In der Welt der Medizin ist Kommunikation von entscheidender Bedeutung. Sie ist das Rückgrat für eine Behandlung und für den Aufbau einer vertrauensvollen Arzt-Patienten-Beziehung. Doch leider sind Schwierigkeiten in der Kommunikation im ärztlichen Kontext nicht selten anzutreffen und können zu Problemen führen. Die Entstehung von Mobbingsituationen kann ein mögliches Resultat mangelhafter Kommunikation sein.

Ursachen

Ursachen für Kommunikationsschwierigkeiten im ärztlichen Umfeld sind vielfältig. Zum einen spielen Zeitdruck und Stress eine Rolle. In einem hektischen Arbeitsumfeld, in dem Ärzte und Ärztinnen oft unter Zeitdruck stehen, kann die Qualität der Kommunikation leiden. Schnelle Entscheidungen und knappe Austausche können zu Missverständnissen führen. Zudem tragen immer noch bestehende, traditionell geprägte hierarchische Strukturen im Gesundheitswesen dazu bei, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zögern, eine offene Kommunikation zu pflegen, insbesondere wenn es um das Ansprechen von Problemen oder Fehlern geht.

Darüber hinaus erhalten Ärzte und Ärztinnen oft wenig Schulungen in den Bereichen zwischenmenschliche Kommunikation, Konfliktlösung und Teamarbeit.

Auswirkungen

Die Auswirkungen von Kommunikationsschwierigkeiten sind weitreichend. So kann es zu einer verminderten Patientensicherheit führen, da Missverständnisse oder mangelhafte Kommunikation zwischen Ärzten/Ärztinnen und anderen medizinischen Fachkräften zu Fehlern in der Diagnose und Behandlung führen können. Auch können mangelhafte Kommunikation bis hin zum Mobbing ein toxisches Arbeitsumfeld schaffen, das das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden beeinträchtigt. Dies kann wiederum zu einer hohen Fluktuationsrate führen, da Ärzte, Ärztinnen und anderes medizinisches Personal eine Einrichtung verlassen könnten, in der Mobbing oder schlechte Kommunikation herrschen. Dies ist zur Zeit des Fachkräftemangels eine unbedingt zu vermeidende Situation – von den hohen persönlichen Belastungen für betroffene Ärztinnen und Ärzte kann zu schweigen.

Mobbingsituationen im medizinischen Umfeld können unterschiedliche Ursachen haben. Neben mangelhafter Kommunikation können auch Machtkämpfe, Eifersucht, subjektiv unfaire Behandlung oder das Gefühl der Bedrohung der eigenen Position im Team oder der eigenen Karriereentwicklung eine Rolle spielen. Konkrete Situationen, die zu Mobbing führen können, reichen von offensichtlichen Handlungen wie Beleidigungen, Herabwürdigungen oder Isolation bis hin zu subtilen Formen wie Ignorieren von Ideen oder Vorschlägen, unfairer Verteilung von Aufgaben oder das Verbreiten von Gerüchten.

Kommunikation einüben

Um diese Probleme anzugehen, sind verschiedene Lösungsansätze möglich und erforderlich. Medizinisches Personal sollte unbedingt regelmäßig an Schulungen teilnehmen, die darauf abzielen, die Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern, Konflikte konstruktiv zu lösen und effektiv im Team zu arbeiten.

Kommunikation sollte eingeübt und darüber hinaus bewusst eingesetzt werden. Auch (Team-) Supervisionen können hier hilfreich sein. Zudem ist es wichtig, eine offene Feedback-Kultur zu fördern, in der Mitarbeiter sich sicher fühlen, Probleme anzusprechen und konstruktives Feedback zu geben. Institutionen sollten außerdem Mechanismen zur Konfliktmediation einführen und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unterstützen, die Opfer von Mobbing oder destruktiver Kommunikation geworden sind. Dies kann z. B. durch Beratungsdienste, Coaching oder andere Unterstützungsangebote geschehen. Als ergänzendes Angebot hat die Landesärztekammer Hessen eine Mobbingbeauftragte ernannt. In dieser Funktion können mich jeder hessische Arzt und jede hessische Ärztin kontaktieren und finden in mir eine neutrale Ansprechpartnerin, die der Verschwiegenheit unterliegt und ein offenes Ohr hat. Bestenfalls erarbeiten wir dann gemeinsam mögliche Lösungsstrategien.

Fallbeispiele

Hier sind einige in Kategorien einsortierte Fallbeispiele für Mobbing am Arbeitsplatz im Berufsfeld Arzt/Ärztin, die mir in verschiedenen Ausmaßen in meiner Tätigkeit als Mobbingbeauftragte begegnen könnten:

Isolation und Ausgrenzung: Eine Ärztin, der neu in eine Klinik oder Abteilung kommt, wird von ihren Kollegen ignoriert und aus wichtigen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen. Sie fühlt sich isoliert und hat Schwierigkeiten, sich in das Team zu integrieren.

Verbreitung von Gerüchten: Ein Arzt verbreitet Gerüchte über einen Kollegen, um dessen Ruf zu schädigen und ihn in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen. Dies kann dazu führen, dass der betroffene Arzt das Vertrauen seiner Patienten und Kollegen verliert.

Übermäßige Kontrolle und Kritik: Ein Vorgesetzter oder eine Vorgesetzte übt konstante Kontrolle über einen Mitarbeitenden aus und kritisiert jeden Schritt, den er/sie unternimmt, unverhältnismäßig hart. Dies führt zu einem Gefühl der Unzulänglichkeit und Frustration beim betroffenen Arzt/bei der betroffenen Ärztin. Sabotage von Arbeit und Karriere: Eine erfahrene Ärztin sabotiert die Arbeit einer jüngeren Kollegin, indem sie wichtige Informationen zurückhält oder falsche Anweisungen gibt. Dadurch wird die jüngere Ärztin in Misskredit gebracht und ihre berufliche Entwicklung behindert.

Sexuelle Belästigung: Ein Arzt belästigt eine Kollegin sexuell, indem er anzügliche Bemerkungen macht, unangemessene Berührungen vornimmt oder sie wiederholt um Dates bittet. Diese Form des Mobbings kann das Opfer zutiefst verletzen und seine psychische Gesundheit beeinträchtigen.

Diese fiktiven Fallbeispiele verdeutlichen die vielfältigen Formen und Auswirkungen von Mobbing am Arbeitsplatz im Berufsfeld Arzt/Ärztin. Es ist wichtig, solche Verhaltensweisen zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um ein gesundes und unterstützendes Arbeitsumfeld zu fördern.

Hilfestellungen

Sich gegen Mobbing am Arbeitsplatz zu wehren, erfordert Mut, Selbstbewusstsein und Strategie. Hier sind einige Schritte, die man ergreifen kann, um sich gegen Mobbing zu verteidigen:

Bleiben Sie ruhig und professionell: Es ist wichtig, in solchen Situationen Ruhe zu bewahren und professionell zu bleiben. Vermeiden Sie es, sich auf das Niveau des Mobbers herabzulassen und reagieren Sie

nicht impulsiv.

Dokumentieren Sie die Vorfälle: Machen Sie Aufzeichnungen über alle Vorfälle von Mobbing, einschließlich Datum, Uhrzeit, Ort und eine Beschreibung des Vorfalls. Sammeln Sie Beweise, wie z.B. E-Mails, Textnachrichten oder Zeugenberichte, die das Mobbing belegen. Führen Sie also ein Mobbingtagebuch.

Suchen Sie Unterstützung: Wenden Sie sich an Vertrauenspersonen wie Kollegen, Vorgesetzte, Personalabteilung oder Betriebsrat, um Unterstützung und Beratung zu erhalten. Teilen Sie ihnen die Situation mit und bitten Sie um Hilfe bei der Lösung des Problems.

Sprechen Sie den Mobber direkt an: In einigen Fällen kann es hilfreich sein, den Mobber direkt auf sein Verhalten anzusprechen. Bleiben Sie dabei ruhig und sachlich, aber bestimmt.

Nutzen Sie interne Beschwerdemechanismen: Nutzen Sie interne Beschwerdemechanismen, um eine formelle Beschwerde über das Mobbing einzureichen. Stellen Sie sicher, dass Sie alle Schritte gemäß den

Unternehmensrichtlinien befolgen.

Suchen Sie externe Hilfe: Wenn interne Maßnahmen nicht erfolgreich sind, können Sie externe Hilfe in Anspruch nehmen. Dies könnte die Einschaltung einer Gewerkschaft, eines Rechtsanwalts oder einer Arbeitsbehörde beinhalten.

Sorgen Sie für Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden: Es ist wichtig, sich um Ihre physische und emotionale Gesundheit zu kümmern, während Sie sich gegen Mobbing wehren. Suchen Sie bei Bedarf professionelle Hilfe, um mit den Auswirkungen des Mobbings umzugehen und nehmen Sie sich Zeit für Selbstfürsorge und

Entspannung.

Es ist wichtig zu wissen, dass es in aller Regel keine einfache Lösung für Mobbing gibt und der Prozess der Abwehr oft Geduld, Durchhaltevermögen und Unterstützung erfordert. Manchmal ist es auch sinnvoll, den Arbeitsplatz zu wechseln, wenn es die persönliche Situation zulässt.

Indem diese Herausforderungen im Gesundheitssystem angegangen werden, können wir fördern, dass Ärzte und Ärztinnen und medizinisches Personal in der Lage sind, seelisch gesund zu bleiben, um ihr Bestes geben zu können und somit die bestmögliche Versorgung für ihre Patienten zu gewährleisten.

Yvonne Jäger, Leitende Ärztin Vitos Klinikum Hochtaunus

Yvonne Jäger ist als Mobbingbeauftragte der Landesärztekammer Hessen eine neutrale Ansprechpartnerin für betroffene Ärztinnen und Ärzte.

E-Mail: ombudsstelle-mobbing@laekh.de