Mehr Medizinstudienplätze als Rezept gegen Ärztemangel
Dr. Edgar Pinkowski: "Wir müssen zeigen, wie interessant das Landarztleben sein kann!"
"Wir müssen mehr Ärztinnen und Ärzte ausbilden, um auch künftig die ärztliche Versorgung der Bevölkerung sicher stellen zu können", erneuert der hessische Ärztekammerpräsident Dr. med. Edgar Pinkowski die wiederholt erhobene Forderung der Landesärztekammer nach einer Erhöhung der Medizinstudienplätze. "Die gesellschaftlichen Veränderungen machen diesen Schritt dringend notwendig, denn zum einen scheiden in den kommenden Jahren viele Kolleginnen und Kollegen der Babyboomer-Generation aus dem Berufsleben aus, zum anderen ist der ärztliche Nachwuchs überwiegend weiblich."
Viele junge Ärztinnen - und auch junge Ärzte - mit abgeschlossener Weiterbildung seien dabei, eine Familie zu gründen, oder hätten dies bereits getan. Im Unterschied zu ihren Vorgängern seien sie nicht mehr bereit, ihr Privatleben zugunsten des Berufs zurückzustellen. "Dass junge Kolleginnen und Kollegen einen Teil ihrer Zeit für die Familie aufwenden wollen, ist nachvollziehbar und gut, zugleich fehlt damit jedoch Arztzeit sowohl im niedergelassenen Bereich als auch im Krankenhaus", erklärt Pinkowski: "Für zwei ausscheidende Ärztinnen oder Ärzte müssten vier neue kommen. Eine solche Verdoppelung lässt sich aber nur realisieren, wenn die Zahl der Medizinstudierenden steigt!"
Während die wohnortnahe fach- und hausärztliche Versorgung in Ballungsräumen voraussichtlich auch perspektivisch gewährleistet sei, werde die Situation in kleineren Kommunen und im ländlichen Bereich immer schwieriger: "Gerade dort wird sich der Ärztemangel zunehmend bemerkbar machen", so der hessische Ärztekammerpräsident weiter. Überlegungen, eine Landarztquote einzuführen, erteilt er allerdings eine klare Abfuhr: "Stärkung des Landarztes ja, aber kein Zwang."
Wichtig sei vielmehr, dass die beruflichen Rahmenbedingungen auf dem Land stimmten, betont Pinkowski. "Und hierfür ist die Politik zuständig." So komme es darauf an, auch in ländlichen Gebieten eine sinnvolle Infrastruktur in Form von Kindergärten, Schulen und vor allem einer guten Verkehrsanbindung zu schaffen. "Dabei kann und sollte auch quer gedacht werden. So ist es etwa durchaus denkbar, auf dem Land zu arbeiten und in der Stadt zu wohnen, wo der Partner seine Arbeit hat oder die Kinder eine Ausbildung machen."
Die Überlegung, Abiturienten mit niedrigerem Notendurchschnitt, die Medizin studieren wollen, für eine spätere Tätigkeit auf dem Land zu 'ködern', nennt Pinkowski hingegen kontraproduktiv. Denn so entstünde der Eindruck, dass nur die weniger Ambitionierten aufs Land gingen. "Das wäre fatal! Außerdem würde man damit die Chance vertun, die Tätigkeit des Landarztes attraktiver zu machen", stellt Pinkowski fest. "Viel sinnvoller wäre es dagegen, jungen Kolleginnen und Kollegen durch die Förderung von Famulaturen und Hospitationen zu zeigen, wie interessant das Landarztleben sei kann - und zwar für Haus- und für Fachärzte gleichermaßen."