Der im vergangenen Jahr gegründete „Förderverein für unerkannte und seltene Erkrankungen“1 (FUSE) hatte die einmalige Chance, auf Einladung der Präsidentin des Hessischen Landtages Astrid Wallmann (CDU) am 13. März 2024 einen parlamentarischen Abend in Wiesbaden auszurichten. Ziel dieser Veranstaltung war es, gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode die Politikerinnen und Politiker, die Abgeordneten und vor allem die gesundheitspolitischen Ausschussmitglieder über die wenig bekannten Probleme der Patienten mit Seltenen Erkrankungen (SE) und deren Versorgung in den hessischen Universitätskliniken zu informieren.

Der Name „Seltene Erkrankung“ ist etwas irreführend, denn in Summe sind die Seltenen alles andere als selten. Per Definition gilt eine Krankheit nur dann als selten, wenn nicht mehr als fünf pro 10.000 Einwohnern davon betroffen sind. Da es aber zwischen 6.000 und 8.000 verschiedene Seltene Erkrankungen gibt, ist die Summe dieser Patienten mit etwa vier Millionen alleine in Deutschland doch sehr groß.

Auf die Tatsache, dass Seltene nicht wirklich selten sind, wies in ihrer Begrüßungsrede auch die Landtagspräsidentin hin. Wallmann begrüßte als Hausherrin neben dem Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) und seiner Ehefrau Tanja Raab-Rhein, die zugleich Schirmherrin von FUSE ist, auch die Gesundheitsministerin Diana Stolz (CDU), die stellv. Landtagspräsidentin Dr. Daniela Sommer (SPD), mehrere Staatssekretäre sowie mehr als 50 Abgeordnete aller im Landtag vertretenen Parteien. Ein starkes Zeichen der Verbundenheit zwischen Universität, Universitätsmedizin und Seltenen Erkrankungen war in der Anwesenheit des Marburger Universitätspräsidenten Prof. Dr. Thomas Nauss sowie der Vize-Präsidentin Prof. Dr. Sabine Pankuweit zu sehen. Sowohl vom Uniklinikum Gießen-Marburg als auch von der Uniklinik Frankfurt waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zentren für unerkannte und seltene Erkrankungen sowie Freunde und Förderer von FusE angereist, um für die Sache der Seltenen zu werben.

An interaktiven Posterständen wurde über die Bedeutung und die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz (Prof. Dr. Martin Hirsch und Fabian Lechner) sowie moderner Labortechniken (Dr. Muhidien Soufi und PD Dr. Volker Ruppert) informiert. Zudem wurde auf die Bedeutung einer frühzeitigen Diagnostik zur Bekämpfung des plötzlichen Herztodes bei jungen Menschen aufgrund genetischer Defekte (Prof. Dr. Silke Kauferstein) hingewiesen, ein Themenbereich, der derzeit leider immer noch zu kurz kommt und zur Gründung einer Spezialambulanz in Frankfurt geführt hat.1 Zudem stand das Entwicklerteam des in Frankfurt beheimateten und für die Betroffenen, aber auch für Ärzte hilfreichen SE-Atlas1 (Prof. Dr. Holger Storf) für Fragen zur Verfügung.

Die Veranstalter freuten sich aber auch über das große Interesse und die Unterstützung für die Seltenen, die weitere Ehrengäste wie Dr. Christoph Ullrich, Regierungspräsident des Regierungsbezirks Gießen, die Sozialdezernentin und Stadträtin der Stadt Marburg, Kirsten Dinnebier, als auch der Ehrenpräsident der Landesärztekammer Hessen, Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach, durch ihr Kommen zeigten. Unter den Anwesenden kam es zu einem regen Gedankenaustausch und konstruktivem Dialog mit den interessierten Politikerinnen und Politikern.

Hessen ist dabei, im Bereich der seltenen Erkrankungen eine Vorreiterrolle zu übernehmen. So wurden die Seltenen Erkrankungen erstmals im Koalitionsvertrag berücksichtigt und eine Stärkung der Zentren für unerkannte und seltene Erkrankungen gefordert. Um für diese Patienten eine bessere Versorgung zu erreichen, ist in den zunehmend schwierigen Zeiten eine Unterstützung der Universitätsmedizin durch das Land Hessen erforderlich. Der Hessische Ministerpräsident Boris Rhein erklärte in seiner Rede: „Der Förderverein für unerkannte und seltene Erkrankungen Hessen gibt vielen Menschen eine neue Perspektive auf Hilfe und Heilung. Das gelingt vor allem auch dadurch, dass sich der Verein für die Weiterentwicklung von Lehre, Forschung und Versorgung einsetzt. Außerdem fördert er eine bessere Vernetzung und ein stärkeres Bewusstsein für diese Krankheiten in der Öffentlichkeit. Diese Arbeit ist von unschätzbar hohem Wert, und ich danke den Verantwortlichen ganz herzlich.“

Wie eng und einvernehmlich die Vernetzung zwischen den Universitätskliniken Frankfurt sowie Gießen und Marburg bereits ist, konnte man daran erkennen, dass sich der Ärztliche Direktor des Universitätsklinikum Frankfurt Prof. Dr. med. Jürgen Graf und der Vorsitzende der Geschäftsführung des UKGM Dr. Gunther K. Weiß M. Sc. einen Vortrag zum Thema „Universitätsmedizin und Seltene Erkrankungen“ teilten. Dabei gingen sie in ihrem gemeinsamen Impulsvortrag auf die landesweite Rolle der Universitätsklinika in Hessen ein und betonten die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit im Bereich von Forschung, Lehre und Krankenversorgung nicht nur auf dem Gebiet der Seltenen Erkrankungen. Sie stellten die damit verbundenen Herausforderungen an die Hochleistungsmedizin dar und erläuterten die Strukturen der beiden miteinander vernetzten Zentren in Hessen.

Während Prof. Dr. med. Thomas O. F. Wagner der Leiter des Frankfurter Referenzzentrums für seltene Erkrankungen (FRZSE) am Universitätsklinikum und Vorsitzender des Fördervereins ist, hat Prof. Dr. med. Jürgen Schäfer die Leitung des Zentrums für unerkannte und seltene Erkrankungen des Universitätsklinikums Gießen-Marburg (ZusE) inne und ist zugleich der zweite Vorsitzende des Fördervereines. Mit Tanja Raab-Rhein hat der Förderverein das große Glück, eine überaus engagierte und tatkräftige Schirmherrin an seiner Seite zu haben, die sich für eine Verbesserung der Situation vom Menschen mit Seltenen Erkrankungen einsetzt (siehe auch ein Video1 auf der Website der Staatskanzlei).

Insgesamt war der parlamentarische Abend für die Sache der Seltenen ein voller Erfolg und erreichte das zuvor gesteckte Ziel, Politik und Öffentlichkeit für die weitreichenden Probleme von Menschen mit Seltenen Erkrankungen zu sensibilisieren.

Dr. med. Dipl.-Chem. Paul Otto Nowak, Vorsitzender der Bezirksärztekammer Marburg

1 Siehe Kasten „Hilfreiche Links“

Hilfreiche Links

Förderverein für unerkannte und seltene Erkrankungen – FUSE Hessen e. V.: https://fuse-hessen.de/ Spendenkonto: Universitätsklinikum Frankfurt am Main, Stichwort FUSE, IBAN: DE 59 5005 0201 0200 7983 91

Nowak PO: Zehn Jahre Zentrum für unerkannte und seltene Erkrankungen am Universitätsklinikum Marburg, HÄBL 12/2023, S. 698

Kauferstein S et al.: Der plötzliche Herztod in jungem Alter & Zentrum für plötzlichen Herztod und familiäre Arrhythmiesyndrome, HÄBL 11/2023, S. 610/620

Video: Engagement Unerkannte und seltene Krankheiten, https://staatskanzlei.hessen.de

SE-Atlas: Versorgungsatlas für Menschen mit Seltenen Erkrankungen: https://www.se-atlas.de