Das Herz hatte für Prof. Dr. med. Ingeborg Siegfried immer eine besondere Bedeutung:

Als Präsidentin der Hessischen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauf-Erkrankungen; als Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Herzstiftung; im Breitensport, z. B. als Initiatorin bei der Gründung von Gesundheitssportpfaden und Herzsportgruppen; als Beraterin im Hochleistungssport (z. B. als Olympia-Ärztin 1972 in München) und bei Fortbildungsseminaren der Bundesärztekammer und der Landesärztekammer Hessen war sie gefragt und geschätzt.

Auch bei der geschlechtsspezifischen Forschung zu Symptomen und Verläufen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen war sie Vordenkerin und so war es nur folgerichtig, dass der wissenschaftliche Kongress zum 75. Gründungsjahr des Deutschen Ärztinnenbundes (DÄB) im Jahr 1999 mit dem Titel „Schlagen Frauenherzen anders?“ in Gießen stattfand.

Ausgestattet mit einer immensen Lebensenergie, unterstützt durch Eltern und Ehemann, wurde sie in einer Zeit in der Beruf und Karriere neben Familie und Kindern für Frauen noch keine Selbstverständlichkeit waren, eine überaus erfolgreiche Ärztin.

Der Gießener Umgebung ist sie immer treu geblieben. Hier wuchs sie auf, machte Abitur, studierte Medizin in Bonn, Marburg und Gießen (1949–54, Promotion 1955). An der medizinischen Poliklinik der hiesigen Universitätsklinik arbeitete sie bis 1960 als wissenschaftliche Assistentin und eröffnete dann eine Allgemeinpraxis in Biebertal, die sie über 28 Jahre lang leitete. 1982 wurde sie als erste deutsche Professorin für Allgemeinmedizin an die Justus-Liebig-Universität Gießen berufen und lehrte dort bis zu ihrer Emeritierung.

Ihr unermüdlicher Einsatz, beispielsweise in der ärztlichen Berufspolitik und in Vorständen von Fachgesellschaften und Verbänden, wurde vielfach ausgezeichnet: mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande, der Christoph-Faust-Medaille, dem Verdienstorden des Landes Hessen, der Ernst-von-Bergmann-Plakette der Bundesärztekammer sowie der Richard-Hammer-Medaille und der Ehrenplakette der Landesärztekammer Hessen.

Ingeborg Siegfried war eine außergewöhnlich engagierte, neugierige und sehr präsente Medizinerin, die viele von uns Ärztinnen im DÄB und darüber hinaus „entdeckt“, geprägt, gefördert, beeindruckt hat und immer zum Nachdenken anregte.

Am 23. Juni 2024 starb Prof. Dr. Ingeborg Siegfried im Alter von 96 Jahren in Berchtesgaden, wo sie in der Nähe ihrer Familie die letzten Lebensmonate verbracht hat.

Ein besonderes Frauenherz hat aufgehört zu schlagen. Uns ist es eine Herzensangelegenheit, an sie zu erinnern und ihren hinterbliebenen zwei Kindern, fünf Enkeln und zwei Urenkeln unsere Anteilnahme auszudrücken.

Sie wird fehlen.

Dr. med. Carmen Brosig, Dr. med. Brigitte Ende