„Helfen Sie mit, sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche zu stoppen“
Landesärztekammer unterstützt Kampagne des Hessischen Landeskriminalamtes
In Hessen steigen die Zahlen von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche - mit meist schwerwiegenden Folgen: Neben körperlichen Verletzungen können lebenslange Traumatisierungen zurückbleiben. Um Betroffenen eine Stimme zu geben und sexuelle Gewalt zu stoppen, rollt das Hessische Landeskriminalamt (HLKA) die 2022 gestartete Kampagne „Brich dein Schweigen - hinter jedem Missbrauch steckt ein Gesicht“ nun landesweit aus. Mit einem Mailing an niedergelassene Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner sowie an kinder- und jugendmedizinisch tätige Ärztinnen und Ärzte unterstützt die Landesärztekammer Hessen die Initiative.
„Viele Ärztinnen und Ärzte sind erste Ansprechpartner für Kinder und Jugendliche, die sexuelle Gewalt erlebt haben. Auch können sie bei Untersuchungen Zeichen eines möglichen Missbrauchs feststellen und Betroffene auf Hilfs- und Beratungsangebote aufmerksam machen“, sagt Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident der Landesärztekammer Hessen. „Die Landesärztekammer ist daher gerne dem Wunsch des HLKA nachgekommen und hat heute rund 2.700 niedergelassene Kolleginnen und Kollegen aus der Allgemeinmedizin und der Kinder- und Jugendmedizin mit der Bitte um Unterstützung der Kampagne angeschrieben.“
Beigefügt ist ein Link zum Download der Informationsmaterialien rund um die Kampagne in deutscher und englischer Sprache - vom Flyer bis zum Plakat in verschiedenen Größen. Außerdem weist das HLKA auf das anonyme, kostenfreie und mehrsprachige Hilfe-Telefon „Sexueller Missbrauch für Betroffene und alle, die Kinder schützen wollen“ unter der Rufnummer 0800 22 55 530 hin. Das Hilfe-Telefon ist ein Angebot von N.I.N.A. e.V. - gefördert von der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. „Werden Sie aktiv und helfen Sie mit, sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche zu stoppen“, ruft Pinkowski Haus- und Kinder- und Jugendärzte auf.
Rechtsgüterabwägung bei Verdacht auf Kindesmissbrauch
Natürlich unterliegen Ärztinnen und Ärzte der ärztlichen Schweigepflicht. Ein Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht stellt grundsätzlich eine Straftat gem. § 203 Abs. 1 StGB dar.
Ärztinnen und Ärzte sind jedoch nicht an die Schweigepflicht gebunden, sofern der Patient oder bei Kindern deren gesetzliche Vertreter sowie ggf. minderjährige Patienten, sofern diese ein notwendiges Maß an Verstandesreife besitzen, in die Weitergabe des Patientengeheimnisses einwilligen. Bei Vorliegen einer wirksamen Einwilligung handeln Ärztinnen und Ärzte nicht „unbefugt“ im Sinne von § 203 Abs. 1 StGB.
Auch in Fällen, wenn eine solche Entbindung nicht vorliegt, hat der Gesetzgeber bei Kindeswohlgefährdung eine Offenbarungsbefugnis im Rahmen des rechtfertigenden Notstandes § 34 StGB vorgesehen. Ein Patientengeheimnis darf eine Ärztin oder ein Arzt offenbaren, sofern eine gegenwärtige, nicht anders abwendbare Gefahr im Sinne des § 34 StGB vorliegt und das Rechtsgut Kindeswohl höher einzustufen ist als die ärztliche Schweigepflicht (Rechtsgüterabwägung).
Einen konkreten Fall des rechtfertigenden Notstandes regelt § 4 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG). Die Vorschrift regelt die Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung und sieht ein gestuftes Vorgehen vor.
Für Fragen und weitere Informationen:
Hessisches Landeskriminalamt, Abteilung 1 - Operativer Einsatz, OE 41
Hölderlinstraße 1-5, 65187 Wiesbaden
Fon: 0611 83-14100
E-Mail: OE41.hlka@polizei.hessen.de