Die Covid-19-Pandemie hat eindrucksvoll verdeutlicht, wie essenziell eine umfassende Vorbereitung auf Krisensituationen ist. Sie zeigte auch die Notwendigkeit, während einer Krise über ausreichend Ressourcen und Expertisen zu verfügen, um angemessen reagieren zu können.

Unmittelbar nach der Coronakrise folgte nahtlos die Ukrainekrise, die zu möglicher Energieknappheit und einer verstärkten Zuwanderung von Geflüchteten aus der Region führte. Mittlerweile bereiten sich zahlreiche Kommunen intensiv auf die Auswirkungen der Klimakrise vor, und es ist derzeit nicht absehbar, wie sich die globale Sicherheitsarchitektur, d.h. die Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten oder auch die Auswirkungen der US-amerikanischen Präsidentenwahl, weiterentwickeln werden. Diese Unsicherheit könnte zukünftig zu weiteren massiven Migrationsbewegungen, extremen Wetterereignissen oder neuen pandemischen Bedrohungen führen, die Krisenvorbereitungen bzw. Krisenmanagement, notwendig machen.

Ein zentraler Aspekt von Krisen ist die Überforderung bestehender Systeme. Krisenmanagement heißt, die dann entstandene Situation bestmöglich zu bewältigen, stets mit der Intention des Schutzes der Gesundheit und des Lebens der Bevölkerung. Dies stellt damit eine der wichtigen Aufgaben der Gesundheitsämter dar. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Gesundheitsbehörden auf kommunaler Ebene über geeignete Strukturen und Prozesse zur Krisenvorbereitung verfügen.

Dabei wäre es sinnvoll, Kompetenzen zu bündeln, damit nicht einzelne Gesundheitsämter eigene Strukturen vorhalten müssen. Es könnten zentrale Kompetenzzentren etabliert werden, die für Kommunen in der operativen Krisenvorbereitung und -bewältigung übergreifend unterstützend tätig sind.

Stabsstelle Krisenmanagement

Im Gesundheitsamt Frankfurt am Main sind zentrale Bereiche, die sich mit Krisenvorbereitung für Notfallsituationen befassen, in einer Stabsstelle Krisenmanagement zusammengefasst. Diese Stabstelle umfasst die Funktionen der

  • Ärztlichen Leitung Rettungsdienst, der
  • medizinischen Gefahrenabwehr, deren Hauptaufgabengebiet die Krankenhaus-Einsatzplanung ist sowie der
  • Koordination der psychosozialen Notfallversorgung. Ziel dieser Organisation ist es, durch gezielte Zusammenarbeit ausreichende personelle Kapazitäten und Kompetenzen zu entwickeln, um in Kri-sensituationen effektiv handeln zu können.

Zu den Aufgaben der Ärztlichen Leitung Rettungsdienst gehört u. a. die fachliche Beratung und Unterstützung der Rettungsdienstträger und Einsatzleitungen in medizinischen Fragen sowie auch die strukturierte Nachverfolgung und Auswertung von Einsätzen in Bezug auf Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität des Rettungsdienstes. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das medizinische Qualitäts- und Beschwerdemanagement sowie die aktive Mitarbeit in verschiedenen Gremien, mit entsprechender Regelungskompetenz im eigenen Rettungsdienstbereich.

Die Stabsstelle für Krisenmanagement übernimmt vorbereitende Aufgaben der medizinischen Gefahrenabwehr, wie die Koordination und Sicherstellung der Zusammenarbeit zwischen den Krankenhäusern in Frankfurt am Main. Dazu gehört die Beratung bei der Erstellung, Prüfung, Koordination und Genehmigung von erstellten Krankenhausalarmplänen für besondere Gefahrenlagen, inklusive Durchführung realer Übungen mit einer Vielzahl Betroffener oder Verletzter an den einzelnen Klinikstandorten. Darüber hinaus koordiniert die Stabsstelle federführend für alle Bereiche im Gesundheitsamt die Zusammenarbeit mit den anderen Bereichen der Verwaltung der Stadt Frankfurt am Main sowohl in der zivilen als auch in der zivil-militärischen Zusammenarbeit im Kontext des medizinischen Bevölkerungsschutzes.

Der Bereich der psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) konzentriert sich hauptsächlich auf Beratung und Schulungen gemäß dem PSNV Konzept der Stadt Frankfurt am Main sowie die Koordination oder Selbstdurchführung der Bevölkerung und anderer betroffener Personen in Krisensituationen.

Bereichsübergreifende Zusammenarbeit

Innerhalb des Gesundheitsamtes arbeitet die Stabsstelle für Krisenmanagement eng mit der Amtsleitung und bereichsübergreifend mit allen Fachabteilungen des Gesundheitsamtes zusammen, um deren spezifische Fachexpertise in Krisensituationen optimal nutzen zu können, bzw. die einzelnen Bereiche in ihrer eigenen Aufgabenbewältigung in Krisensituationen taktisch und logistisch zu unterstützen. Besonders hervorzuheben ist dabei die bedeutende Rolle des Gesundheitsamtes Frankfurt am Main im Kontext der internationalen Gesundheitsvorschriften, die sich aus der Lage des Flughafens Frankfurt am Main (FRA) als wichtiger Verkehrsknotenpunkt und größter Flughafen in Deutschland ergibt. Hierbei ist insbesondere der Bereich grenzüberschreitender biologischer Gefahren von zentraler Bedeutung, welcher innerhalb des Gesundheitsamtes in der Abteilung Infektiologie verankert ist. In der Abteilung Infektiologie ist auch das Kompetenzzentrum für hochpathogene Infektionserreger (KHPI), das für drei Bundesländer zuständig ist, angesiedelt und zudem eng durch die räumlich unmittelbare Nähe mit der Stabsstelle Krisenmanagement verbunden.

Doch in einer Krisensituation ist nicht nur die interne Kommunikation innerhalb eines Führungsstabes oder der Stadtverwaltung unerlässlich, sondern auch die gezielte und umfassende Kommunikation mit der Bevölkerung, insbesondere heute durch die Nutzung sozialer Medien. Aus diesem Grund wurde im Frankfurter Gesundheitsamt in den vergangenen Jahren ein Kommunikationsbereich etabliert, der diese Aufgaben bündelt und eine breite Expertise in der Nutzung sozialer Medien, in der Erstellung von Videoinhalten und im Umgang mit Pressevertretern hat.

Schlussfolgerung

Die Einrichtung einer Stabsstelle für Krisenmanagement stellt einen bedeutenden Fortschritt für das Gesundheitsamt Frankfurt am Main dar. Durch die Förderung einer Kultur der Vorbereitung und Zusammenarbeit ist das Frankfurter Gesundheitsamt besser darauf vorbereitet, die Gesundheit der Bevölkerung in zukünftigen Krisensituationen wirksam zu schützen.

Die Stabsstelle ermöglicht eine proaktive Planung und eine rasche Mobilisierung aller notwendigen Maßnahmen, was entscheidend ist, um auf unvorhersehbare Ereignisse wie Pandemien, Naturkatastrophen oder andere Notlagen, die eine mittel- oder unmittelbare Auswirkung auf die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung haben könnten, adäquat reagieren zu können. Die verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen sowie die enge Kooperation mit externen Partnern und kommunalen Einrichtungen tragen dazu bei, die Resilienz des Gesundheitssystems in Frankfurt am Main langfristig zu erhöhen.

Die Organisationseinheit trägt dazu bei, die Reaktionsfähigkeit des Gesundheitsamtes in Notfällen zu stärken, indem sie den Einsatz von Ressourcen optimiert, klare Kommunikationswege etabliert und die Expertise verschiedener Fachbereiche bündelt.

PD Dr. med. habil. Peter Tinnemann, Leiter Gesundheitsamt Frankfurt am Main

Fallbeispiel EM 2024

Ein konkretes Beispiel für eine wirkungsvolle, durch die Stabstelle Krisenmanagement koordinierte Zusammenarbeit war die Vorbereitung der Stadt Frankfurt am Main als „Host City“ auf die Fußball-Europameisterschaft 2024:

Für den Bereich der Medizinischen Gefahrenabwehr während der EM 2024 stellte die Stabstelle den „Single Point of Contact“ für stadtinterne und externe Schnittstellenpartner dar.

Hier erfolgte die Bündelung und Koordinierung der einzelnen Expertisen in den Fachabteilungen im Gesundheitsamt für die stadtweite Gefahrenabwehrplanung in den Zuständigkeitsbereichen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes als „Input“. Dazu wurden Beratungsleistungen gegenüber anderen Ämtern (zum Beispiel Handlungsempfehlungen beim Einsatz von Antidoten im Falle eines Chemie-Anschlags) innerhalb der Stadtverwaltung und externer Schnittstellenpartner (zum Beispiel Umgang mit länger anhaltender Hitze) als „Output“ erbracht.