"Präimplantationsdiagnostik ist nicht mit ärztlichem Ethos vereinbar"
Hessischer Ärztekammerpräsident spricht sich gegen eine Zulassung der PID aus
Dürfen in Deutschland künftig im Reagenzglas erzeugte Embryonen vor dem Einpflanzen in die Gebärmutter auf Erbkrankheiten untersucht werden? Noch vor der Sommerpause will der Deutsche Bundestag über die Zulässigkeit, begrenzte Freigabe oder ein Verbot der umstrittenen Präimplantationsdiagnostik (PID) entscheiden. "Auch in der Ärzteschaft gibt es unterschiedliche Auffassungen zur PID," stellt Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach, Präsident der Landesärztekammer Hessen, fest. "Doch aus meiner persönlichen Sicht ist die Präimplantationsdiagnostik weder mit dem ärztlichen Ethos noch mit der Menschenwürde vereinbar."
Jeder Mensch, ob jung, alt, gesund, krank oder behindert, habe ein schützenswertes Recht auf Leben. "Aufgabe des Arztes ist es, das Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und Leiden zu lindern, nicht jedoch zu töten", unterstreicht der hessische Ärztekammerpräsident. "Menschliches Leben ist von Anfang an schützenswert. Wenn nun aber Ärztinnen und Ärzte per Gesetz entscheiden sollen, welche künstlich befruchteten, lebensfähigen Eizellen eingepflanzt und welche aussortiert werden können, würden sie zu Richtern über Leben und Tod. Die bereits ausgeübte Pränataldiagnostik zur vorgeburtlichen Untersuchung und die Möglichkeit zur Spätabtreibung stellen nach meiner Überzeugung keine Alternativen dar. Auch rechtfertigen sie nicht eine Einführung der PID, mit der die Selektion aus einer Zahl lebensfähiger Embryonen zu einem Teil der ärztlichen Tätigkeit würde."
Die Nöte und Ängste von Paaren, deren genetische Vorbelastung zu Fehlgeburten, Behinderung oder Missbildung von Kindern führen können, seien verständlich, betont der Kammerpräsident: "Gerade diese Paare bedürfen einer besonderen Zuwendung und Begleitung von uns Ärztinnen und Ärzten." Dennoch dürfe das nachvollziehbare Leid der Betroffenen nicht zu der Einführung einer diagnostischen Methode führen, mit der die Auswahl von lebenswertem und nicht lebenswertem Leben möglich werde. "Im Übrigen bietet auch die PID keine Garantie für die Geburt eines gesunden Kindes, denn auch während Schwangerschaft und Geburt können Komplikationen auftreten, die möglicherweise Behinderungen nach sich ziehen", erklärt von Knoblauch zu Hatzbach. "Solche Risiken gehören zu den Unwägbarkeiten unseres Daseins, die wir annehmen müssen. Es gibt ein Recht auf Leben, aber kein Recht auf Gesundheit und auf gesunde Kinder."