Bessere Zusammenarbeit zum Wohl sterbender Patienten notwendig
6. Fachtagung "Palliative Versorgung und hospizliche Begleitung in Hessen" am 29. Februar 2012 in Bad Nauheim
Die Versorgung und Begleitung schwerstkranker Menschen stellt für alle Beteiligten eine besondere Herausforderung dar. Neben der Kenntnis der Bedürfnisse der betroffenen Patienten und ihrer Angehörigen ist eine enge multiprofessionelle Vernetzung und Zusammenarbeit auf den verschiedensten Ebenen notwendig. Und dies sowohl in städtischen als auch in ländlichen Regionen.
"Palliativmedizin und Hospizbewegung haben in den vergangenen Jahren große Fortschritte bei der Betreuung schwerkranker und sterbender Menschen gemacht. Wichtig ist eine noch bessere Vernetzung aller Beteiligten in der Hospiz- und Palliativarbeit. Nur durch das gezielte Zusammenwirken aller Professionen und Dienste kann es gelingen, palliative Versorgung und hospizliche Begleitung möglichst großen Teilen der Bevölkerung anzubieten. Wenn sie sich ergänzen, kann eine optimale Betreuung sichergestellt werden", betonte die Staatssekretärin im Hessischen Sozialministerium, Petra Müller-Klepper. "Es geht darum, neue Brücken in weitere Versorgungsbereiche zu bauen. Wir sind hier in Hessen auf einem guten Weg. Flächendeckend sind Versorgungs- und Hilfsangebote aufgebaut worden. Landesweit existieren 112 ambulante Hospiz-Initiativen, davon 7 ambulante Kinderhospizdienste sowie 13 stationäre Hospize, hiervon 1 Kinderhospiz. Mit den derzeit 22 Palliative Care Teams sind hessenweit neue Chancen für den Ausbau und die Verbesserung der ambulanten Versorgung für schwerstkranke und sterbende Menschen eröffnet worden." Ihr besonderer Dank gelte den ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Hospiz- und Palliativarbeit für ihr großartiges und segensreiches Wirken, so die Staatssekretärin.
"Der Patient mit seinen Bedürfnissen und Therapiewünschen muss unbedingt im Mittelpunkt stehen. Dazu bedarf es einer sehr guten Koordination der beteiligten Berufsgruppen und Ehrenamtlichen. Hier besteht noch Verbesserungspotential", erklärte Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach, Präsident der Landesärztekammer Hessen, zum Auftakt der 6. Fachtagung "Palliative Versorgung und hospizliche Begleitung in Hessen" unter der Schirmherrschaft des Hessischen Sozialministeriums, die heute im Fortbildungszentrum der Landesärztekammer Hessen in Bad Nauheim stattfand. Auf dem Weg, der ihnen bleibe, dürften Palliativpatienten keine Therapiekonzepte "übergestülpt" werden, fügte von Knoblauch zu Hatzbach hinzu. "Vielmehr müssen die Patienten und ihre Angehörigen nach vorheriger Aufklärung die gewünschte Form der Betreuung selbst wählen können."
Erfahrungen und Schwierigkeiten bei der Versorgung von Palliativpatienten im Spannungsfeld zwischen Krankenhaus, ambulanter Versorgung und hospizlicher Begleitung standen im Mittelpunkt der gemeinsam von Landesärztekammer Hessen, Hospiz- und PalliativVerband Hessen e. V. und HAGE e. V., Arbeitsbereich KASA – Koordinations- und Ansprechstelle für Dienste der Sterbebegleitung und Angehörigenbetreuung veranstalteten Fachtagung, die sich an Ärzte, Angehörige von Pflegeberufen, Medizinische Fachangestellte, Seelsorger, ehrenamtliche hospizliche Begleiter, hauptamtliche Hospizmitarbeiter, Mitarbeiter von sozialen Einrichtungen, Vertreter von Krankenkassen, Verantwortliche und Entscheidungsträger aus Politik, Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Angehörige richtete.
Obwohl sich Hessen hinsichtlich der palliativmedizinischen Versorgung vergleichsweise in einer komfortablen Situation befindet, bestehen noch immer große Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Regionen. Das machte die Fachtagung einmal mehr deutlich. So bieten zwar die meisten Kommunen eine funktionsfähige, differenzierte Versorgungsstruktur für Palliativpatienten. Anders sieht es in vielen ländlichen Regionen aus, wo für Patienten, Angehörige und Ärzte kein wohnortnaher Ansprechpartner vorhanden oder bekannt ist. Daher unterstrichen die Tagungsteilnehmer die besondere Rolle des Hausarztes. Wichtig sei, dass nach Beendigung der fachärztlichen Therapie der Hausarzt als "Lotse" den Patienten auf seinem letzten Weg begleite, hieß es in Bad Nauheim. Ziel müsse es sein, auch in bisher unterversorgten ländlichen Gebieten eine gute palliative Versorgungsstruktur zu schaffen.
Dass die unverzichtbare ärztliche Versorgung von Palliativpatienten zwingend um weitere Versorgungsaspekte ergänzt werden muss, wurde auf der Fachtagung ebenfalls hervorgehoben: "Erst die qualifizierte pflegerische Versorgung sowie die Seelsorge und die spirituelle Betreuung von Palliativpatienten, aber auch deren Angehörigen vermögen ein Angebot zu schaffen, das den Bedürfnissen der uns anvertrauten und vertrauenden, kranken Menschen gerecht werden kann. All diese Berufsgruppen müssen sich permanent eng abstimmen, um eine stimmige Versorgung zu gewährleisten," sagte von Knoblauch zu Hatzbach. Dass dieser Anspruch für sich genommen schon hoch sei, zeige sich in der Tatsache, dass die Absprache nicht nur zwischen den beteiligten Berufsgruppen, sondern auch zwischen den Sektoren, d. h. zwischen ambulanter und stationärer Versorgung, getroffen werden müsse. Zusätzlich müssten jedoch auch die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, insbesondere in der hospizlichen Begleitung, als gleichberechtigte Partner in die Versorgungsnetze eingebunden werden.
"Dass unsere steten Bemühungen für die Versorgung von Palliativpatienten sich lohnen, zeigen übrigens die jüngsten Reformüberlegungen in Berlin, nach denen es künftig in der ambulanten Palliativversorgung erlaubt sein soll, Patienten dringend notwendige Schmerzmittel in bestimmten Situationen – wie z. B. bei akuter Verschlechterung am Wochenende – zu überlassen", resümierte von Knoblauch zu Hatzbach.