Dringende Behandlungen und Notfälle leiden nicht unter Wartezeiten
Ärztekammerpräsident weist AOK-Kritik und geplante Sanktionen für Ärzte zurück
"Wenn die AOK glaubt, mit einer unverfrorenen Kampagne gegen Ärztinnen und Ärzte Politik machen zu können, ist sie auf dem Holzweg", erklärt der Präsident der Landesärztekammer Hessen, Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach. Die Behauptung, niedergelassene Vertragsärzte arbeiteten zu wenig fürs Geld und seien an unnötig langen Wartezeiten von Patienten schuld, sei nicht nur falsch, sondern ein Griff in die unterste Schublade der Polemik. "Dass die AOK ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da die Politik das Problem des Ärztemangels erkannt hat und diesem mit dem Versorgungsstrukturgesetz gegensteuern will, billige Ärzteschelte betreibt, ist völlig kontraproduktiv", kritisiert der Ärztekammerpräsident: "So treibt man dem ärztlichen Nachwuchs jegliche Lust auf den Arztberuf aus."
Tatsächlich seien Ärzte mit einer durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit von 10,6 Stunden und der Behandlung von 50 Patienten pro Tag (vgl. Umfrage des NAV-Virchowbundes, März 2011) mehr als ausgelastet. "Zu der ärztlichen Tätigkeit während der Sprechstunden kommen nicht nur Hausbesuche und Behandlungen außerhalb der Praxisöffnungszeiten, sondern auch eine überbordende Bürokratie hinzu," unterstreicht von Knoblauchzu Hatzbach. Dies gelte sowohl für Landärzte als auch für Ärzte in Stadtgebieten und in Krankenhäusern. Als unangemessen bezeichnet der Ärztekammerpräsident die AOK-Kritik an dem sprechstundenfreien Mittwochnachmittag. "Seit wann sind Ärztinnen und Ärzte Angestellte der AOK und müssen sich für ihre Arbeitszeiteinteilung rechtfertigen?", empört sich von Knoblauch zu Hatzbach. "Der Arztberuf ist ein freier Beruf." Angesichts der hohen Arbeitsbelastung von Ärztinnen und Ärzten sei es gelegentlich unvermeidbar, dass nicht akute Untersuchungen oder Behandlungen erst zu einem späteren Termin erfolgen. "Dringende Behandlungen oder Notfälle leiden allerdings nicht unter langen Wartezeiten."
"Dass laut einem jüngsten Entwurf zum Versorgungsstrukturgesetz Vertragsärzte künftig zu einer "angemessenen und zeitnahen Zurverfügungstellung der fachärztlichen Versorgung" gezwungen werden sollen, auch durch die Verhängung von Sanktionen, ist starker Tobak", kritisiert von Knoblauch zu Hatzbach. Der Gesetzesentwurf verkenne die Realitäten: "Erst wenn sich die beruflichen Rahmenbedingungen in Praxis und Krankenhaus verbessern und Ärzte wieder mehr Zeit für ihre Patienten haben, werden auch lange Wartezeiten der Vergangenheit angehören."