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Dr. med. Achim Grünewaldt, Prof. Dr. med. Gernot Rohde

Einleitung

Die weltweite Asthma-Prävalenz liegt bei etwa 300 Millionen Erkrankten und ist weiter steigend (Soriano et al. 2017). Abrechnungsdaten deutscher Krankenkassen legen eine Asthmaprävalenz in Deutschland von 5,9 % der erwachsenen Bevölkerung und 5,1 % bei Kindern und Jugendlichen nahe (Akmatov et al. 2018). Asthma ist damit in Europa nach der COPD die zweithäufigste chronische Atemwegserkrankung. Typisches Symptom ist die anfallsartige Luftnot, oft einhergehend mit Giemen und thorakalem Engegefühl. Häufige Auslöser sind exogene Reize wie Allergene, Rauch, Staub oder kalte Luft. Auch exzessive körperliche Aktivität kann eine Zunahme der Symptomatik auslösen („exercise induced asthma“). Ähnlich wie bei der COPD kann es auch beim Asthma zu Infektexazerbationen kommen, wobei hier virale Erreger, insbesondere Rhinoviren, eine dominierende Rolle spielen (Jartti et al. 2020). Eine Infekttriggerung kann auf der anderen Seite auch zur Erstmanifestation eines bis dahin noch nicht diagnostizierten Asthmas führen.

In den vergangenen Jahren hat das Verständnis der Asthmaentstehung ebenso rasant zugenommen wie die Entwicklung individualisierter Therapien beim schweren Asthma.

Der folgende Artikel trägt aktuelle Aspekte der Asthmaversorgung zusammen. Die Empfehlungen orientieren sich dabei insbesondere an der Deutschen S2k-Asthmaleitlinie von 2017 sowie der aktuellen Überarbeitung der nationalen Versorgungsleitlinie von 2020 (Buhl et al. 2017; Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) et al. 2018).

Pathophysiologie/ Phänotypisierung

Asthma ist eine Entzündungserkrankung, die sich in erster Linie an der Bronchialschleimhaut manifestiert. Die Entzündungsreaktion führt zu neuromuskulär vermittelter Bronchoobstruktion, einem Schleimhautödem sowie zu Absonderung von hochviskösem Sekret in die Bronchien. Histopathologisch finden sich bei den verschiedenen Phänotypen unterschiedliche zelluläre und funktionelle Veränderungen im Bereich der epithelialen und subepithelialen Strukturen, den assoziierten lokalen Immunzellen, dem neuromuskulären und vaskulären Kompartiment. Es lässt sich auf immunhistochemischer Ebene das „Typ 2 high-Asthma“ mit überwiegender eosinophiler Entzündungsreaktion und dominierenden TH2-Lymphozyten vom „Non-Typ2-Asthma“ abgrenzen. Insbesondere bei der allergischen und eosinophilen Typ1-Inflammation lässt sich mikroskopisch eine Infiltration der Bronchialschleimhaut durch eosinophile Granulozyten nachweisen (siehe Abb. 1). An der Entstehung und Aufrechterhaltung des bronchialen Entzündungsprozesses sind zahlreiche weitere Immunzellen und Entzündungsmediatoren wie die Interleukine 4, 5 und 13 beteiligt, die bereits jetzt oder in Zukunft Ansatzpunkte gezielter Therapien darstellen (Hammad et al. 2021).

Während noch vor einigen Jahren lediglich ein exogen allergisches von einem intrinsischen Asthma abgegrenzt wurde, ist durch die aufgeführten Erkenntnisse die klinisch-phänotypische Beschreibung deutlich genauer geworden.

In der Therapieentscheidung beim schweren Asthma ist diese Unterscheidung essentiell, um möglicherweise wirksame Therapien keinem Patienten vorzuenthalten und andererseits die sehr kostenintensiven, zielgerichteten Antikörpertherapien („Biologika“), die bei diesen Patienten eingesetzt werden, korrekt anzuwenden.

Diagnosestellung

Eine gründliche Anamnese vorausgesetzt, spielt die Lungenfunktionstestung eine zentrale Rolle bei der Diagnosestellung des Asthmas. Diese sollte bei nachgewiesener obstruktiver Ventilationsstörung mit Lysetestung (in der Regel mit einem kurzwirksamen Betamimetikum, z. B. Salbutamol 0,2 mg) erfolgen.

Man spricht von einer Reversibilität, wie sie definitionsgemäß beim Asthma vorliegt, wenn sich das FEV1 um 12 % bzw. mindestens 200 ml verbessert. Die schwere pulmonale Überblähung lässt sich lungenfunktionell als Airtrapping mit erhöhtem Residualvolumen nachweisen, welches sich auch nach Gabe von Broncholytika nur teilweise oder gar nicht beeinflussen lässt (siehe Abb. 2). Ein fehlendes Ansprechen in der Lysetestung kann im Laufe der Krankengeschichte eines Asthmatikers als „fixierte Obstruktion“ Folge eines airway remodelings sein. Eine Teilreversibilität der Obstruktion hingegen kann auch bei anderen Atemwegserkrankungen wie der COPD vorliegen. Die Interpretation der Ergebnisse muss daher im Zusammenhang mit Anamnese und weiterer klinischer Diagnostik erfolgen.

Abb. 2: Lungenfunktion bei schwerer pulmonaler Überblähung. Es zeigt sich eine schwere Bronchoobstruktion sowie eine deutliche Erhöhung des Residualvolumens. Foto: Lungenfunktionsabteilung, Schwerpunkt Pneumologie, Medizinische Klinik 1, Universitätsklinikum Frankfurt

Die bronchiale Hyperreagibilität lässt sich mittels eines Lungenprovokationstestes nachweisen. Üblicherweise wird dieser mit Metacholininhalation in aufsteigender Dosierung und anschließender Lungenfunktionsprüfung durchgeführt. Ein FEV1-Abfall um mindestens 20 % oder eine Verdopplung des (spezifischen) Atemwegswiderstandes gelten als Nachweis einer bronchialen Hyperreagibilität. Nicht nur das Pausieren von Broncholytika und inhalativen Steroiden vor Durchführung der Untersuchung, sondern auch die korrekte Durchführung der Metacholintestung haben großen Einfluss auf die Sensitivität der Messung. Dennoch kann diese bei einigen Patienten falsch negativ sein. Alternative Provokationsmethoden sind eine Belastungs- oder Kälteprovokation oder eine spezifische Provokation mit einem inhalativen Antigen (was im klinischen Alltag aber nur selten durchgeführt wird und in erster Linie bei gutachterlichen oder wissenschaftlichen Fragestellungen zum Einsatz kommt).

Die Erfassung des Schweregrades sollte sich weniger primär an der Lungenfunktion orientieren, sondern an der „Asthmakontrolle“. Diese wird an der Häufigkeit der Beschwerden erfasst und der Einschränkung der Alltagsaktivität durch das Asthma. Hilfreich zur Erfassung der Asthmakontrolle sind validierte Tests wie der „Asthmakontrolltest“ sowie die Selbsterfassung der Beschwerden durch den Patienten in einem Asthmatagebuch. In Tabelle 1 sind die vier Kriterien der Asthmakontrolle und die daran vorgenommene Einstufung in gut, teilweise und nicht kontrolliert aufgeführt.

Tabelle 1: Grad der Asthmakontrolle (nach Buhl et al. 2017)

Grade der Asthmakontrolle – Erwachsene

Gut kontrolliert

Teilweise Kontrolliert

unkontrolliert

Symptomkontrolle

Hatte der Patient in den vergangenen vier Wochen: Häufiger als zweimal in der Woche tagsüber Symptome.

Nächtliches Erwachen durch Asthma.

Gebrauch von Bedarfsmedikation für Symptome häufiger als zweimal in der Woche.

Aktivitätseinschränkung durch Asthma.

Kein Kriterium erfüllt

1–2 Kriterien erfüllt

3–4 Kriterien erfüllt

 

Gründe für eine schlechte Asthmakontrolle wie fehlerhafte oder nicht durchgeführte Handhabung der verordneten Medikation müssen ausgeschlossen werden, bevor die Diagnose des schweren Asthmas gestellt wird. Tabelle 2 fasst in einer Checkliste Gründe für ein „schwer therapierbares Asthma“ zusammen.

 

Tabelle 2: Checkliste bei fehlendem Therapieansprechen

Ursachen eines schwer zu therapier­baren Asthmas

Übersehene Komorbidität

- Schlafbezogene Atemstörung

- COPD

- Vocal cord dysfunction

- Rhinosinusitis

- Gastroösophagealer Reflux

- Depression/Panikstörung

- allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA)

- eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA)

Adipositas

Medikation:

- Incompliance

- falsche Inhalationstechnik

- übermäßiger Gebrauch kurzwirksamer Betamimetika

Persistierende Allergenexposition

Nikotinkonsum

 

Zur Einleitung einer adäquaten Asthmatherapie ist die Festlegung des Asthmaphänotyps essenziell.

Mit zunehmendem Verständnis der Asthmapathophysiologie sind verschiedene Modelle einer Phänotypisierung entstanden. Für die klinische Praxis ist es in der Regel ausreichend, zwischen einem überwiegend allergischen, einem nicht allergischen eosinophilen sowie einem neutrophilen Asthma zu unterscheiden. Eine klinische Sonderform ist das Cough-Variant-Asthma, das differentialdiagnostisch von anderen Ursachen chronischen Hustens abgrenzt werden muss. Zwischen diesen Phänotypen gibt es Schnittmengen und Übergänge. So sind beim allergischen Asthma die eosinophilen Granulozyten häufig ebenso erhöht, wie auch beim nicht allergischen Asthma teilweise erhöhte Immunglobulin-E-Spiegel nachweisbar sind.

Für das neutrophile Asthma wird postuliert, dass es möglicherweise Endphase einer langjährigen Krankheitsgeschichte ist, was in einem emphysematösen Lungen-umbau resultiert. Die Neutrophilie könnte Ausdruck rezidivierender Infektionen auf dem Boden der strukturellen Lungenschädigung sein. Die Rolle der neutrophilen Granulozyten beim Asthma ist letztlich jedoch noch nicht völlig verstanden (Shilovskiy et al. 2020).

In der Praxis reicht zunächst für die Phänotypisierung die Durchführung eines Allergiescreenings mittels entsprechender Allergieanamnese und eines Hauttestes (in der Regel Pricktestung der häufigsten Aeroallergene).

Hinzu kommt die Bestimmung eines großen Blutbildes zur Quantifizierung der eosinophilen Granulozyten und des Gesamt-Immunglobulin-E-Spiegels (Gesamt-IgE). Bei exzessiver IgE-Erhöhung kann die Testung auf eine seltene aber relevante Asthmakomplikation sinnvoll sein: die allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA). Zur weiteren ABPA-Diagnostik erfolgt die Bestimmung des spezifischen IgE gegenüber Aspergillus, ggf. mittels rekombinanter Antigene (rASP f4 und 6).

Wenn verfügbar, kann die Testung des fraktionierten exhalierten Stickstoffmonooxides (FeNO-Messung) insbesondere bei unauffälligem Blutbild hilfreich sein. Erhöhte Werte des exhalativen NO spiegeln die Entzündungsreaktion an der Bronchialschleimhaut wider und korrelieren mit einer dortigen Eosinophilie (Karrasch et al. 2017; Dweik et al. 2011).

Therapie

Nach gesicherter Diagnose der Asthmaerkrankung und Festlegung des Asthmaphänotyps erfolgt die Einleitung der adäquaten Therapie, orientiert an der vorliegenden Asthmakontrolle. Die Therapieentscheidung sollte sich am Stufenschema der Deutschen wie auch Internationalen Asthmaleitlinie orientieren (siehe Abb. 3). Bereits in frühen Stadien der Asthmatherapie sollte der Einsatz inhalativer Steroide erwogen werden. Die Steroidtherapie ist letztlich die einzig kausale Asthmatherapie, da die ursächliche Entzündungsreaktion an der Bronchialschleimhaut direkt supprimiert wird.

Abb. 3: Stufentherapie des Asthma bronchiale, Stufen 1–5; ICS= inhalatives Kortikosteroid; LABA= langwirksamer Betaagonist; LAMA=langwirksamer Muskarinantagonist; LTRA= Leukotrienantagonist; SABA= kurzwirksamer Betaagonist (nach den Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga). Foto: eigene Abbildung

 

In den internationalen Empfehlungen der Global Initiative for Asthma [GINA] ist, ebenso wie in der aktualisierten Fassung der nationalen Versorgungsleitlinie, bereits in der Stufe 1 ein bedarfsweiser Einsatz eines Kombinationspräparates aus inhalativem Steroid und langwirksamen Betamimetikum (Formoterol) möglich (Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) et al. 2018). Die Empfehlungen gehen unter anderem auf eine 2018 publizierte Studie von O’Byrne zurück. Die Arbeitsgruppe verglich bei leichtem Asthma den Einsatz einer Fixtherapie mit Budesonid mit einer Bedarfstherapie aus Budesonid und Formoterol. Die Bedarfstherapie war hinsichtlich Asthmakontrolle und Exazerbationsrate nicht der Fixtherapie mit einem Steroid unterlegen (O’Byrne et al. 2018).

In der weiteren Stufeneskalation steht dann zunächst die Steigerung der inhalativen Kortikoiddosis im Vordergrund, bevor die Therapie um den langwirksamen Muscarinrezeptorantagonisten Tiotropium erweitert wird, welcher bei ungenügender Asthmakontrolle eine Besserung der Symptomatik erreichen kann (Kerstjens et al. 2012; Kerstjens et al. 2016). Im Fall schlechter Verträglichkeit oder eines unbefriedigenden Ergebnisses einer Betamimetikatherapie kann Tiotropium bei ausgewählten Patienten auch eine sichere Alternative zum Betamimetikum in Kombination mit einem inhalativen Steroid sein (Buhl et al. 2018). Als Alternative zur Add-on-Therapie mit Tiotropium ist seit 2020 in Deutschland die fixe Dreifachkombination aus Indacaterol, Glycopyrronium und Mometason in der Stufentherapie des Asthmas (ab Stufe 4) zugelassen.

Die zusätzliche Gabe von Montelukast kann in einigen Fällen die Exazerbationsrate senken und sollte, insbesondere auch in Anbetracht des guten Nebenwirkungsprofils, versucht werden. Montelukast gehört zur Gruppe der Leukotrienantagonisten. Neben seinen Effekten beim Asthma bronchiale scheint es auch positive Effekte auf die allergische Rhinitis zu haben, eine häufige Komorbidität bei vielen Asthmatikern (Wermuth et al. 2020).

Die größten therapeutischen Fortschritte sind in jüngerer Zeit beim unkontrollierten schweren Asthma erfolgt.

Zur Verfügung stehen mittlerweile in Deutschland mehrere Antikörper, die direkt in den Inflammationsprozess beim schweren Bronchialasthma eingreifen.

Das Anti-Immunglobulin-E-Präparat Omalizumab war hierbei das erste seit mittlerweile 15 Jahren in Deutschland zugelassene Präparat und wird weiterhin beim überwiegend allergischen Asthma empfohlen. Voraussetzung für dessen Einsatz ist der Nachweis einer Sensibilisierung gegenüber einem ganzjährigen Aeroallergen und die klinische Diagnose eines schweren unkontrollierten oder nur mit systemischen Kortikosteroiden kontrollierten Asthmas. Die Dosierung ist abhängig von Körpergewicht und dem Gesamt-IgE-Spiegel. Bei typischer Klinik eines allergischen Asthmas und fehlender Identifikation einer solchen Sensibilisierung im Allergiescreening kann es sinnvoll sein, auf seltenere Allergene als Auslöser des Asthmas zu fahnden.

Für das in erster Linie eosinophile Asthma stehen die Anti-Interleukin-5-Antikörper Mepolizumab, Reslizumab und der Anti-Il5-Rezeptor-Antiköper Benralizumab zur Verfügung. Voraussetzung ist die Identifikation erhöhter Spiegel eosinophiler Granulozyten in Bronchiallavage oder Blutbild.

Seit 2019 steht für das sogenannte Th2-Asthma der Il4/13-Rezeptor-Blocker Dupilumab zur Verfügung.

Bei der Entscheidung für eines der genannten Präparate können mögliche Komorbiditäten die Auswahl erleichtern. So ist Omalizumab zusätzlich in der Dermatologie für die schwere Urtikaria zugelassen, Dupilumab hat die Zulassung zur Therapie der schweren atopischen Dermatitis und seit 2020 für die nasale Polyposis. Seit 2020 hat Omalizumab ebenso die Zulassung zur Therapie der nasalen Polyposis erhalten. Letztere ist häufige Komorbidität beim Asthma bronchiale und geht bei schwerem Befund oft mit einem hohen Leidensdruck aufgrund des fehlenden Geruchs- und Geschmacksinnes der betroffenen Patienten einher.

Bis auf Reslizumab, das als einziges Präparat nur als parenterale Applikationsform zur Verfügung steht, sind die genannten Biologika alle zur häuslichen Selbstapplikation zugelassen und können nach entsprechender Patientenschulung dafür verordnet werden. Entsprechende Schulungsvideos stellt unter anderem die Deutsche Atemwegsliga zur Verfügung.

Trotz der neuen sehr wirksamen Therapieoptionen werden immer noch häufig orale Kortikosteroide beim unkontrollierten Einsatz verordnet. Obwohl Bewusstsein für die multiplen Probleme der Langzeit-, aber auch gehäuften pulsatilen systemischen Steroid-Therapien besteht, hat sich die Verordnungshäufigkeit in den vergangenen Jahren wenig geändert (Hausen 2019).

Patienten mit schwerem Asthma sollten daher zu einem in dieser Therapie erfahrenen Pneumologen überwiesen werden, um neue Optionen für den Patienten prüfen zu können.

Patienten, die bei fehlender Asthmakontrolle nach entsprechender Phänotypisierung für keines der genannten Biologikapräparate in Frage kommen oder die trotz des Einsatzes der modernen Asthmapräparate nur ein ungenügendes Ansprechen zeigen, können möglicherweise von der interventionellen Option der bronchialen Thermoplastie profitieren. Bei diesem Verfahren, das nur in wenigen pneumologischen Zentren angeboten wird, werden durch die bronchoskopische Applikation thermaler Reize die submukösen Strukturen modifiziert. So konnte mikroskopisch eine Rückbildung der glatten Muskulatur nachgewiesen werden. Die Patienten zeigen im Langzeitverlauf eine Besserung der Lungenfunktion und niedrigere Exazerbationsraten bei insgesamt niedriger Komplikationsrate (Bonta et al. 2018).

Die schwere Asthmaexazerbation

Obwohl in der Asthmatherapie in der jüngsten Dekade große Fortschritte gemacht wurden und damit einhergehend die Zahl schwerer Asthmaexazerbationen deutlich zurückgegangen ist, bleibt die Evidenz für das Management der akuten Asthmaexazerbation gering.

Bereits die Definition und Begrifflichkeit der akuten Asthmaexazerbation ist heterogen. In der Deutschen Asthmaleitlinie ist der Status asthmaticus definiert als „eine trotz adäquater Therapie schwer zu durchbrechende Asthmaexazerbation, die mindestens 24 Stunden anhält“ (Buhl et al. 2017). Bei der Entscheidung zur stationären oder sogar intensivmedizinischen Therapie sollten Alarmsignale der Hypoxämie berücksichtigt werden. Im Gegensatz zu anderen strukturellen Lungenerkrankungen, die mit einer chronischen Oxygenierungsstörung einhergehen, ist die Hypoxämie beim Asthmatiker Warnsignal einer schweren Exazerbation und drohenden respiratorischen Erschöpfung. Klinische Symptome können – neben schwerer Luftnot, Zyanose oder Zeichen einer Organhypoxie wie Angina pectoris – EKG-Veränderungen oder Vigilanzstörungen sein.

In der Regel ist im Rahmen der schweren Exazerbation der passagere Einsatz systemischer Steroide notwendig (Castillo et al. 2017).

Im Rahmen schwerer Exazerbation sollte der parenterale Einsatz von Magnesium versucht werden, wodurch ein bronchodilatatorischer Effekt erreicht werden kann (Conway und Friedman 2020).

Der Einsatz von nicht-invasiver Beatmung ist bei der Asthmaexazerbation im Gegensatz zum Atempumpversagen bei der COPD von geringer Evidenz. Der Einsatz scheint aber sicher zu sein und kann möglicherweise helfen, die Intubationsrate zu reduzieren (Green et al. 2017).

Insbesondere im pädiatrischen Bereich wird auch beim Asthma die Sauerstoffhighflowtherapie erfolgreich angewendet (Ballestero et al. 2018).

Die Rolle von Antibiotika in der akuten Asthmaexazerbation bleibt bei widersprüchlicher Datenlage unklar. So konnte eine aktuelle Cochraneanalyse keine eindeutige Empfehlung für oder gegen den Einsatz von Antibiotika in der akuten Exazerbation aussprechen (Normansell et al. 2018). Die Deutsche Asthmaleitlinie geht auf den Einsatz von Antibiotika nicht näher ein.

Exazerbationen vermeiden

Neben einer guten Anpassung der medikamentösen Asthmatherapie spielt die Aufklärung und Schulung der Patienten eine wichtige Rolle in der Vermeidung von Asthmaexazerbationen. Hierzu gehört die Meidung von Noxen wie Nikotinkonsum und von Allergenen beim allergischen Asthma.

Die Praxis zeigt, dass ein Großteil der Patienten mit schweren, stationär zu behandelnden Asthmaexazerbationen einem Allergen als potentiellem Auslöser weiter exponiert waren.

Im Rahmen der Allergietherapie sollte auch der Einsatz einer spezifischen Immuntherapie beim allergischen Asthma und nachgewiesener Hausstaubmilbentherapie geprüft werden. Voraussetzung der mittlerweile grundsätzlich sehr sicheren Präparate ist allerdings eine ausreichende Asthmakontrolle vor Beginn des Verfahrens, da theoretisch die Asthmakontrolle unter der Immuntherapie verschlechtert werden kann.

Covid-19 bei Asthmatikern

In der täglichen Praxis kommt insbesondere von Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen immer wieder die Frage auf, ob sie zur Risikogruppe für einen schweren Covid-19-Verlauf gehören.

Hilfreich zur Beratung der Patienten sind die aktuellen Stellungnahmen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie.

Patienten mit guter Asthmakontrolle und fehlenden Komorbiditäten zeigten nach jetzigem Stand der Literatur kein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung (Wang et al. 2020).

Was für die Praxis wichtig ist:

  • Vor Einleitung einer adäquaten Asthmatherapie ist eine Phänotypisierung des Patienten Voraussetzung. Neben der Anamnese gehört dazu ein Allergiescreening, inklusive der Bestimmung des Gesamtimmunglobulin-E-Spiegels, die Bestimmung der Zahl an eosinophilen Granulozyten und, wenn verfügbar, die FeNO-Messung.
  • Eine dauerhafte systemische Steroidtherapie sollte aufgrund der schwerwiegenden Komplikationsrate unbedingt vermieden werden, der Einsatz moderner Biologika sollte durch einen in der Asthmatherapie erfahrenen Pneumologen geprüft werden.
  • Die Asthmaexazerbation kann durch adäquate Patientenschulung und Therapieanpassung häufig vermieden werden.
  • Zeichen der Hypoxie im Rahmen der Asthmaexazerbation sind immer ein Alarmsignal und müssen zur stationären Einweisung und ggf. Monitorüberwachung der Patienten führen.
  • Bei guter Krankheitskontrolle und fehlenden Komorbiditäten scheint das Risiko für einen kritischen Krankheitsverlauf einer Covid-19-Erkrankung nicht gegenüber dem Lungengesunden erhöht zu sein.

Dr. med. Achim Grünewaldt Prof. Dr. med. Gernot Rohde

Schwerpunkt Pneumologie/Allergologie Medizinische Klinik 1, Universitätsklinikum Frankfurt, Goethe-Universität Frankfurt am Main

Multiple Choice-Fragen

Die Multiple Choice-Fragen zu dem Artikel „Asthmatherapie 2021“ von Dr. med. Achim Grünewaldt und Prof. Dr. med. Gernot Rohde finden Sie im Mitglieder-Portal sowie am Ende dieser Seite unter „Artikel herunterladen“ in der PDF-Version dieses Artikels. Die Teilnahme zur Erlangung von Fortbildungspunkten ist ausschließlich online über das Mitglieder-Portal vom 25. Juni 2021 bis 24. Dezember 2021 möglich. Die Fortbildung ist mit zwei Punkten zertifiziert. Mit Absenden des Fragebogens bestätigen Sie, dass Sie dieses CME-Modul nicht bereits an anderer Stelle absolviert haben.

Dieser Artikel hat ein Peer-Review-Verfahren durchlaufen. Angaben der Autoren zu möglichen Interessenkonflikten finden Sie online unter www. laekh.de, „Hessisches Ärzteblatt“.

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