Laut einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie vom 19.07.2024 werden auch im Jahr 2024 Faltenunterspritzungen und Botoxbehandlungen zu den beliebtesten Behandlungen gehören; sie liegen nach den Oberlidstraffungen auf den Plätzen 2 und 3. Die Beliebtheit der Faltenunterspritzung mag nicht zuletzt daran liegen, dass Verbrauchern suggeriert wird, mit Hilfe dieser schnellen und unkomplizierten Behandlung lasse sich quasi in der Mittagspause eine erhebliche Verbesserung und Verjüngung des Aussehens erzielen. Verstärkt wird dieser Eindruck durch Fotos, die die Behandlungserfolge ganz plastisch zeigen, nämlich einmal Patient oder Patientin vor und einmal nach der Behandlung. Seit einigen Jahren gibt es rechtliche Diskussionen zur Frage, ob dieses offenbar sehr wirkungsvolle Werbemittel eigentlich erlaubt ist.
Keine Anreize für medizinisch nicht notwendige Verfahren
Die rechtliche Grundlage für diese Diskussionen bildet § 11 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Das HWG enthält spezifische Werberegeln für alle, die im Gesundheitsbereich tätig sind und für ihre Produkte oder Leistungen werben wollen. Unter anderem heißt es in dieser Vorschrift, dass für operative plastisch-chirurgische Eingriffe zur Veränderung des Körpers ohne medizinische Notwendigkeit nicht „mit der Wirkung einer solchen Behandlung durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff“ geworben werden darf. Der Gedanke des Gesetzgebers dahinter: Es sollen keine Anreize bei Verbrauchern für medizinisch nicht notwendige, gleichwohl aber mit Risiken behaftete Verfahren geschaffen werden. Ohne Zweifel fallen unter dieses Verbot Fotos, die Personen vor und nach einer klassischen Schönheitsoperation zeigen, etwa vor und nach einer Fettabsaugung. Fraglich war allerdings, ob auch Faltenbehandlungen unter dieses Verbot fallen. Das ist nun vorerst durch den Bundesgerichtshof (BGH) in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale geklärt.
Auch Faltenunterspritzung ist operatives Verfahren
Gegenstand des Verfahrens war die Abbildung auf der Internetseite einer Arztpraxis, die eine Patientin vor und nach einer Behandlung mit Hyaluronsäure zeigte. Damit sollte das Ergebnis einer Unterspritzung der Haut verdeutlicht werden. Die Wettbewerbszentrale hielt die Abbildung wegen Verstoßes gegen die oben genannte Vorschrift für unzulässig. Die Ärzte argumentierten, das Verbot erfasse nur Eingriffe von erheblicher Invasivität, wie sie nur bei den klassischen schönheitschirurgischen Eingriffen vorlägen. Das Landgericht Köln vertrat bereits eine strenge Auffassung und verurteilte die Mediziner zur Unterlassung, das Oberlandesgericht Köln bestätigte die Auffassung und verwarf die Berufung (OLG Köln, Urteil vom 27.10.2023, Az. 6 U 77/23). Die Richter gestanden der Gegenseite zu, dass der Wortlaut des Verbotes dafür spreche, dass der Gesetzgeber an klassische Operationen gedacht habe, bei denen mittels Skalpell der Körper eröffnet werde. Allerdings müsse man – so die Richter – den Zweck des HWG betrachten, der auf den Schutz der Verbraucher vor erheblichen Gesundheitsschäden und Risiken abziele und daher suggestive Werbung verbiete. Diesem Schutzzweck entspreche es, keine Beschränkung des Begriffs des „operativen“ Eingriffs auf einen solchen mit einem Skalpell oder ähnlichem vorzunehmen. Die Überprüfung durch den BGH ließ das OLG nicht zu. Die von den Ärzten eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wies der BGH mit der üblichen formelhaften Begründung ab (BGH, Beschluss vom 29.05.2024, Az. I ZR 159/23), so dass das Urteil des OLG rechtskräftig geworden ist. Anders formuliert: Hätte der BGH die Entscheidung des OLG für falsch gehalten, hätte er das Urteil korrigiert.
Konsequenzen
Welche Konsequenzen folgen daraus? Zunächst einmal die, dass von dem Vorher-Nachher-Verbot auch Faltenunterspritzungen und nicht nur die klassischen Schönheitsoperationen erfasst sind. Das Verbot umfasst Werbung in allen Medien, also auch in Sozialen Medien wie Instagram und Co. Umgehungen jeder Art sollten vermieden werden. Es nutzt wenig, wenn den Vorher-Nachher-Fotos „feigenblattmäßig“ ein medizinischer „Untertitel“ gegeben wird, um Verbrauchern zu suggerieren, es habe eine medizinische Indikation vorgelegen. Es kommt nämlich auf die Sicht des Adressaten, nicht die Absicht des Werbenden an. Selbst die Abbildung von Kunstfiguren, sog. Avataren, ist unzulässig (OLG Koblenz, Urteil vom 23.04.2024, Az. 9 U 1097/23, nicht rechtskräftig). Auch bei Videos ist zur Vorsicht zu raten. Steht nicht die Information über das Verfahren im Vordergrund, sondern die bildliche Darstellung des erzielten Erfolges, so kann auch dies unter das erwähnte Verbot fallen. Im Zweifel lautet die Empfehlung, sich rechtlich beraten zu lassen, um kostenpflichtige Abmahnungen zu vermeiden.
Christiane Köber, Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, Frankfurt am Main e. V., Tannenwaldallee 6, 61348 Bad Homburg, E-Mail: mail@wettbewerbszentrale.de, Internet: www.wettbewerbszentrale.de