Erfrischende Darstellung der Lungenheilkunde als Erfolgsgeschichte
Selten liest man ein Buch, in dem das, was man schon zu wissen glaubt, so neu und interessant präsentiert wird. Die Autoren Rainer Dierkesmann und Harald Morr, zwei erfahrene und ausgewiesene Internisten und Pneumologen, wollten wissen, wo die Lungenheilkunde, die sie täglich in ihrer Arbeit anwenden, eigentlich herkommt, bzw. wie sie sich entwickelt hat.
Sie zeichnen in ihrem Werk „Tief durchatmen“ den Fortschritt der Pneumologie nach – in erfrischender Darstellung als Erfolgsgeschichte mit vielen Abbildungen, Porträts, Apparaten und der Würdigung handelnder Personen. Und das alles mit Hilfe umfassend zitierter Literatur.
Auch in der Medizin kann nur erfolgreich nach vorn schauen, wer die Basis des aktuellen Stands kennt. Leider wird der Blick in die Geschichte oft nicht gelehrt, sodass eine Darstellung, wie sie hier vorliegt, nicht hoch genug gewürdigt werden kann.
Kenntnisreich werden die anatomischen Grundlagen und ihre Entwicklung über die Jahrhunderte reflektiert. Die Entdeckung physiologischer Vorgänge bei Gasaustausch und im Kreislauf, die bekanntlich Grundlage für die gesamte Medizin sind, ist spannend nicht nur für Pneumologinnen und Pneumologen. Dieses schwierige physiologische Gebiet lässt sich leichter verstehen, wenn man die Schritte des langsamen Erkenntnisfortschritts nachvollziehen kann. So zeigt zum Beispiel die Entwicklung der Endoskopie, die heute ebenfalls vielen Bereichen der Medizin dient, die Innovationskraft unserer wissenschaftlichen Medizin, die aber natürlich auch auf kreative frühere Forschende angewiesen war. Ebenso beleuchtet die Entwicklung seuchenhygienischer Maßnahmen, wie sich unsere heutige Medizin aus früheren Erfolgen und Misserfolgen herausgebildet hat. Dargestellt werden auch die Fehler und Irrtümer früherer Ärztinnen und Ärzte, aus deren kritischer Bearbeitung sich neue Vorgehensweisen ergaben.
Das Buch ist äußerst spannend zu lesen, gerade weil es über die engere Lungenheilkunde hinausgeht. Es bietet auch interessante Beziehungen der Medizin zu Kunst und Kultur, oft dargestellt an Schilderungen persönlicher Schicksale und Erfahrungen. Der Text ist hervorragend geschrieben und formuliert, es ist pure Freude, in diesem Werk zu lesen, das die Leser nicht nur zufrieden, sondern auch mit neuen Erkenntnissen zurücklässt.
Gratulation!
Prof. Dr. med. Peter von Wichert
Die Rezension ist ein genehmigter Nachdruck aus dem Hamburger Ärzteblatt 7/8 2024, S. 31.