Mit einer flächendeckenden palliativen Versorgung und hospizlichen Begleitung dem Ruf nach aktiver Sterbehilfe Einhalt gebieten
3. Fachtagung "Palliative Versorgung in Hessen" - Hospizidee in der integrierten Versorgung - im Fortbildungszentrum der Landesärztekammer Hessen in Bad Nauheim
Dass die 2003 mit der 1. Fachtagung "Palliative Versorgung" ins Leben gerufene Initiative zur Vernetzung aller an der Sterbebegleitung beteiligten Berufsgruppen in Hessen Wirkung zeigt, macht auch das große Interesse in diesem Jahr deutlich:
Nahezu 300 Teilnehmer, darunter zahlreiche Ehrenamtliche Betreuer, aber auch viele Ärzte, Pfleger und einige Seelsorger, fanden sich heute auf der 3. Fachtagung "Palliative Versorgung in Hessen" - Hospizidee in der integrierten Versorgung - im Fortbildungszentrum der Landesärztekammer Hessen in Bad Nauheim ein. Im Mittelpunkt der interdisziplinären Tagung (Schirmherrin: Hessische Sozialministerin Silke Lautenschläger), die gemeinsam von der Akademie für Ärztliche Fortbildung und Weiterbildung, der Koordinations- und Ansprechstelle für Dienste der Sterbebegleitung und Angehörigenbetreuung (KASA), der Landesarbeitsgemeinschaft Hospize Hessen und der Willy Robert Pitzer Stiftung veranstaltet und von Dr. med. Michael Popović (LÄKH) und Elisabeth Terno (KASA) moderiert wurde, standen die Hospizidee und die Notwendigkeit der wohnortnahen palliativen Versorgung. Das Ziel der Veranstalter, die Tagung zum Auftakt eines gemeinsamen lokalen Handelns werden zu lassen, ist durch den intensiven Informationsaustausch und das Einüben neuer Dialogmöglichkeiten in greifbare Nähe gerückt.
Als klares Votum gegen aktive Sterbehilfe bezeichnete die Präsidentin der Landesärztekammer Hessen, Dr. med. Ursula Stüwe, das Bekenntnis der hessischen Ärzteschaft zur Palliativmedizin. Menschen dürften sich nicht dafür rechtfertigen müssen, dass sie leben wollen. "Aus diesem Grund brauchen wir palliativmedizinische Betreuung", erklärte Stüwe. Gerade hier sei die "Arzt - Patienten - Angehörigen - Beziehung" eine zentrale Grundvoraussetzung für eine ebenso sinnvolle wie erfolgreiche Versorgung. Die Landesärztekammer Hessen fördere daher die Fort- und Weiterbildung aller beteiligten Berufsgruppen. Als erfreulich bezeichnete sie, dass die großen Versorgungskassen in Hessen mit dem jüngst vorgestellten Modell der Ambulanten Palliativversorgung in Hessen einen Teil des Forderungskataloges verwirklicht hätten, den die Landesärztekammer 2006 der hessischen Landesregierung vorgelegt habe.
"Vor 2 Jahren habe ich an dieser Stelle dringend an die Vertreter der Krankenkassen appelliert, man möge die Palliativmedizin in den Bereich der "Integrierten Versorgung" aufnehmen", erinnerte Stüwe. Während ihr Ansinnen jedoch damals noch auf heftige Gegenwehr gestoßen sei, hätten jetzt einige große Krankenkassen die ersten Verträge zur Integrierten Versorgung auf den Weg gebracht. Verbunden mit diesen Verträgen sei eine Qualitätssicherung der Palliativmedizin. "Wenn auch dieser Weg noch nicht endgültig auf- und ausgebaut ist, so ist die eingeschlagene Richtung absolut richtig" erklärte Stüwe.
Dr. med. Bernd Oliver Maier, Abteilungsleiter Palliativmedizin der Dr. Horst-Schmidt-Kliniken in Wiesbaden informierte über die Erfahrungen, die seine Klinik als Modell in dem Integrierten Versorgungssprojekt Palliativmedizin mit niedergelassenen Ärzten, Pflegediensten und Hospizdiensten gesammelt habe. Diese hätten gezeigt, dass die individuell bedürfnisorientierte Absicherung der Versorgung durch gezielte Koordination, kontinuierliche Begleitung, 24-stündige Erreichbarkeit und Interventionsbereitschaft für die Betroffenen notwenig seien, um im häuslichen Umfeld zu verbleiben und dort letztlich zu sterben. So habe die Klinik im letzten halben Jahr 45 Patienten betreut, von denen 67% in ihrer häuslichen Umgebung sterben konnten.
"Diese Gesellschaft braucht Menschen, die dem Ruf nach aktiver Sterbehilfe Einhalt gebieten", sagte die Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz, Gerda Graf. Was die Entwicklung der Hospizidee angehe, sei Hessen ein Vorzeigeland. "Es war wichtig, im stationären Bereich zu beginnen und diese Erfahrungen auf die ambulante Versorgung zu übertragen. Nun müssen wir ein Ganzes aus den Fragmenten machen". Wichtig sei dabei die Demutshaltung gegenüber den Sterbenden; es dürfe keine Profilierung einzelner Gruppen geben, erklärte Graf.
Pfarrer Peter Otto, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Hospize, unterstrich, dass die überwiegende Arbeit der Hospize im ambulanten Bereich liege. Die ambulanten Hospizdienste müssten daher in die GKV-Finanzierung mit einbezogen werden. Armin Clauss, ehemaliger Hessischer Sozialminister und Vorsitzender der Willy Robert Pitzer Stiftung, die die Tagung maßgeblich unterstützt hat, wies darauf hin, dass es wichtig sei, das Modell Wiesbaden in das ganze Land zu tragen, um die großen Lücken im Bereich der stationären Versorgung zu schließen. Hospize und Palliativstationen in Krankenhäusern seien keine Sterbestationen, sondern schüfen wichtige Voraussetzungen dafür, dass Menschen zu Hause sterben können. Clauss hob ebenfalls die Notwendigkeit der Koordination und Vernetzung vor Ort hervor und erhob die Forderung, dass die Gesundheitsämter hier eine herausgehobene Verantwortung tragen müssten.