Leserbrief zu den beiden Beiträgen „Ansichten und Einsichten“ aus der Ausgabe 05/2020: „Corona und Medea“ von Dr. med. Wolf Andreas Fach (S. 280) sowie „Wo bleibt der gesunde Menschenverstand?“ von Dr. med. Dipl.-Chem Paul Otto Nowak (S. 281)
In beiden Beiträgen zur Corona-Epidemie wird sich über die Verhaltensweise der Menschen, die mit der Pandemie/Epidemie jetzt konfrontiert sind, gewundert, respektive sogar mokiert – insbesondere bei dem Beitrag von Herrn Nowak. In unserer Umgangssprache kennen wir den Ausspruch „Angst ist kein guter Ratgeber“. Dennoch ist es nicht verwunderlich, dass Menschen massive Ängste entwickeln, wenn sie täglich mit Nachrichten konfrontiert werden, die Katastrophen ausmalen und Bilder enthalten, die gut in Katastrophenfilmen wie „Outbreak“ passen. Dies provoziert dann natürlich auch panische Reaktionen wie Hamsterkäufe, die nichts anderes bedeuten als Vorsorge für eine ungewisse Zukunft zu treffen – und nicht als Indiz für die Dummheit der Menschen zu deuten sind.
Zudem entstand auch der Eindruck, dass Kliniken sich ab Mitte März nur noch vorrangig um Coronapatienten kümmern mussten und der normale Routinebetrieb in der Praxis und in der Klinik nur ein lästiges Anhängsel sei. Ein solches Signal setzte beispielsweise die Nachricht, dass Routineoperationen nicht mehr durchgeführt werden durften.
Eine nüchterne Analyse über die Corona-Berichterstattung in unseren Medien zeigt, dass diese Epidemie über 90 % der Nachrichten einnahm und immer noch einnimmt. Wie viel Corona-Spezial-Sendungen gab es in der ARD?
Verunsicherungen und Ängste werden hervorgerufen, wenn ich mit widersprüchlichen Aussagen innerhalb eines knappen Zeitraumes konfrontiert werde. Der Virologe Prof. Christian Drosten (Charité Berlin) sprach noch Ende Februar von einer Infektion ähnlich einer schweren Influenza (nachzulesen im Deutschen Ärzteblatt). Schlagartig wurden aber bald von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und insbesondere von MdB Karl Lauterbach (SPD) apokalyptische Zustände skizziert. Vergessen wurde dabei die Grundlagenforschung.
Allein schon zum derzeitigen Zeitpunkt gibt es keine definitive Aussage über die Infektionwege: Tröpfcheninfektion, Übertragung über den Luftweg, Schmierinfektion über Gegenstände wie Supermarktware, Geldscheine (?) – wie Lidl an seinen Kassen mittels Aufkleber vermittelt.
Täglich änderten sich die Prognosen, sie wurden immer düsterer, und selbst die psychisch stabilsten Menschen konnten nicht umhin, auch Ängste zu entwickeln – Ängste, die nicht nur die eigene Gesundheit betrafen, sondern auch die eigene wirtschaftliche Situation.
Vergessen wurde insbesondere, dass der Mensch ein soziales Wesen ist, Videokonferenzen können keine sozialen Kontakte ersetzen. Der körperliche Kontakt ist für den Menschen, der ein Herdentier ist, essenziell lebensnotwendig, also nicht ersetzbar – insbesondere für den bemitleidenswerten Alten und Pflegeheimbewohner.
Dr. med. Jürgen Rabe, Heusenstamm