige und überaus wichtige Zeit für die Zuwendung zum Patienten stiehlt, endlich reduziert wird."
Von Knoblauch forderte mehr Geld für die ambulante Patientenversorgung: "Hausärztliche und fachärztliche Versorgung leiden unter schlechten wirtschaftlichen Bedingungen, die die machbare und notwendige ambulante Arztbetreuung unmöglich machen. Das Honorar reicht nicht aus." Das zusätzliche Geld, das die Bundesregierung nun für die ambulante Versorgung bereit gestellt habe, reiche gerade dazu aus, den Inflations-Index auszugleichen: "Der einzelne niedergelassene Arzt wird kaum etwas von dem "Geldsegen" spüren."
Den geplanten Gesundheitsfonds bezeichnete von Knoblauch als einen weiteren Schritt auf dem Weg in die Staatsmedizin. Das Geld, was bisher an die Kassenärztliche Vereinigung zur Weiterverteilung gegangen sei, werde in den Fonds fließen und dann umverteilt werden. "Dazu muss ein neues Institut ins Leben gerufen werden, das mit dem vorhandenen Geld zu finanzieren ist. Die Kosten der Gesetzlichen Krankenversicherung werden dadurch steigen", prognostizierte von Knoblauch. Der tatsächliche Versorgungsbedarf der Bevölkerung werde von dem Gesundheitsfonds nicht berücksichtigt.
Dass die Landesärztekammer Hessen sich auch künftig für die Ethik in der Medizin stark machen werde, betonte Martin Leimbeck. "Im Gegensatz zu einer utiliaristischen, d.h. rein nutzenorientierten Einstellung, treten wir Ärztinnen und Ärzte für die Würde des Menschen am Anfang und am Ende des Lebens ein. So wenden wir uns gegen jede Form von Sterbehilfe und wollen dem Einzelnen auch in seiner letzten Lebensphase durch die Möglichkeiten der Palliativmedizin ein würdevolles und lebenswertes Dasein bieten." In Hessen fördere die Landesärztekammer die Palliativmedizin mit Fortbildungsangeboten, Tagungen und die Unterstützung von Netzwerkarbeit.
Leimbeck hob ebenfalls hervor, dass die Qualitätssicherung der medizinischen Versorgung künftig sektorenübergreifend zusammengefasst und von den Landesärztekammern geleistet werde. "In den nächsten Jahren wird sich die Landesärztekammer Hessen darüber hinaus intensiv mit dem Ziel des Bologna-Prozesses, bis 2010 einen europäischen Hochschulraum zu schaffen, beschäftigen müssen. Die deutsche Ärzteschaft hat sich wiederholt gegen eine Bachelorisierung in der Medizin und damit für den Erhalt des hochwertigen Staatsexamens für den medizinischen Studiengang ausgesprochen. Allerdings bieten einige Universitäten
Humanmedizin bereits als Bachelor-Studiengang an, so dass sich unweigerlich die Frage stellt: Was machen wir künftig mit sogenannten "Barfuß"-Medizinern, den Bachelor- und Magisterabsolventen in der Medizin?"
Von Knoblauch bezeichnete Prävention als eine der wichtigen Aufgaben der Ärzteschaft. Bereits in den vergangenen Jahren habe sich die hessische Ärztekammer für Bewegungsförderung (Sport Pro Gesundheit, "Rezept" für Gesundheit), für AIDS-Aufklärung, Prävention von Gewalt gegen Kinder, Gewalt unter Kindern, sexualisierte Gewalt, Gewalt im Nahbereich, Kriminalprävention und für die Förderung des Impfens als wesentlichem Schutz vor alten und neuen Infektionskrankheiten eingesetzt. "Hinzu gekommen sind eigene Kampagnen für Impfaufklärung und Alkoholprävention (Alkoholpräventionsprojekt "Hackedicht - Besser geht's dir ohne!"). Dieses Engagement der Landesärztekammer wollen wir künftig noch ausbauen."
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