Streiks in den hessischen kommunalen Krankenhäusern
"Mutige Geschäftsführer schließen eigene Verträge ab!"
Mit völligem Unverständnis reagiert die LÄKH auf die Ankündigung der VKA (Arbeitgeberverband der kommunalen Krankenhäuser), keinen Schlichter in den abgebrochenen Tarifverhandlungen für Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Kliniken zu Rate zu ziehen. Bereits die wochenlangen Streiks und Demonstrationen der Ärzte an den Universitätskliniken haben deutlich gemacht, dass die Arbeitsbedingungen für angestellte Ärztinnen und Ärzte unerträglich sind. Warum muss nun eine gleichartige Situation an den kommunalen Krankenhäusern so eskalieren? Die Ablehnung der Schlichtung hat mit einer verantwortungsvollen Verhandlungsbereitschaft und Verantwortung für die notwendige Versorgung von Patientinnen und Patienten nicht mehr viel zu tun.
Der LÄKH ist seit langem bekannt, dass die kommunalen Kliniken große finanzielle Probleme haben, die durch unsägliche Auflagen von Seiten der Politik verursacht werden - Auflagen, die weder plan- noch finanzierbar sind.
Hier die Zahlen der DKG (Deutschen Krankenhausgesellschaft) für Deutschland:
Nach den Eckpunkten zur Gesundheitsreform geplant:
- Minus 500 Millionen Euro (1-Prozent-Zwangsabgabe)
- Minus 500 Millionen Euro (Verlängerung Anschubfinanzierung Integrierte Versorgung)
- Minus 250 Millionen Euro (neue Anschubfinanzierung hochspezialisierte Leistungen)
Gesetzlich- und tarifbedingte Kosten- und Ausgabensteigerungen: - 1,5 Milliarden Euro (TVöD-Umstellung, neue und erwartete Tariferhöhungen für Klinikärzte)
- 1,3 Milliarden Euro (erwartete Mehrkosten durch Änderung Arbeitszeitgesetz)
- 500 Millionen Euro (gesetzliche Vorgaben Abschaffung AiP, Pflegeausbildung, DRG- Systemkosten)
- 500 Millionen Euro (Mehrwertsteuererhöhung ab 2007)
- 1 Milliarde Euro (durch gesetzliche Auflagen wie Naturalrabattverbot, steigende Anforderungen an Qualitätssicherung, sicherheitstechnische Auflagen)
Investitionsstau: - 50 Milliarden Euro Investitionsstau wegen ausbleibender gesetzlich vorgesehener Investitionsfinanzierung durch Bundesländer
ABER: Gesetzlich begrenzte maximale B U D G E T S T E I G E R U N G der Krankenhäuser: - Plus 300 Millionen Euro (für 2006: 0,63 Prozent der Krankenhausbudgets
Diesen finanziellen "Pflichten" sollen die Krankenhäuser nachkommen. Und dies ausschließlich zu Lasten ihrer Beschäftigten, zu Lasten aller Berufsgruppen, die für eine gute Patientenversorgung benötigt werden. Damit wird das "Geld" deutlich höher und wichtiger bewertet als die menschliche Arbeitskraft - ein unhaltbarer und entwürdigender Zustand, der negative Folgen für den Umgang mit den Beschäftigten und den Patienten hat! Zunächst leiden die Ärzte und medizinischen Fachberufe unter der Situation, aber bald auch die Patienten, die sich auf lange Wartezeiten, schlechtere Versorgung und Verzicht auf Hochleistungsmedizin einzustellen haben, wenn das alles so bleibt! Auch wegen dieser „würdelosen Behandlung" sowohl der Patienten wie der Beschäftigten durch die Politik gehen Ärztinnen und Ärzte auf die Straße!
In dieser Krise ist es als ein ausgesprochen mutiges Zeichen zu werten, wenn sich Geschäftsführer und Aufsichtsräte kommunaler Kliniken dazu entschließen, außerhalb der VKA eigene Verträge abzuschließen, um sich vom Diktat der VKA befreien! Sie nehmen damit u. U. sogar Repressalien des Verbandes in Kauf! Mit dieser couragierten Entscheidung wird der Streik sofort beendet, für Ärztinnen und Ärzte verbessern sich die Arbeitsbedingungen und die Patientenversorgung ist wieder in vollem Umfang gewährleistet. Der LÄKH ist bewusst, dass damit sehr wohl wirtschaftliche Risiken, jedoch mindestens ebenso große Chancen für das betroffene Haus entstehen.
Unhaltbare Zustände für die Patientenversorgung durch inhumane Arbeitsbedingungen und Rationierung von Versorgungsleistungen gilt es zu verhindern. Die Ärztinnen und Ärzte und Klinikträger haben diese gemeinsame Pflicht. Die LÄKH unterstützt diese Aufgabe, die dem Gemeinwohl dient und steht ab sofort zur Kooperation zur Verfügung!
Dr. Ursula Stüwe
Präsidentin der Landesärztekammer Hessen