Egal, welche Koalition unser Land künftig regieren wird, sie wird große Aufgaben zu bewältigen haben – nicht zuletzt in der Gesundheitsversorgung. Deren Fundament ist die bewährte, wohnortnahe hausärztliche Versorgung. Doch dieses Fundament droht einzustürzen: Bundesweit fehlen 5.000 Hausärztinnen und Hausärzte.

In Hessen sind mehr als 250 hausärztliche Sitze frei – und das Durchschnittsalter der Hausärztinnen und Hausärzte liegt bei rund 55 Jahren. Im Jahr 2030 erreichen 48 Prozent von ihnen das Rentenalter. Schon derzeit arbeiten Ärztinnen und Ärzte sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Gesundheitsfachberufe an der Belastungsgrenze und oft darüber hinaus.

Mit Blick auf diese Situation hatten die Hausärztinnen- und Hausärzteverbände gemeinsam mit dem Verband medizinischer Fachberufe (VMF) beim Bundestag eine Petition eingereicht. Bis zum 17. Februar lief die Unterschriftensammlung zur Rettung der hausärztlichen Versorgung, das Ergebnis stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest.

Fest steht aber: In der gesamten Gesundheitsversorgung sind die Herausforderungen angesichts eines zunehmenden Fachkräftemangels immens. Da erweist es sich letztlich zum Nachteil der Patientinnen und Patienten, dass der Zugang zum Gesundheitswesen in Deutschland kaum gesteuert und strukturiert wird. So ist es dringend geboten, die vorhandenen Versorgungskapazitäten stärker als bisher zielgerichtet einzusetzen. Dies hatte bereits die Bundesärztekammer in einem Antrag anlässlich des 128. Deutschen Ärztetages (DÄT) in Mainz im Mai vergangenen Jahres gefordert.

„So ist es dringend geboten, die vorhandenen Versorgungskapazitäten stärker als bisher zielgerichtet einzusetzen.“

Die Delegierten des DÄT sprachen sich dann auch für eine patientengerechtere und effektivere Steuerung der Gesundheitsversorgung in Deutschland aus. „Ziel der Gesundheitsversorgung muss es sein, die vorhandenen Ressourcen so effektiv, aufeinander abgestimmt und effizient einzusetzen, dass sie dem tatsächlichen Behandlungsbedarf gerecht werden“, heißt es in einem seinerzeit mit großer Mehrheit gefassten Beschluss.

Die Patientinnen und Patienten in Deutschland sollten eine Arztpraxis verbindlich wählen, die als erster Anlaufpunkt fungiert. „Dieser erste Anlaufpunkt übernimmt für alle gesundheitlichen Anliegen die primärärztliche Versorgung sowie die Koordination einer notwendigen Weiterbehandlung bei Fachärztinnen und Fachärzten in allen Gebieten und in weiteren Versorgungsbereichen“, so der Vorschlag des Ärzte­tages.

„Bei Patientinnen und Patienten mit einer besonders im Vordergrund stehenden chronischen Erkrankung, die eine intensive und kontinuierliche fachärztliche Versorgung erfordert, kann die Behandlungskoordination durch die behandelnde Fachärztin bzw. den behandelnden Facharzt erfolgen“, heißt es in dem Beschluss. In der gynäkologischen und augenärztlichen Versorgung solle der unmittelbare Zugang zur fachärztlichen Versorgung erhalten bleiben.

Die Hausärztinnen- und Hausärzteverbände hatten in ihrer Petition die Stärkung der hausarztzentrierten Versorgung gefordert, zum Beispiel mittels eines HZV-Bonus für Patientinnen und Patienten. Außerdem sprachen sie sich für die bessere Finanzierung der Praxismitarbeitenden und für die Entbudgetierung aus.

Zumindest auf die Entbudgetierung konnten sich die ehemaligen Koalitionspartner quasi auf den letzten Metern doch noch einigen. Gut so, denn eine hochwertige und auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten ausgerichteten ambulanten Versorgung kann nur gesichert werden, wenn ärztlich erbrachte Leistungen auch vollständig vergütet werden. Das gilt allerdings nicht nur für die hausärztliche Versorgung, sondern auch für die Leistungen der Fachärztinnen und Fachärzte in Deutschland.

So ergeht an die künftige Bundesregierung der dringende Appell, auch den Einstieg in die schrittweise Entbudgetierung fachärztlicher Leistungen in die Wege zu leiten und überdies die hausarztzentrierte Versorgung zu stärken.

Monika Buchalik, Erste Beisitzerin des Präsidiums der Landesärztekammer Hessen