Im Gespräch mit der Hausärztin Dr. med. Maria Haas-Weber, Gründerin und Vorsitzende des Fördervereins für Palliative Patienten-Hilfe Hanau e. V., Volker Klug, Projektleiter, Schriftführer und Vorstandsmitglied des Vereins, und Silvia Fuß, Leiterin des Expertenteams Palliative Pflege (EPP).

Wie hat alles angefangen? Wann haben Sie den Verein gegründet?

Dr. med. Maria Haas-Weber: Seit 40 Jahren bin ich als Fachärztin für Allgemeinmedizin niedergelassen und sehe als Haus- und Palliativärztin große Not in den stationären Pflegeeinrichtungen. Diese resultiert vor allem aus der von mir erlebten suboptimalen Schmerz- und Symptomkontrolle am Ende des Lebens. Das ist der Grund, warum wir den Förderverein für Palliative Patienten-Hilfe Hanau, dem ich seit seiner Gründung vorsitze, vor über 20 Jahren ins Leben gerufen haben.

Worin liegen die Probleme der stationären Pflegeeinrichtungen?

Haas-Weber: Die meisten Menschen haben den Wunsch, zu Hause in vertrauter Umgebung zu sterben. Doch die Realität sieht anders aus: Tatsächlich verbringen 80 % von ihnen ihre Lebensendphase in stationären Einrichtungen, davon 30 % in Pflegeheimen und 50 % in Krankenhäusern. Wie die Sterberaten zeigen, versterben bereits 20 % der multimorbiden und schwerstkranken alten und hochaltrigen Menschen in den ersten drei Monaten nach Verlegung in eine stationäre Pflegeeinrichtung oder ein Krankenhaus. Nach sechs Monaten sind es schon annähernd 30 %. Der palliative Gedanke spielt in der Versorgung derzeit nur eine untergeordnete Rolle und muss eigentlich im Mittelpunkt stehen.

Dieser Anstieg bedeutet eine enorme Herausforderung für die stationären Einrichtungen. Sowohl was die Zahl der zu Betreuenden als auch was die zeitlichen Kapazitäten und die Qualität der Versorgung anbelangt. Vor vier Jahrzehnten war Krebs die häufigste Todesursache. Inzwischen hat sich das Spektrum der palliativen Versorgung verändert – zu den onkologischen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind zahlreiche andere Krankheiten, vor allem auch Demenz, in der letzten Phase des Lebens hinzugekommen.

Doch viele Schwestern und Pfleger sind oft gar nicht darin ausgebildet, mit demenziellen Patienten umzugehen. Oft reichen auch die Deutschkenntnisse des Pflegepersonals nicht aus, gerade was den Umgang mit Menschen mit Demenz angeht. Generell gibt es zu wenig qualifizierte Pflegekräfte und diese haben kaum Zeit für Betreuung und Begleitung von Menschen in der Lebensendphase.

Wie ist es um die hausärztliche Betreuung in den Heimen bestellt?

Haas-Weber: Leider ist die hausärztliche Betreuung in den Einrichtungen suboptimal. Für viele Hausärztinnen und Hausärzte sind Hausbesuche im Rahmen der ärztlichen Betreuung von Menschen in Pflegeheimen nicht mehr interessant, da sie zeitaufwendig und unterfinanziert sind. So kommen zu dem eigentlichen Hausbesuch noch die Fahrten zu den Pflegeeinrichtungen, was von der Arbeitszeit in der Praxis abgeht und Hausbesuche immer unattraktiver macht. Arztpraxen stehen meist von den 168 Wochenstunden nur 30 bis 35 Stunden zur Verfügung. Es fehlt ein zuverlässiger ärztlicher Hintergrund für die Versorgung von Menschen in der Lebensendphase.

Wohin aber soll sich etwa eine unsichere Pflegekraft wenden, wenn in einer Krisensituation kein Hausarzt zu erreichen ist? Samstags oder sonntags wird der ärztliche Notdienst gerufen, der den schwerstkranken Patienten dann in ein Krankenhaus verlegt. Circa 65 % der Krankenhauseinweisungen aus Altenheimen erfolgen ohne vorherige Kontaktierung der Hausärztin oder des Hausarztes.

Welche Konsequenzen haben Sie aus der Notlage gezogen?

Haas-Weber: Während viele das Wort „Palliativmedizin“ mit Sterben verbinden, assoziiere ich damit Lebensqualität. Jeder Tag soll ein guter Tag sein, auch am Ende des Lebens. Es geht nicht um eine Lebensverlängerung, sondern um diese Lebensqualität jeden Tag.

Angesichts des Pflegenotstandes – ich möchte fast von einer Apokalypse in den stationären Pflegeeinrichtungen sprechen – haben wir uns überlegt, wie wir die Lebensendphase von Menschen verbessern und mit Lebensqualität füllen können. Gelingen kann dies mit einem Team, das sich nur um die schwächsten Bewohner in den Heimen kümmert. Wir haben uns daher ein großes Haus mit annähernd 300 Bewohnern vorgenommen, in dem drei Palliativpflegekräfte die schwächsten von ihnen, nämlich die Menschen am Lebensende, betreuen sollten.

Wie sieht die Lösung aus, die der Verein für die palliative Versorgung in den stationären Einrichtungen erarbeitet hat?

Volker Klug: Wie von Frau Dr. Haas-Weber beschrieben, hat die Situation in den Pflegeheimen zu der Gründung des Fördervereins Palliative Patienten-Hilfe Hanau geführt. Die wenigsten Bewohner werden in den Heimen oder in Krankenhäusern beim Sterben begleitet. In der Regel erfährt die Hausärztin oder der Hausarzt beim morgendlichen Rundgang oder in der Teambesprechung, dass in der Nacht jemand gestorben ist. Aber unter welchen Voraussetzungen das geschehen ist, weiß man nur in den wenigsten Fällen, denn aufgrund der heutigen Personalbelastung setzt sich keine Nachtwache mehr zu einem Sterbenden ans Bett.

Das sind Zustände, wie sie uns unisono von Kolleginnen und Kollegen aus der Pflege berichtet werden. Wir haben daher überlegt, wie wir dieser Problematik begegnen können. Tatsächlich haben wir bereits eine Vielzahl von Projekten wie Palliativ-Oasen oder Hospize gefördert. Aber es handelt sich dabei nur um Insellösungen mit geringen Aufnahmekapazitäten. Ein Hospiz versorgt acht Menschen; in Hanau gibt es jedoch 1.300 Pflegeplätze, so dass der Kapazität eines Hospizes ein großer Bedarf gegenübersteht.

Vor diesem Hintergrund haben wir gesagt, dass die Lösung in Form einer strukturierten Versorgung direkt in den Alten- und Pflegeheimen angesiedelt werden muss. Aber wie? Es gibt natürlich Fachleute für die Palliative Care Versorgung, doch auch sie sind nicht immer da, wenn sie gebraucht werden.

So kam es, dass wir in enger Abstimmung mit Frau Dr. Haas-Weber das Modellprojekt Expertenteam Palliative Pflege (EPP) entwickelt haben, das sich aus drei erfahrenen Pflegekräften zusammensetzt und im Wohnstift in Hanau seine Arbeit aufnahm. Jedes Teammitglied hat eine Palliativ-Care-Ausbildung oder ließ sich darin fortbilden. Von 2018 bis 2020 wurde das von Silvia Fuß geleitete und sich durch verschiedene Alleinstellungsmerkmale auszeichnende Modellprojekt mit fast 300.000 Euro durch den Verein gefördert. Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts übernahm Prof. Wolfgang George aus Gießen.

Seit dem erfolgreichen Abschluss der Modellphase im Wohnstift Hanau ist das Expertenteam Palliative Pflege in allen 14 Einrichtungen der Alten- und Pflegezentren des Main-Kinzig-Kreises mit insgesamt ca. 1.000 Bewohnerinnen und Bewohnern tätig. Von diesen werden rund 10 % von dem Expertenteam betreut.

Frau Fuß, Sie sind seit mehr als 35 Jahren als Pflegefachkraft mit der Ausbildung Palliative Care tätig und leiten das Expertenteam Palliative Pflege. Wie kamen Sie zu der Aufgabe und welche Alleinstellungsmerkmale zeichnen das EPP-Team aus?

Silvia Fuß: Ich habe lange Zeit in einem stationären Hospiz gearbeitet. Damals erreichte mich ein Zeitungsartikel, in dem eine Fachkraft gesucht wurde, die sich für die palliative Versorgung in Pflegeeinrichtungen einsetzt. Mein Herz war direkt berührt und in bin daraufhin mit Frau Dr. Haas-Weber ins Gespräch gekommen. Im Oktober 2018 haben wir den Dienst im Wohnstift in Hanau begonnen. Schon nach kurzer Zeit konnten wir feststellen, dass die Einweisungen sterbender Menschen in Krankenhäuser zurückgegangen waren.

Ich habe Statistiken darüber geführt, wie viele Menschen von uns betreut worden, wie viele in ein Krankenhaus verlegt wurden und wie viele in dem Pflegeheim starben. Tatsächlich musste in dem ersten Dreivierteljahr nur ein Bewohner in eine Klinik verlegt werden; alle anderen Schwerstkranken konnten von uns versorgt in der vertrauten Umgebung, umsorgt von vertrauten Personen des Pflegeheims sterben. Ab 2020 haben wir unsere Arbeit dann auf zunächst 13 Häuser der Alten- und Pflegezentren des Main-Kinzig-Kreises ausgeweitet, ab Frühjahr 2025 werden es insgesamt 14 Häuser sein.

Das Besondere unsere Arbeit: Wir sind unabhängig vom regulären Dienstbetrieb und können uns ausschließlich darauf konzentrieren, schwerstkranke Bewohnerinnen und Bewohner der Pflegeeinrichtungen in ihrer letzten Lebensphase zu begleiten und diese Zeit gemeinsam mit ihnen, ihren Angehörigen und den Pflegekräften zu gestalten. Dabei koordiniert das EPP-Team alle Maßnahmen, die für die Betreuung in der Lebensendphase notwendig sind, stimmt sich mit den behandelnden Ärzten hinsichtlich der Symptome und der zu ergreifenden Maßnahmen ab und ist außerhalb des Stationsdienstes mit fachlichem Rat telefonisch 24 Stunden erreichbar, auch an den Wochenenden.

Die weiteren Alleinstellungsmerkmale sind:

  • Hohe Fachlichkeit des Expertenteams
  • Ausschließende Konzentration auf die palliativ zu versorgenden Menschen
  • Gute Vernetzung mit allen an der Versorgung der Bewohner/Patienten Beteiligten (Ehrenamtshospizdienst, Wohlfahrtsverbände, Diakonie und Seelsorger).

Haas-Weber: Ziel aller vom EPP-Team geplanten und sowohl mit den behandelnden Ärzten als auch dem Pflegeteam engmaschig abgesprochenen Maßnahmen ist, dass niemand unter Ängsten und Schmerzen leiden muss. Die 24-Stunden-Erreichbarkeit für Pflegepersonal und Ärzte, die hohe Empathie und Fachlichkeit und die Unabhängigkeit vom regulären Dienstbetrieb sind entscheidende Faktoren für den Erfolg des EPP-Teams. Ein ganz wichtiges Kriterium ist dessen Multiplikatorenfunktion, auch für die anderen Schwestern und Pfleger.

Werden die Kenntnisse und Erfahrungen des EPP-Teams weiter vermittelt?

Fuß: Ja, wir verstehen wir uns als Multiplikatoren und geben unser Wissen an andere Kolleginnen und Kollegen weiter. So entwickelt das EPP-Team mit allen an der Versorgung der Palliativpatienten Beteiligten Checklisten für die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflegepersonal.

Wir führen regelmäßig Palliativschulungen für die Pflegemitarbeitenden durch, erarbeiten Leitfäden und Handlungsempfehlungen, sorgen für kontinuierliche Fortbildung im Team und geben Fortbildungsempfehlungen für die reguläre Pflege.

Wie hat sich die Einbindung des Teams auf die stationären Pflegeeinrichtungen ausgewirkt?

Klug: Frau Fuß hat es bereits gesagt: Zu den wesentlichen Ergebnissen, die wir erzielen konnten, gehört der signifikante Rückgang von – überflüssigen – Krankenhauseinweisungen von palliativ zu versorgenden Menschen. Waren es 2017 noch rund 85 Bewohner, die in der Lebensendphase in Krankenhäuser eingewiesen wurden, waren es 2019 nur noch zwei Bewohner.

Unseren ursprünglichen Ansatz, die Hausärztinnen und Hausärzte zu entlasten, haben wir umsetzen können. Die Zusammenarbeit von Ärzten und Pflegepersonal hat sich signifikant verbessert. Darüber hinaus konnten wir eine deutliche Verbesserung bei Krisensituationen und eine Aufwertung der Versorgungssituation in der gesamten Einrichtung erreichen.

Auch die Pflegekräfte in den Heimen werden entlastet und stellen fest, dass es nicht immer erforderlich ist, gleich einen Arzt zu rufen. Eine Kaskadenplanung zeigt auf, wann welche Symptome bei dieser oder jener Krankheit auftreten. Mit dem Arzt wird besprochen, was dann zu tun ist. Das Stichwort heißt „Advance Care Planning“, also eine vorausschauende Planung der gesundheitlichen Versorgung der Patienten. Im Rahmen des kontinuierlichen Beratungs- und Begleitungsprozesses lernt das EPP-Team biografische Daten eines Patienten sowie dessen mögliche Erwartungen an seine zukünftige Behandlung und Pflege kennen und kann diese dokumentieren.

Fuß: Das EPP-Team stößt sowohl bei Bewohnern und deren Angehörigen als auch bei dem regulären Pflegepersonal auf eine hohe Akzeptanz. Wir können uns Zeit nehmen und uns den Menschen mit der Frage widmen: „Was ist heute wichtig für Dich?“ — Vieles hat sich zum Positiven verändert. Leben und Sterben haben inzwischen ihren Platz in den Pflegeeinrichtungen. Das Sterben wird als natürlich und selbstverständlich betrachtet. Und es hat sich eine Abschiedskultur entwickelt. Die Verstorbenen werden würdevoll versorgt und vor ihre Zimmer eine Abschiedslaterne gestellt. Dann kann sich jeder, der möchte, von ihnen verabschieden. Auch die Mitbewohner kommen, was früher nicht häufig der Fall war.

Haas-Weber: Dem Menschen Würde geben, das ist ein wichtiger Aspekt auch der Abschiedskultur.

Würden Sie, Frau Dr. Haas-Weber, uns bitte ein Fallbeispiel aus ihrer palliativmedizinischen Arbeit als Hausärztin und Sie, Frau Fuß, ein Fallbeispiel aus der Perspektive des EPP-Teams schildern.

Haas-Weber: Ich werde zu einem hochaltrigen, multimorbiden Mann mit respiratorischer Insuffizienz bei kardialer Dekompensation gerufen. Das führende Symptom ist erschwerte Atmung, Inappetenz, Sarkopenie und Immobilität. Bei bekannten klinischen und biografischen Daten sowie im informierten Einverständnis mit dem Patienten, seinen Zugehörigen sowie dem EPP-Team wird eine adäquate Schmerz- und Symptomkontrolle festgelegt mit Dauer und Bedarfsmedikation mit dem Ziel, jeder Tag soll ein guter Tag sein – die führende Symptomlast detektieren und zu lindern.

Wenn ich diesen Patienten übernehme, bin ich dankbar, dass ich das EPP-Team habe und bitte die Schwestern, auf die weitere Entwicklung der Symptome zu achten. Zunächst versuche ich, das Herz des Patienten zu stabilisieren. Auch biete ich ihm etwas zu essen und zu trinken an. Allerdings ist es völlig in Ordnung, wenn er beides ablehnt. Entscheidend ist, „mit den Augen zu stehlen“, das heißt festzustellen, wie es dem Patienten geht und mit den Angehörigen zu besprechen, dass keine Krankenhauseinweisung mehr erforderlich ist. Bei Schmerzen, Angst, Unruhe und Luftnot lege ich nach klarer Indikation eine minimale Bedarfsmedikation fest. So weiß der Hintergrunddienst, was er bei Bedarf verabreichen kann.

Frische, gute Pflege und Empathie, darauf kommt es bei einem hochaltrigen, sterbenden Menschen an.

Fuß: Als Beispiel: Der Allgemeinzustand einer Patientin, zu der ich als Pflegekraft des Expertenteams gerufen werde, hat sich verschlechtert. Das Bedürfnis, zu essen und zu trinken nimmt ab, die Bewohnerin wird immer müder.

Ich verschaffe mir zunächst einem Eindruck, in welchem Zustand sich die Betroffene befindet. Ich kontrolliere die Symptome, spreche mit der Patientin und frage nach ihren Wünschen, Ängsten oder Schmerzen. Auch schaue ich, was die Patientin aktuell benötigt; dazu gehört beispielsweise, dass ich ihr Bett so positioniere, dass sie aus dem Fenster blicken kann. Außerdem suche ich das Gespräch mit den Angehörigen und setze mich mit der betreuenden Ärztin, bzw. dem betreuenden Arzt in Verbindung. Als EPP-Team sind wir immer im Geschehen, auch für die Kolleginnen und Kollegen vor Ort.

Es geht darum zu erfahren, welche Bedarfe ein Mensch am Ende des Lebens hat – psychisch, physisch, spirituell. Welche Krisensituationen können auftreten, wie können wir diesen begegnen? Das müssen wir als EPP-Team wissen, um auf den Einzelnen eingehen zu können. Wir schauen, dass die Patienten viel Sicherheit erfahren, indem wir ihre Wünsche berücksichtigen. Braucht ein Patient seelischen Beistand, möchte er, dass ein Seelsorger ans Bett kommt?

Haas-Weber: Dafür ist es wichtig, dass das Team die biografischen Daten des Patienten kennt und weiß, was das Genuine ist, dass ihn ausmacht. Das Sterben ist die Verdichtung des Lebens im Gehen.

Wie wird das EPP-Team finanziert?

Klug: In den ersten beiden Jahren hat der Förderverein das EPP-Team als Modellprojekt mit drei unabhängigen, aber in das Informationssystem der Pflege eingebundenen Pflegekräften im Wohnstift in Hanau finanziert. Nach dem Abschluss der Modellphase hat sich die finanzielle Struktur verändert. Vieles lässt sich in die Vereinbarungen mit den Altenheimen hereinverhandeln. In Hessen gibt es die Besonderheit, dass Pflegeeinrichtungen eine Fachkraft für die palliative Pflege abstellen können, was eine Erhöhung des Pflegesatzes um 100 Euro pro Monat pro Platz rechtfertigt. Bei einem Haus mit 100 Bewohnern kann darüber der größte Teil der Kosten finanziert werden. Viele Einrichtungen nehmen diesen Zuschlag in Anspruch, wobei ihre Palliativkräfte aber im Gegensatz zu unserem Konzept im Schichtdienst des regulären Pflegebetriebs eingesetzt werden und dadurch einen sehr viel geringeren Handlungsspielraum haben. Nach wie vor problematisch ist für uns die Finanzierung der Rufbereitschaft, die wir noch nicht ganz gelöst haben.

Wie akquirieren wir als Förderverein unsere Mittel? Wir haben einen Kreis von 400 zahlenden Mitgliedern. Ein wesentlicher Teil der Finanzmittel stammt jedoch aus der Akquise des Fördervereins durch Fachvorträge und Veranstaltungen sowie insbesondere durch die Betreuungsarbeit von Frau Dr. Haas-Weber. So quittieren viele Patienten und Angehörigen die zugewandte Behandlungsform durch Frau Dr. Haas-Weber und den verbundenen Diensten mit kleineren und auch größeren Anerkennungsbeträgen. Gelegentlich, im Schnitt alle zwei Jahre, wird unser Förderverein auch im Vermächtnis bedacht.

Haas-Weber: Wie die Erfahrung zeigt, minimieren sich die Kosten für die Allgemeinheit durch den Einsatz des EPP-Teams signifikant. So musste im vergangenen Jahr nur ein Mensch ins Krankenhaus verlegt werden. Andere vom EPP-Team betreute Heimbewohner in der Lebensendphase wurden im Pflegeheim hervorragend versorgt und konnten dort unter gezielter Symptomkontrolle ihre letzten Tage verbringen.

Wie machen Sie auf die Angebote des EPP-Teams aufmerksam?

Fuß: Auf jedem Nachttisch in den Pflegeeinrichtungen steht ein Aufsteller des EPP-Teams, so dass jederzeit mit uns Kontakt aufgenommen werden kann. Das gilt intern für Bewohner, ihre Angehörigen und die Pflegekräfte. Aber wir richten uns, wie schon gesagt, als Multiplikatoren auch mit Palliativschulungen und mit Öffentlichkeitsarbeit nach außen. In Hessen und bundesweit bietet der Förderverein Fortbildungen an, die auf ein reges Echo stoßen. So wird es ab nächstem Jahr ein EPP-Team auf Rügen geben. Das Interesse ist groß und ich kann mich nicht über Nachwuchsmangel beschweren.

Haas-Weber: Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass Mitarbeitende in der palliativen Pflege ihre genuine Arbeit als Pflegekräfte machen können – in einem Bereich, in dem Pflege wieder Pflege ist.

Interview: Dr. med. Peter Zürner, Katja Möhrle

Förderverein für Palliative Patienten-Hilfe

Am 1. Juli 2002 wurde der „Förderverein Palliative Patienten-Hilfe Hanau e. V.“ gegründet. Sein Zweck ist die Verbesserung der Begleitung von Patienten mit begrenzter Lebenserwartung. Der Förderverein unterstützt den Dialog aller an der Palliativversorgung beteiligten Disziplinen, fördert die Einrichtung, den Ausbau und die Vernetzung von ambulanter und stationärer Versorgung und unterstützt die Fort- und Weiterbildung von Angehörigen, des Fachpersonals und der ehrenamtlichen Helfer in Medizin und Pflege.

Kontakt: Förderverein für Palliative Patienten-Hilfe e. V., Am Frankfurter Tor 25, 63450 Hanau, Fon 06181 5073050, E-Mail info@pph-hanau.de