Dr. phil. Eszter Füzéki, Prof. Dr. med. Dr. phil. Winfried Banzer
1. Einleitung
Bereits in der Antike beschäftigten sich Ärzte mit den möglichen Zusammenhängen zwischen Bewegung, Fitness, Gesundheit und Langlebigkeit [1]. Beobachtungen, dass Personen aus Berufen, die viel Bewegung erfordern, wie z. B. Bote, die Nachrichten persönlich übermittelt haben, gesünder waren, als die, die viel saßen wie z. B. Schumacher, wurden bereits im 17. Jahrhundert gemacht.
Der Beginn der systematischen wissenschaftlichen Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Bewegung und Gesundheit wird aber häufig mit der bahnbrechenden Arbeit von Jeremy Morris in den 1950er-Jahren in Großbritannien angegeben [1]. Der in diesen Untersuchungen diskutierte Zusammenhang zwischen Bewegung und kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität galt zu den damaligen Zeiten als wenig plausibel und traf auf viel Skepsis [1]. Die in den darauffolgenden Jahren durchgeführten zahlreichen weiteren Studien haben diese Ergebnisse allerdings bestätigt und gleichzeitig den Grundstein für die Erforschung des Effektes der Bewegung auf weitere Erkrankungen und gesundheitliche Endpunkte gelegt [2].
2. Evidenzbasierte Public Health Bewegungsempfehlungen – Entwicklung und Bedeutung
Der Fokus der ersten wissenschaftlichen Dokumente zu Angaben über Art und Dosis der Bewegung lag primär auf dem Erhalt bzw. auf der Verbesserung der kardiorespiratorischen Fitness und der Körperzusammensetzung bei gesunden Erwachsenen durch Ausdauersport [3]. Nach und nach wurden diese Aussagen differenzierter und durch Aspekte wie die Empfehlungen von Krafttraining und die explizite Erwähnung von Training nicht nur im Sinne der Fitness, sondern auch im Sinne der Gesundheit ergänzt [4]. Methodisch, wissenschaftlich und inhaltlich stellt der vom US-Amerikanischen Gesundheitsministerium in Auftrag gegebene, 2008 erschienene wissenschaftliche Bericht, der die Grundlage der Bewegungsempfehlungen bildete, einen Meilenstein in der bewegungsbezogenen Medizin als Wissenschaft und als Praxis dar [5].
Nun war es das erste Mal möglich, Dosis-Wirkungs-Zusammenhänge, die Stärke der Evidenz und auch Unklarheiten bzw. Unsicherheiten nach transparent erstellten Kriterien zu beurteilen und zu kommunizieren. Inhaltlich behandelt dieses Dokument deutlich mehr gesundheitliche Endpunkte als die früheren wissenschaftlichen Abhandlungen, was die stark angewachsene wissenschaftliche Literaturlage widerspiegelt. Der wissenschaftliche Bericht für die US-amerikanischen Bewegungsempfehlungen von 2008 bildete die Grundlage für die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2010 veröffentlichten Leitlinien [6]. Die 2018 erschienenen aktualisierten US-amerikanischen Bewegungsempfehlungen haben die Befunde von 2008 bzw. 2010 im Großen und Ganzen bestätigt und um Erkenntnisse bei zahlreichen weiteren Endpunkten bei weiteren Zielgruppen erweitert [7].
Die aktuell geltenden Public-Health-Empfehlungen für gesundheitsfördernde Bewegung für Erwachsene und ältere Erwachsene lauten: Erwachsene und ältere Erwachsene sollten körperliche Inaktivität meiden und nach Möglichkeit mindestens 150–300 Minuten körperliche Aktivität pro Woche mit moderater bzw. 75–150 Minuten körperliche Aktivität pro Woche mit hoher Intensität durchführen. Mehr Bewegung als diese Mindestempfehlungen bringt weiteren gesundheitlichen Nutzen mit sich. Gleichzeitig ist auch Bewegung unterhalb der Empfehlungen gesundheitswirksam, das heißt jedes bisschen ist besser als gar nichts, und jede Minute „zählt“.
Neben ausdauerorientierten Aktivitäten sollten beide Zielgruppen an mindestens zwei Tagen der Woche muskelkräftigende Aktivitäten absolvieren. An drei oder mehreren Tagen pro Woche durchgeführte Gleichgewichtsübungen zur Förderung der Balance können das Sturzrisiko bei Älteren senken. Obwohl keine klaren quantitativen Angaben möglich sind, sollten Erwachsene und ältere Erwachsene die sitzend verbrachte Zeit nach Möglichkeit einschränken bzw. durch körperliche Aktivität regelmäßig unterbrechen. Neben Sport sind Alltagsaktivitäten wie zu Fuß gehen, Fahrradfahren oder Treppensteigen gesundheitsförderlich.
3. Das präventive Potenzial der Bewegung
Seit den Anfängen ist die wissenschaftliche Literatur zu den präventiven [8] und therapeutischen Effekten [9, 10] der Bewegung enorm angewachsen. Booth und Kollegen haben 35 chronische Erkrankungen identifiziert, bei deren Prävention Bewegung eine entscheidende Rolle spielen kann [8]. Bei mindestens 26 kardiometabolischen, neurologischen, psychischen und muskuloskelettalen Erkrankungen ist Bewegung nachweislich als Teil der Therapie wirksam [9, 10].
Im Folgenden werden die aktuellen Erkenntnisse zu den präventiven Effekten der Bewegung der wichtigsten chronischen Erkrankungen bzw. gesundheitlichen Einschränkungen bei Erwachsenen dargestellt.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen stellen die häufigste Todesursache in Deutschland dar. Eine der am besten untersuchten Auswirkungen von Bewegung ist die Verbesserung der kardiovaskulären Gesundheit. Die positiven Effekte regelmäßiger körperlicher Aktivität über direkte und indirekte Wege auf das gesamte Herz-Kreislauf-System sind wissenschaftlich mit einer deutlichen Evidenz belegt [11].
Jede Art von körperlicher Aktivität weist eine blutdrucksenkende Wirkung auf, wobei die Kombination aus moderater bis intensiver Ausdaueraktivität und Krafttraining an mindestens drei Tagen in der Woche am erfolgreichsten zu sein scheint. Von Bewegung profitieren Patientinnen und Patienten aller Blutdruckstufen [12].
Im Gegensatz zu früheren Empfehlungen, ist auch (dynamisches und isometrisches) Krafttraining wirksam und sicher durchführbar [12]. Körperliche Aktivität ist auch bei einer schon bestehenden stabilen koronaren Herzkrankheit sicher und therapeutisch hochrelevant. Eine aktuelle Cochrane systematische Übersicht und Metaanalyse untermauert auf Basis von 85 randomisierten kontrollierten Studien mit insgesamt 23.430 Patienten mit koronarer Herzkrankheit den Nutzen einer trainingsbasierten kardialen Rehabilitation in Bezug auf die Verringerung der kardiovaskulären Sterblichkeit, der Krankenhausaufenthalte und der nicht tödlichen Myokardinfarkte sowie die Verbesserung der Lebensqualität [13].
Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse von 15 prospektiven Kohortenstudien mit insgesamt 752.050 Teilnehmenden fand, dass körperliche Aktivität in der Freizeit selbst unterhalb der aktuellen Empfehlungen mit einem geringeren Schlaganfallrisiko (zwischen 18 % und 29 %) im Vergleich zu keiner Aktivität verbunden war [14]. Diese protektive Wirkung zeigte sich unabhängig vom Alter und Geschlecht und sowohl bei ischämischen als auch bei hämorrhagischen Schlaganfällen [14]. Bewegung vor einem Schlaganfall ist auch mit einem niedrigeren Schweregrad, weniger Komplikationen, geringerer Sterblichkeit und besseren Behandlungsergebnissen assoziiert [15].
Pandey und Kollegen ermittelten in einer Metaanalyse auf Basis von zwölf Kohortenstudien einen inversen dosisabhängigen Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und dem Risiko für Herzinsuffizienz in der Allgemeinbevölkerung [16]. Allerdings beschert ein Bewegungsumfang entsprechend den aktuellen Empfehlungen eine nur verhältnismäßig kleine Risikoreduktion von ca. 10 %. Um bedeutsamere Risikoreduktionen (19 % bzw. 35 %) zu erzielen, ist das zwei- bzw. vierfache an Aktivität notwendig [16].
Stoffwechselerkrankungen
Der multifaktoriellen Ätiologie von Diabetes mellitus Rechnung tragend, werden die meisten Präventionsprogramme multimodal konzipiert und zielen u. a. auf eine Ernährungsumstellung und auf eine Steigerung der körperlichen Aktivität ab. Eine Übersichtsarbeit und Meta-Analyse zeigt, dass Lebensstilinterventionen die Entstehung von Diabetes Typ-2 in der Risikogruppe beinahe halbieren können und diese Effekte auch zehn Jahre nach Ende der Intervention messbar sind [17]. Die wissenschaftliche Evidenz für die protektiven Effekte der Interventionen stufen die Autoren als überzeugend ein. Auch konnten einige der Studien ein vermindertes Mortalitätsrisiko nachweisen. Niedriger lag das Risiko auch für mikrovaskuläre Komplikationen bzw. Retinopathie [17]. Auch die Literaturanalyse für die Bewegungsempfehlungen des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums fand starke Evidenz für eine inverse kurvenförmige Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen Bewegung mit moderater bis hoher Intensität und der Entwicklung von Typ-2-Diabetes [18]. Die präventiven Effekte lassen sich unabhängig vom Gewichtsstatus beobachten, d.h. auch übergewichtige und adipöse Patienten können ihr Risiko durch Bewegung senken. Die Risikoreduktion bei einem wöchentlichen Bewegungspensum von 150–300 Minuten liegt bei 25–35 % [18].
Ausdauer- und Krafttraining bzw. eine Kombination aus diesen kann das Lipidprofil verbessern [19]. Die Auswirkung von Ausdauertraining lässt sich eher bei HDL-Cholesterin als bei LDL-Cholesterin oder Triglyzeriden beobachten [20]. Die Erhöhung von HDL-Cholesterin durch Ausdauertraining wurde in zahlreichen Studien nachgewiesen und gilt deswegen als gesichert. Ähnlich eindeutig ist die Studienlage bei der Minderung von Triglyzeridwerten durch Ausdaueraktivitäten [20].
Im Kontext von Übergewicht und Adipositas wird körperliche Aktivität nicht selten auf eine Methode reduziert, um eine günstigere Energiebilanz zu erreichen. Diese Sicht verkennt die mannigfaltigen positiven Effekte der Bewegung auch ohne nennenswerte Körpergewichtsreduktion [21]. Unter anderem weil die dauerhafte bedeutsame Körpergewichtsreduktion ohne medikamentöse oder chirurgische Therapie kaum möglich ist, rückt die Prävention von Gewichtszunahme immer mehr in den Fokus der Forschung und der Praxis. Eine starke inverse Beziehung zwischen körperlicher Aktivität und dem Verlauf der Gewichtszunahme bei Erwachsenen wird in der Literaturanalyse für die Bewegungsempfehlungen des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums von 2018 beschrieben: Die Minderung der Gewichtszunahme fällt am stärksten bei denen aus, die mehr als 150 Minuten pro Woche mit moderater Intensität aktiv sind. Regelmäßige Bewegung mit moderater-intensiver Aktivität reduziert auch die Inzidenz von Fettleibigkeit und ist positiv mit der Aufrechterhaltung eines gesunden Körpergewichts (BMI: 18,5–24,9 kg/m²) assoziiert [18].
Onkologische Erkrankungen
Bei der Entstehung onkologischer Erkrankungen spielen je nach Entität Lebensstil- und Umweltfaktoren bzw. Infektionen eine bedeutsame Rolle. Bedingt durch die multifaktorielle Pathogenese der Erkrankungen, ist auch die protektive Wirkung von Bewegung zum Teil entitätsabhängig. Personen, die regelmäßig körperlich aktiv sind, haben ein niedrigeres Risiko (relative Risikoreduktionen 10–20 %), Blasen-, Brust-, Dickdarm-, Endometrium-, Speiseröhrenadenokarzinom, Nieren- und Magentumore zu entwickeln [22]. Körperlich aktive Brust-, Darm- oder Prostatakrebspatienten können ihre Gesamtmortalität und krebsspezifische Sterblichkeit auch deutlich senken (relative Risikoreduktion 40–50 %). Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse über insgesamt 98 Kohortenstudien ermittelte die Dosis-Wirkungs-Beziehungen zwischen körperlicher Aktivität und dem Risiko für Brust-, Dickdarm-, Lungen-, Magen- und Leberkrebs [23]. Während bei Dickdarm-, Magen-, Brust- und Leberkrebs jeweils lineare Assoziationen zu beobachten waren, zeigte sich im Falle von Lungenkrebs ein kurvilinearer Zusammenhang [23]. Die Formulierung einer genauen Empfehlung für körperliche Aktivität zur Verringerung des Krebsrisikos ist auf der Grundlage der aktuellen Literatur allerdings nicht möglich.
Erkrankungen des Bewegungsapparats
Chronische unspezifische Rückenschmerzen
Die Beantwortung der Frage, ob regelmäßige Bewegung protektiv in diesem Zusammenhang ist, wird durch zahlreiche methodische Herausforderungen erschwert. Es gibt keinen Konsens über die Operationalisierung von „Prävention von Rückenschmerzen“. Je nach Studie werden Outcomes wie Auftreten erneuter Schmerzepisoden, Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Schmerzen, Schmerzintensität, oder Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung herangezogen. Damit einhergehend stellen die Erfassung der Outcomes sowie die Vergleichbarkeit der Studienergebnisse eine Schwierigkeit dar. Auch die in die Studien eingeschlossenen Patientenkollektive unterscheiden sich deutlich.
Eine aktuelle Übersichtsarbeit und Meta-Analyse fand mittelstarke Evidenz auf der Grundlage von drei Studien mit insgesamt 612 Teilnehmenden, dass Bewegung als alleinige Intervention die zukünftige Intensität von Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich (LWS) kurzfristig reduzieren kann. Zu langfristiger Wirkung konnten keine Studien identifiziert werden. Die Ergebnisse von vier Studien (471 Teilnehmer) sind von mäßiger Qualität und deuten darauf hin, dass Bewegungs- und Schulungsprogramme die künftige Behinderung im Zusammenhang mit LWS reduzieren können [24].
Arthrose
Es gibt Hinweise dafür, dass die Art von Bewegung unterschiedliche Auswirkungen auf das Risiko, eine Gonarthrose zu entwickeln, zeigt. Eine aktuelle Metaanalyse von Daten auf Einzelteilnehmerebene bei insgesamt 5.065 Teilnehmenden fand keinen Zusammenhang zwischen Bewegung in der Freizeit und radiologischer Gonarthrose, schmerzhafter radiologischer Gonarthrose, und gonarthrosebedingten Knieschmerzen [25]. Dahingegen legt eine aktuelle systematische Übersicht und Meta-Analyse nahe, dass körperlich anstrengende arbeitsbedingte Aktivitäten wie schweres Heben, häufiges Klettern, längeres Knien, Hocken und Stehen mit einem erhöhten Risiko für Kniearthrose einhergehen [26].
Osteoporose
Die günstigen Effekte von Bewegung und Sport ab dem Kindesalter auf die Knochengesundheit sind wissenschaftlich gesichert [27]. Vor allem mechanische Belastungen erhöhen die Knochenmasse, unterstützen die Knochenaufbauprozesse und stärken die Knochenfestigkeit. Die im Kindes- und Jugendalter durch Sport und Bewegung aufgebaute Knochenmineraldichte bietet auch im späteren Alter einen gewissen Schutz vor Frakturen [27]. Auch im Erwachsenenalter stimulieren kombiniertes Training wie Krafttraining, dynamische Ausdaueraktivitäten und High-impact-Aktivitäten wie Hüpfen und Springen den Knochenstoffwechsel und wirken sich positiv auf die Knochenmineraldichte der Lendenwirbelsäule, des Oberschenkelhalses, der Hüfte und auf die Gesamtkörper-Mineraldichte aus [28].
Stürze im Alter
Das Sturzrisiko im Alter wird von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst. Dies erklärt, dass viele Prophylaxeprogramme multidimensional angelegt sind (z. B. Screening der Wohnumgebung, Visuskorrektion und Überprüfung der Medikation und des Schuhwerkes etc.). Zu den wichtigsten physiologischen Risikofaktoren gehören Defizite beim posturalen Gleichgewicht und bei der sensorischen Verarbeitung, Muskelschwäche und eine verminderte Beweglichkeit [29]. Entsprechend bedeutsam sind Interventionen, die diese motorischen Fähigkeiten aufrechterhalten oder verbessern [29].
Aus Gleichgewichts- und Funktionsübungen sowie Krafttraining bestehende Trainingsinterventionen, die mehrere motorische Funktionen (z. B. Balance, Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit) ansprechen, mindern das Sturzrisiko um ca. 19–34 % [30], das Risiko sturzbedingter Verletzungen, die eine medizinische Versorgung oder eine Einweisung ins Krankenhaus erfordern, um etwa 32 %–40 % [18]. Gehen kann als Teil eines multikomponenten Trainingsprogramms sinnvoll eingesetzt werden, als alleiniges Training führt es nicht zu einer Minderung des Sturzrisikos [18]. Die Wirksamkeit multikomponenter Trainingsprogramme lässt sich auch bei Hochbetagten (85 Jahre und älter) beobachten [18].
Übertragbare Erkrankungen: Die Covid-19-Pandemie
Alle bisherigen Public-Health Bewegungsempfehlungen hatten chronische, nicht-übertragbare Erkrankungen, entsprechende Risikofaktoren, chronische Zustände im Alter (wie z. B. nachlassende Funktion), Lebensqualität und Wohlbefinden sowie Mortalität im Fokus. Diese Fokussierung spiegelt die Krankheitslast in den westlichen Ländern wider und dient auch als Argumentationshilfe, womit man die Bedeutung von Bewegung für das Individuum und die Gesellschaft begründet und hervorgehoben hat. Im Kontext von Public-Health-Bewegungsempfehlungen bisher gar nicht diskutiert wurde jedoch die etwaige protektive Rolle der Bewegung und Fitness bei übertragbaren Erkrankungen. Im Laufe der Covid-19-Pandemie hat sich immer mehr Wissen um die protektiven Effekte von habitueller körperlicher Aktivität bzw. körperlicher Fitness angesammelt. Die meisten Untersuchungen deuten darauf hin, dass körperliche Aktivität [31], kardiorespiratorische Fitness [32], und muskuläre Fitness [33] vor einem schweren Krankheitsverlauf schützen, und dies auch dann, wenn man den etwaigen Einfluss etablierter Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Rauchen, Alkoholkonsum und Adipositas statistisch berücksichtigt. Die gepoolte Analyse dreier Kohortenstudien mit insgesamt 61.557 Teilnehmenden zeigt, dass körperlich aktive Personen im Vergleich zu inaktiven Personen ein um 10 % geringeres Risiko hatten, an Covid zu erkranken, und ein um 27 % niedrigeres Risiko aufwiesen, wegen Covid ins Krankenhaus eingeliefert zu werden [34]. Die wissenschaftliche Datenlage bezüglich bewegungsinduzierter Effekte auf das Immunsystem ist inzwischen beachtlich [35–37]. Chastin und Kollegen schlussfolgern, dass man zwar momentan keine spezifischen quantitativen Angaben wie Zeit, Häufigkeit, Dauer und Art der körperlichen Aktivität, die Auswirkungen auf die Immunabwehr gegen Infektionskrankheiten beeinflussen, machen kann. Dennoch sollten die hier beschriebenen positiven Effekte bei der Förderung von Bewegung gemäß aktuellen Empfehlungen als „Argument“ eingesetzt werden [37].
Zusammenfassung
Die präventiven und gesundheitsförderlichen Effekte regelmäßiger Bewegung auf alle Organsysteme des Menschen sind wissenschaftlich nachgewiesen. Mangelnde Bewegung ist einer der wichtigsten modifizierbaren Risikofaktoren für die wichtigsten chronischen Erkrankungen und körperlichen Einschränkungen und Bewegung ein wesentlicher Bestandteil eines gesunden Lebensstils. Neuere Erkenntnisse legen nahe, dass regelmäßige körperliche Aktivität auch bei Infektionskrankheiten protektiv wirkt.
Dr. phil. Eszter Füzéki, Kontakt via: haebl@laekh.de
Prof. Dr. med. Dr. phil. Winfried Banzer, Abteilung Präventiv- und Sportmedizin am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Goethe-Universität Frankfurt/Main; Wissenschaftlicher Leiter der medizinischen Abteilung der Eintracht Frankfurt; wissenschaftliche Leitung Zusatzbezeichnung Sportmedizin an der Akademie der Landesärztekammer Hessen, niedergelassen in Königstein/Ts
Die Literatur zum Artikel finden Sie hier.