Dr. med. Thomas Gaertner, Dr. med. Andreas Mappes, Dr. med. Moritz Rau, Dr. med. Ulfert Grimm, Dr. med. Annette Hoffmann-Götz, Dr. med. Patrick Schunda
Als Bestandteil der vertragsärztlichen Behandlung ermöglicht die außerklinische Intensivpflege (AKI), schwerstkranke Patientinnen und Patienten ambulant zu versorgen, mittlerweile deutschlandweit bis zu 20.000 [1]. Je nach Schweregrad der zugrunde liegenden Erkrankung sind die oft multimorbiden Menschen durch die AKI zu einem selbstbestimmteren Leben fähig. Indizierte behandlungspflegerische Maßnahmen im Rahmen der AKI können an geeignete Pflegefachkräfte delegiert werden.
Essenziell sind aber, nicht zuletzt um Fehlversorgung zu vermeiden, die vertragsärztliche Verordnung sowie eine sachgerechte pflegefachliche Durchführung lege artis. Im Jahr 2023 traten die neugefassten sozialrechtlichen Regelungen zur AKI als besondere Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Kraft (siehe Kasten 1).
Kasten 1: Auszug aus § 37c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)
Ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege liegt vor, wenn die ständige Anwesenheit einer geeigneten Pflegefachkraft zur individuellen Kontrolle und Einsatzbereitschaft oder ein vergleichbar intensiver Einsatz einer Pflegefachkraft erforderlich ist. Der Anspruch auf außerklinische Intensivpflege umfasst die medizinische Behandlungspflege, die zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist.
Wesentliche Regelungen
Das vertragsärztliche Verfahren der AKI einschließlich der Maßgaben zur Verordnung sowie zur Sicherung der ärztlichen und pflegerischen Versorgungskontinuität und -koordination wurde in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über die Verordnung von außerklinischer Intensivpflege (Außerklinische Intensivpflege-Richtlinie/AKI-RL) dezidiert geregelt [2]. Dort sind neben allgemeinen Therapiezielen der Patienten- und Versorgungssicherheit sowie der Lebensqualität nach Maßgabe des individuellen Bedarfs auch die AKI-spezifischen Ziele benannt (siehe Kasten 2). Weitere Regelungen betreffen die Überleitung aus der stationären Versorgung (Entlassmanagement) und die interprofessionelle Zusammenarbeit.
Kasten 2: Spezifische Therapieziele der AKI
- Sicherstellung von Vitalfunktionen
- Vermeidung von lebensbedrohlichen Komplikationen
- Verbesserung von Funktionsbeeinträchtigungen
- Hinführung zur Entwöhnung von der Beatmung („Weaning“) oder zur Dekanülierung
Versicherte können – ihren „berechtigten Wünschen“ entsprechend – eine verordnete AKI an bestimmten Leistungsorten erhalten. Als Leistungsorte kommen in Betracht: vollstationäre Pflegeeinrichtungen, spezielle Wohneinheiten bzw. Wohngemeinschaften, der eigene Haushalt sowie der Kreis der Familie oder sonstige „geeignete Orte“, insbesondere betreute Wohnformen, Schulen, Kindergärten und Werkstätten für behinderte Menschen.
Verordnung & Genehmigung
Die Verordnung der AKI hat durch dazu besonders qualifizierte Vertragsärztinnen oder Vertragsärzte mittels entsprechender Formulare (siehe Kasten 3) zu erfolgen. Die diesbezüglichen dezidierten und umfänglichen Qualifikationsanforderungen
- für weder beatmungspflichtige noch trachealkanülierte Versicherte,
- für beatmete und/oder trachealkanülierte Versicherte sowie
- für die Potenzialerhebung (siehe unten) sind der AKI-RL in ihrer aktuellen Fassung zu entnehmen. Jegliche AKI-Verordnungsbefugnis bedarf der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung (KV).
Kasten 3: Die AKI setzt eine ärztliche Verordnung mit folgenden Formularen voraus
- Muster 62A: Ergebnis der Potenzialerhebung
- Muster 62B: Verordnung außerklinischer Intensivpflege
- Muster 62C: Behandlungsplan
Möglichkeiten der Therapieoptimierung
Bei beatmeten und/oder tracheotomierten Patienten sind mit jeder Verordnung das Potenzial zur Reduzierung der Beatmungszeit bis hin zur vollständigen Beatmungsentwöhnung und Dekanülierung sowie die zu deren Umsetzung notwendigen Maßnahmen zu erheben, zu dokumentieren und auf deren Umsetzung hinzuwirken. Die Bestimmungen zu dieser sogenannten Potenzialerhebung bezwecken die Reduzierung der Beatmungszeit bis hin zur vollständigen Beatmungsentwöhnung („Weaning“) bzw. die Entfernung einer Trachealkanüle („Dekanülierung“) und die Möglichkeiten der Therapieoptimierung. Das Therapieziel ist – im Bedarfsfall unter Einbeziehung palliativmedizinischer Fachkompetenz – mit dem Versicherten zu erörtern und individuell festzustellen.
Rahmenempfehlungen
Die Richtlinie des G-BA wird operationalisiert durch Rahmenempfehlungen über die einheitliche und flächendeckende Versorgung einschließlich der aufgabenspezifischen Qualifikation der verantwortlichen Pflegefachpersonen sowie der Vertragsgestaltung mit qualitätsgeprüften Leistungserbringern [3]. Die zwischen dem GKV-Spitzenverband sowie den maßgeblichen Leistungserbringerorganisationen auf Bundesebene vereinbarten Rahmenempfehlungen traten zum 01.07.2023 in Kraft.
Rolle des Medizinischen Dienstes
Der Richtlinie des G-BA zufolge hat die Krankenkasse den Medizinischen Dienst (MD) im Rahmen des sozialgesetzlich geregelten Genehmigungsverfahrens mit der Prüfung der Leistungsvoraussetzungen der AKI zu beauftragen. Die Krankenkasse hat die Vertragsärztin/den Vertragsarzt und die Versicherten über die Gründe einer nicht oder nicht in vollem Umfang zu genehmigenden Leistung zu informieren. Beurteilungsgrundlage hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen bildet die „Begutachtungsanleitung Außerklinische Intensivpflege“ als Richtlinie des MD Bund, genehmigt vom Bundesministerium für Gesundheit [4].
Die Prüfung der AKI-Leistungsvoraussetzungen durch den MD am Leistungsort erfolgt einmal jährlich als persönliche Begutachtung. Hierbei wird immer auch eine Beurteilung der Sicherstellung der medizinischen und pflegerischen Versorgung vorgenommen. Falls Hinweise auf erhebliche Abweichungen von den Leistungsvoraussetzungen vorliegen, kann im Einzelfall zusätzlich eine unterjährige Vor-Ort-Begutachtung notwendig werden, weitere „Aktenlage“-Gutachten können von der Krankenkasse zusätzlich angefordert werden. Bei Anzeichen einer nicht sichergestellten Pflege können seitens der Kranken- bzw. Pflegekasse zusätzlich anlassbezogene Qualitätsprüfungen beauftragt werden.
Das sozialmedizinische Gutachten
Die sozialmedizinische Beurteilung seitens des MD wird grundsätzlich von einem ärztlichen Gutachter oder einer ärztlichen Gutachterin erstellt (siehe Kasten 4), auch wenn zusätzlich eine Pflegefachkraft eingesetzt wird. Bei beatmeten und/oder trachealkanülierten Versicherten werden gutachterlicherseits Fachärztinnen und Fachärzte eingesetzt, die über diesbezügliche Kompetenzen verfügen. In besonders gelagerten Einzelfällen kann es sinnvoll sein, weitere Fachärztinnen und Fachärzte mit speziellen Qualifikationen beratend hinzuzuziehen. Bei Fragen zur Sicherstellung der pflegerischen Versorgung am Leistungsort kann es zweckmäßig sein, Pflegefachkräfte mit Kompetenzen in der Versorgung von beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten zu beteiligen.
Kasten 4: Begutachtungsrelevante Unterlagen bzw. Informationen
- Vertragsärztliche Verordnung (Muster 62B, 62C)
- Qualifizierter fachärztlicher Befund zur Potenzialerhebung (Muster 62A)
- Entlassmanagement: Überleitungsbogen/vorläufiger Entlassbrief der Klinik
- Arzt-/Befundberichte zur aktuellen Erkrankung
- Berichte zur Physio-, Logo- bzw. Ergotherapie
- Berichte der Spezialambulanzen und Sozialpädiatrischen Zentren
- Pflegerische Dokumentationen/Protokolle der vergangenen vier Wochen anlässlich der Vitalfunktionsbeobachtung, Beatmungs-, Absaug- und Krampfereignisse
- Bedarfsmedikation (Medikamentenplan)
- Leistungsauszüge der Krankenkasse
Das sozialmedizinische Gutachten des MD dokumentiert den ermittelten Sachverhalt inklusive der bestehenden Funktionseinschränkungen im Sinne der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF), z. B. auch mit Beurteilung wesentlicher Aspekte zu Therapieoptimierung, Beatmungsentwöhnung oder Dekanülierungspotenzial. Neben der erläuterten sozialmedizinischen Beurteilung der AKI-Voraussetzungen als „erfüllt“, „nicht erfüllt“ bzw. „eingeschränkt oder teilweise erfüllt“ enthält das MD-Gutachten auch sozialmedizinische Empfehlungen und verordnungsrelevante Hinweise.
Die AKI-Gutachten des MD Hessen – nach bundeseinheitlich verbindlichen Kriterien qualitätsgesichert – werden fortlaufend im Sinne einer anonymisierten Sekundärdatenanalyse intern evaluiert. Hervorzuheben ist der hohe Anteil an tracheotomierten Patientinnen und Patienten, wovon knapp 40 % zusätzlich durchgängig oder intermittierend invasiv beatmet wurden (siehe Tabellen). Bei rund 50 % war die Potenzialerhebung noch ausstehend, sollte aber nach einer (aktuell erneut verlängerten) gesetzlichen Übergangsregelung bis zum 30.06.2025 durchgeführt werden. Lediglich in rund 9 % aller Fälle konnte die sozialmedizinische Notwendigkeit einer AKI nicht nachvollzogen werden (Detailergebnisse insgesamt siehe Tabellen 1 und 2).
Verteilung (Alter/Geschlecht) | |||
Patienten: | 0–97 Jahre alt | < 18 Jahre alt | ≥ 18 Jahre alt |
gesamt | 1.157 | 268 (23 %) | 889 (77 %) |
männlich | 683 (59 %) | 144 (54 %) | 539 (61 %) |
weiblich | 474 (41 %) | 124 (46 %) | 350 (39 %) |
Alter (Medianwert) | 57 Jahre | 8 Jahre | 64 Jahre |
Versorgungsort | |||
Häuslichkeit | Pflegeheim | Wohngemeinschaft | KiTa/Schule/Werkstatt |
658 (57 %) | 272 (24 %) | 163 (14 %) | 64 (5 %) |
Patienten mit Tracheostoma | Patienten ohne Tracheostoma | ||
845 (73 %) | 312 (27 %) | ||
mit Beatmung | ohne Beatmung | mit NIV Atemunterstützung | ohne Atemunterstützung |
308 (36 %) | 537 (64 %) | 108 (35 %) | 204 (65 %) |
Potenzialerhebung (erforderlich bei Tracheostoma und/oder Beatmung) | |||
Erhebung bereits durchgeführt (gesamt) | davon Potenzial (perspektivisch) positiv | ||
455 (54 %) | 92 (20 %) |
Tab. 1: Häufigkeitsverteilungen der Vor-Ort-Begutachtungen des Medizinischen Dienstes Hessen anlässlich der Verordnung von außerklinischer Intensivpflege (AKI) [31.10.2023–01.11.2024]
Begutachtungsergebnisse | ||
AKI Anspruch teilweise/ vollständig nachvollzogen | AKI Anspruch nicht nachvollzogen | andere Antwort |
1.000 (87 %) | 102 (9 %) | 55 (4 %) |
Tab. 2: Sozialmedizinische Ergebnisse der Vor-Ort-Begutachtungen des Medizinischen Dienstes Hessen anlässlich der Verordnung von außerklinischer Intensivpflege [31.10.2023–01.11.2024]
Herausforderungen der Besuche im privaten Umfeld
Zum Wohle der Patientinnen und Patienten (und im Sinne der Solidargemeinschaft aller gesetzlich Versicherten) ist zukünftig ein besonderes Augenmerk auf die gesetzeskonforme Verordnung von AKI sowie eine sachgerechte Potenzialerhebung (inklusive aussagekräftiger Diagnostik) zu richten [5]. Angesichts der mit Stand 27.01.2025 bereits von der KV Hessen autorisierten AKI-Verordner (derzeit ca. 200 Vertragsärztinnen und -ärzte) und AKI-Potenzialerhebergruppe (derzeit 35) sollte eine gesetzeskonforme Umsetzung realisierbar sein.
Die persönliche Inaugenscheinnahme vor Ort stellt kontextabhängig für die betroffenen Patientinnen und Patienten oft eine ganz besondere Herausforderung dar. Die für alle daran Beteiligten als möglicherweise indiskret anmutende Begutachtung der Gesamtsituation beruht auf einem vertieften Einblick ins private Umfeld und Versorgungsnetzwerk, welcher jedem der Handelnden eine besondere Sensibilität abverlangt.
Auch seitens der Gutachterinnen und Gutachter wird die Begutachtungssituation aufgrund des Miterlebens extremen persönlichen Leides und der Konfrontation mit vielfach bedrückenden Umständen nicht selten als außerordentliche emotionale Belastung empfunden. Unter anderem deshalb organisiert der Medizinische Dienst Hessen eine AKI-Begutachtung im Regelfall im Zweierteam mit Ärztin/Arzt und Pflegefachkraft.
Dr. med. Thomas Gaertner1,Dr. med. Andreas Mappes2, Dr. med. Moritz Rau2, Dr. med. Ulfert Grimm2, Dr. med. Annette Hoffmann-Götz3, Dr. med. Patrick Schunda4
1 Stabsstelle Sozialmedizinisches Wissens- und Qualitätsmanagement
2 Geschäftsbereich Ambulante Versorgung, Team Intensiv- und Palliativversorgung
3 Leiterin des Geschäftsbereichs Ambulante Versorgung
4 Leitender Arzt
Medizinischer Dienst Hessen, Zimmersmühlenweg 23 | 61440 Oberursel, Kontakt: t.gaertner@md-hessen.de
Fallbeispiel: Der AKI-Patient – ein typisches Begutachtungsszenario
Ein heute 78-jähriger Patient erlitt in kurzen Abständen mehrere Hirninfarkte mit ausgeprägten neurologischen Folgeerscheinungen. Nach akutstationärer Behandlung in der Stroke Unit und längerer Behandlung in der neurologischen Rehabilitation (Frührehabilitation/Phase B) wird wegen fortbestehender schwerwiegender körperlicher Einschränkungen eine Versorgung mit häuslicher Krankenpflege durch einen Intensivpflegedienst im Wohnumfeld des Versicherten etabliert.
Von der Krankenkasse wird der Medizinischen Dienst (MD) zu Begutachtung anlässlich der außerklinischen Intensivpflege (AKI) im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften (siehe Kästen 1 & 2) beauftragt. Es liegen vor: die regelrechte vertragsärztliche Verordnung und ein aktuell ordnungsgemäß erhobenes Beatmungs- und Dekanülierungspotenzial (siehe Kasten 3), aussagekräftige Arzt- und Krankenhausberichte der vergangenen drei Jahre sowie eine Pflegedokumentation des vergangenen Monats (siehe Kasten 4).
Erfolgreiches Weaning
Der Versicherte ist bei bestehender Tetraparese immobil, kognitiv deutlich eingeschränkt bei nahezu aufgehobener Kommunikationsfähigkeit. Er kann jedoch bei einfachen Sachverhalten Zustimmung oder Ablehnung nonverbal mitteilen. Im Rahmen des akutstationären Aufenthaltes war er wegen zu erwartender, längerfristiger invasiver Beatmungspflichtigkeit und einer neurogenen Dysphagie tracheotomiert worden. Deswegen ist er trotz eines erfolgreichen Weanings von der Beatmung weiterhin tracheotomiert. Bei überwiegend geblockter Trachealkanüle und Versorgung mittels HME-Filter (Heat and Moisture Exchanger – „Feuchte Nase“) wird der Patient täglich endotracheal und subglottisch abgesaugt (unregelmäßig, unvorhersehbar, durchschnittlich 15x/24 h). Mehrmals täglich wird im Rahmen des Sekretmanagements inhaliert, zudem ist intermittierend zusätzlich eine Sauerstoffinsufflation von bis zu 2 l/min erforderlich. Sauerstoffsättigung sowie Herzfrequenz werden durchgehend und zusätzliche Vitalparameter in regelmäßigen Abständen erfasst.
Die Ernährung erfolgt ausschließlich enteral via PEG-Sonde unter Beachtung der Mundpflege. An Hilfsmitteln sind vorhanden: Notfallequipment (Notfalltrachealkanüle, Trachealspreizer, Beatmungsbeutel mit Maske, Ersatzabsauggerät, Sauerstoffflasche als Ersatz), Patientenlifter, Therapierollstuhl, Pflegebett, Inkontinenzmaterial, Utensilien für die enterale Ernährung.
Nach Aussage der anwesenden Pflegefachperson werde der Versicherte täglich in den Rollstuhl mobilisiert. Dies toleriere er durchgehend bis zu drei Stunden. Im Rahmen der Mobilisierung erfolge auch eine kurzzeitige Entblockung der Trachealkanüle, neuerdings der Einsatz eines Sprechventils. Durch einen qualifizierten Facharzt wird zum aktuellen Zeitpunkt kein Dekanülierungspotenzial, jedoch perspektivisch ein solches bescheinigt (Muster 62A). Weitere Untersuchungsergebnisse in Bezug auf eine Schluckdiagnostik, wie z. B. eine flexible endoskopische Untersuchung des Schluckakts (FEES) etc. liegen nicht vor.
Aufgaben und Empfehlungen der MD-Gutachter
Die Frage der Krankenkasse zur Notwendigkeit einer Versorgung mit AKI und deren häuslichen Sicherstellung wird gutachterlich bejaht. In Ergänzung zu den vorliegenden begutachtungsrelevanten aussagekräftigen Unterlagen ist bei der gutachterlichen Befunderhebung ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege mit der Erforderlichkeit der ständigen Anwesenheit einer geeigneten Pflegefachperson zur individuellen Kontrolle und Einsatzbereitschaft festzustellen (siehe Kasten 1).
Weiterhin ist nachvollziehbar, dass jederzeit lebensbedrohliche Situationen – etwa durch eine Verlegung der Trachealkanüle – auftreten können, die eine sofortige Intervention durch eine anwesende Intensivpflegefachperson erfordern. Der Versicherte ist aufgrund seiner schwerwiegenden körperlichen und kognitiven Einschränkungen nicht in der Lage, sich im Notfall selbstständig zu helfen oder eine Rettungskette auszulösen.
Die räumliche Situation im häuslichen Umfeld, die Ausstattung mit Hilfsmitteln und Medikamenten sowie die Sicherstellung der medizinischen und pflegerischen Versorgung werden als angemessen beurteilt.
Bei möglichem Dekanülierungspotenzial wird die Etablierung einer Heilmitteltherapie, insbesondere Logopädie sowie eine eingehende Schluckdiagnostik, gegebenenfalls in einer dafür spezialisierten Einrichtung, empfohlen.
Dr. med. Moritz Rau
Die Literaturhinweise finden Sie hier.
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