Diabetes-Präventionstag in Bad Hersfeld: Bewegung und gesunde, fettarme Ernährung sind die Zauberwörter
Fragebogenaktion: Leichtes bis mittelschweres Diabetesrisiko bei rund 75 Prozent der Befragten
Vorbeugen ist einfacher, als viele glauben. "Diabetes mellitus, im Volksmund auch "Zucker" genannt, ist ein ernstes Gesundheitsproblem. Falsche Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel sind die Hauptursachen, die zu dieser schweren Erkrankung führen. Doch die Ursachen lassen sich wirksam bekämpfen: Mehr Bewegung und gesündere Ernährung: Runter vom Sofa, weg mit Chips und Coke und Schoko – raus in die Natur, laufen, springen, walken", erklärte Landrat Dr. Karl-Ernst Schmidt bei der Eröffnung des Diabetes-Präventionstages, zu dem die Landesärztekammer Hessen am 16. Juni 2012 in das Hotel am Kurpark in Bad Hersfeld eingeladen hatte. Die öffentliche Veranstaltung, die von mindestens 300 Bürgerinnen und Bürgern besucht wurde, war Höhepunkt des Diabetes-Präventionsprojektes "Fit und gesund älter werden" der Landesärztekammer im Landkreis Hersfeld-Rotenburg. Schirmherr des hessenweiten Projektes ist der Hessische Sozialminister Stefan Grüttner, für die ländliche Modellregion Hersfeld-Rotenburg hat Landrat Dr. Karl-Ernst Schmidt die Schirmherrschaft übernommen.
Wie wichtig es ist, Menschen über das Risiko einer Diabetes-Erkrankung und ihre Folgen zu informieren, machte Dr. med. Roland Kaiser, Ärztlicher Geschäftsführer der Landesärztekammer, deutlich: "In Hessen leiden mehr als eine halbe Million Menschen an Diabetes. Die tatsächliche Zahl der Erkrankten dürfte allerdings viel höher liegen, da Typ-2-Diabetes sich auf leisen Sohlen anschleicht." Ursachen für den Diabetes Typ 2 sind in der Regel Übergewicht und mangelnde Bewegung. Alarmierende Zahlen nannte auch Dr. Catharina Maulbecker-Armstrong, Hessisches Sozialministerium: "Im Jahr 2009 waren insgesamt 328.340 Frauen, 284.820 Männer und 4.720 Kinder in Hessen an Diabetes erkrankt. Unter den über 70-jährigen Hessen leidet heute ungefähr jeder fünfte Hesse an Diabetes. Bei den 75- bis 80-jährigen steigt der Anteil auf 25%. Diabetes Typ 2 ist somit eine der wichtigen und in ihren Konsequenzen teuersten chronischen Erkrankungen in Hessen. So ist die Vermeidung oder zumindest die Verzögerung der Typ-2-Diabetes-Erkrankung eine der herausragenden Aufgaben aller Akteure im Gesundheitswesen."
Dass viele Menschen gefährdet sind, ohne sich dessen bewusst zu sein, zeigte auch die Fragebogenaktion zur Risikoermittlung, die im Rahmen des Projektes in 12 Hausarztpraxen im Landkreis Hersfeld-Rotenburg, im Klinikum Bad Hersfeld und im Kreiskrankenhaus Rotenburg a. d. Fulda durchgeführt wurde: 345 Bürgerinnen (59 Prozent) und Bürger (41 Prozent) nahmen an der anonym ausgewerteten Befragung teil. Immerhin 260 von ihnen – und damit rund 75 Prozent – hatten ein leichtes bis erhebliches Risiko, in den nächsten zehn Jahren einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln." Die gute Nachricht ist: Man kann etwas tun, um die Krankheit zu vermeiden: Die Zauberwörter heißen Bewegung und gesunde, fettarme Ernährung", sagte Kaiser. Und auch Dr. med. Frank Joachim Klein, Facharzt für Allgemeinmedizin in Schenklengsfeld und ärztlicher Ansprechpartner des Modellprojekts im Landkreis Hersfeld-Rotenburg betonte, wie einfach Prävention sein kann: "In Deutschland entwickelt sich die Zahl der Übergewichtigen parallel zu den PKW-Zulassungszahlen. Ein Zufall? Es zeigt in jedem Fall, dass wir uns immer weniger selbst bewegen und das Körpergewicht nimmt zu. Dabei ist es so leicht, etwas für die eigene Gesundheit zu tun. Nur "ein wenig mehr" bewegen. Am besten jeden Tag – immer wieder."
Motivieren, Impulse zur Umstellung der Lebensgewohnheiten geben und die ärztliche Kompetenz in der Prävention deutlich machen: Das sind die Anliegen des Diabetes-Präventionsprojektes "Fit und gesund älter werden", mit dem die Landesärztekammer gemeinsam mit ihren Kooperationspartnern (im Landkreis Hersfeld-Rotenburg: 12 niedergelassene Hausarztpraxen, Klinikum Bad Hersfeld, Kreiskrankenhaus Rotenburg a. d. Fulda, Herz- und Kreislaufzentrum Rotenburg a. d. Fulda, Knappschaft, Knappschaftsklinik Bad Soden-Salmünster, HAGE (Hessische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitserziehung), Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Sektion Hessen, Landessportbund Hessen, Sportkreis Hersfeld-Rotenburg, Diabetiker-Selbsthilfegruppe Bad Hersfeld, Deutscher Diabetikerbund – Landesverband Hessen und die Firma Continental) und der Hersfelder Zeitung einen Beitrag zur Vorbeugung von Typ-2-Diabetes leisten möchte. "Als Knappschaft unterstützen wir dieses Projekt der Landesärztekammer Hessen, um den Fokus verstärkt auf die Primärprävention mit einer gesunden Ernährung und einer sportlichen Betätigung zu legen. Daher sehen wir als Kooperationspartner im Projekt "Fit und gesund älter werden" einen weiteren wichtigen Schritt zur Etablierung einer dauerhaften Präventionskultur in Hessen zur Verminderung von Diabetes-Neuerkrankungen", erklärte Birgit Büttner auf der Pressekonferenz die Motivation der Knappschaft, sich als Kooperationspartner an dem Projekt zu beteiligen.
Wie die Vorbeugung aussehen kann, führte der Präventionstag mit einem abwechslungsreichen Programm aus Experten-Vorträgen (Bad Hersfeld: ChA Dr. med. Markus Kroker, Schenklengsfeld: Dr. med. Frank Klein, Rotenburg a. d. Fulda: OA Dr. med. Michael Metzler, Friedrichsdorf: Dr. Ulrike Kreinhoff), Podiumsdiskussion unter der Leitung von Kai Struthoff (Hersfelder Zeitung), einem Markt der Möglichkeiten und Unterhaltung vor. Wer wollte, konnte sich an verschiedenen Ständen über Ernährung, die Zubereitung gesunder Brotaufstriche und über Angebote von Sportvereinen informieren oder den Blutdruck bzw. den Blutzuckergehalt messen lassen. Am "Hausärzte-Stand" boten niedergelassene Allgemeinärzte Information und Beratung an. Auch die teilnehmenden Kliniken, die Knappschaft, der Diabetikerbund – Landesverband Hessen, die Diabetiker-Selbsthilfegruppe Bad Hersfeld, die HAGE, die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Sektion Hessen, der Pflegestützpunkt Landkreis Hersfeld-Rotenburg, der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club Hessen e.V. sowie die Pharmafirmen Braun Melsungen und Sanofi waren mit Informationsständen vertreten. Musikalisches Highlight der Veranstaltung war der Auftritt des Saxophon-Quartetts der Musikschule des Landkreises Hersfeld-Rotenburg. Für zündende kabarettistische und musikalische Einlagen sorgte das Gießener Mediziner-Kabarett "elephant toilet". Den Gewinnern des Gewinnspiels winkten ein Fahrrad, ein Kochkurs bei der Volkshochschule des Landkreises Hersfeld-Rotenburg und eine von der Knappschaft zur Verfügung gestellte Pulsuhr. Evaluiert wird die Veranstaltung von der HAGE.
Das Modellprojekt im Landreis Hersfeld-Rotenburg soll nicht mit dem Präventionstag enden. "Das Engagement aller Beteiligten hat uns begeistert", betonte Kaiser. Die Landesärztekammer wolle das Projekt künftig auch Firmen und Verwaltungen anbieten. In Zusammenarbeit mit Kliniken und niedergelassenen Ärzten seien außerdem Angebote für fremdsprachige Mitbürger sowie Projekte für Kinder und Jugendliche vorstellbar. Dass dies gelingen wird, davon zeigte sich auch Dr. Catharina Maulbecker-Armstrong, Hessisches Sozialministerium, auf der Pressekonferenz überzeugt: "Es ist der Landesärztekammer Hessen gelungen, im Rahmen des Projektes alle für die Diabetesprävention relevanten Partner zu gewinnen, um dadurch einen integralen Präventionsansatz zu ermöglichen. Solche Präventionsansätze, die die Landesregierung aktiv unterstützt, bewirken Kosteneinsparungen, aber vor allem auch eine längere Lebenszeit verbunden mit einer höheren Lebensqualität der Betroffenen, eine Erwartung die das Projekt "Fit und gesund älter werden" sicher gleichermaßen erfüllen wird".