Für eine patientenzentrierte Versorgung
Pressegespräch der Landesärztekammer mit dem hessischen Gesundheitsminister Jürgen Banzer
"Die Hoffnungen, die Ärzte und Patienten auf eine neue Gesundheitspolitik setzen, sind groß", erklärte der Präsident der Landesärztekammer Hessen, Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach, am 13. November bei einem Pressegespräch der Kammer mit dem hessischen Gesundheitsminister Jürgen Banzer.
"Wir wünschen uns den Aufbau einer neuen Gesundheitskultur
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– weg von der einseitigen Ausrichtung auf die Ökonomisierung hin zu einem Gesundheitswesen mit menschlichem Gesicht, in der die patientenzentrierte Versorgung im Mittelpunkt steht," unterstrich von Knoblauch. Auch wenn heute niemand vorhersagen könne, ob diese Wünsche Realität würden, lasse der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien CDU und FDP in Berlin zumindest Chancen auf Veränderungen erkennen. "Doch was können wir in Hessen von einer Neuausrichtung der Gesundheitspolitik auf bundespolitischer Ebene erwarten?": Diese Frage stand im Mittelpunkt des Gesprächs im Frankfurter PresseClub.
"Wir müssen uns um die niedergelassenen Ärzte und Hausärzte kümmern. Sie sind das Rückrat der Gesellschaft," hob Staatsminister Banzer hervor. Ihre beruflichen Rahmenbedingungen müssten verbessert werden, damit sich auch junge Menschen wieder für die Niederlassung in eigener Praxis entscheiden könnten. Dass vor allem die Situation der ärztlichen Versorgung auf dem Land durch den zunehmenden Ärztemangel bereits kritische Züge angenommen hat, bestätigte Martin Leimbeck, Vizepräsident der Landesärztekammer und als Landarzt tätiger Facharzt für Allgemeinmedizin. "Wir Ärzte können nicht mehr in dem Umfang versorgen, wie wir dies gerne tun würden." Die demografische Entwicklung mit einer immer älter werdenden Bevölkerung bringe eine Zunahme von Vielfacherkrankungen mit sich, so dass der Versorgungsbedarf ständig steige.
Landesärztekammer und die hessische Landesregierung seien gefordert, gemeinsam konkrete Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten, damit die flächendeckende ärztliche Versorgung auch künftig gewährleistet werden könne.
Dies sei eine Herkulesaufgabe, für die es keinen Königsweg gäbe, sagte Banzer. Als Voraussetzung für eine Verbesserung der Situation müsse die "Gesundheitsreformitis" aufhören und die in den letzten Jahren entstandene Misstrauenskultur gegenüber Ärzten ein Ende haben. Bei neuen Kooperationsmodellen zwischen niedergelassenem und stationären Bereich müsse auch der wachsende Anteil von Ärztinnen an der Ärzteschaft im Hinblick auf die Arbeitszeiten berücksichtigt werden. Darüber hinaus schlug Banzer eine Verkleinerung der Planungsbereiche der Kassenärztlichen Vereinigung und finanzielle Anreize für Ärztinnen und Ärzte vor, die sich auf dem Land niederlassen wollten. Auch seien die Kommunen gefordert, aber es müsse ebenfalls über eine mögliche Neuverteilung von Geldern nachgedacht werden. Auch sei es notwendig, technische Innovationen wie die Telemedizin und andere Gesundheitsberufe zur Unterstützung des Arztes in die Versorgung mit einzubeziehen. Von Knoblauch erinnerte daran, dass die Landesärztekammer Hessen gemeinsam mit der Bundesärztekammer ein Fortbildungscurriculum für Medizinische Fachangestellte als Partnerin in der Patientenversorgung erarbeitet hat. Ziel des Fortbildungsangebots ist es, dass Ärztinnen und Ärzte entsprechend fortgebildeten Medizinische Fachangestellten ärztliche Aufgaben beispielsweise bei der Betreuung älterer Menschen übertragen können.
Von Knoblauch forderte, dass sich auch die Situation der Krankenhäuser sowie die beruflichen Bedingungen von Krankenhausärzten und medizinischem Pflegepersonal in Hessen verbessern müssten. Er setze große Hoffnungen in die geplante Novellierung des hessischen Krankenhausgesetzes. Banzer erklärte, dass die Krankenhauslandschaft in Hessen für ihn auf drei Säulen stehe: Häuser in kommunaler, gemeinnütziger und privater Trägerschaft. Er sehe keine weiteren Einsparmöglichkeiten der Kliniken. Dass einige Krankenhäuser in den letzten Jahren Med. Versorgungszentren gegründet hätten, um auf diese Weise Patienten aus dem ambulanten Bereich zu gewinnen, sah der hessische Gesundheitsminister dagegen äußerst kritisch. Er sprach sich vielmehr dafür aus, neue Kooperationsmodelle zwischen Kliniken und niedergelassenen Praxen zu schaffen.