Einleitung

Die Eliminierung von Krebserkrankungen durch humane Papillomviren (HPV) ist erklärtes Ziel der WHO [1] für alle Länder und wurde von der Kommission der Europäischen Union als Teil des Europe’s Beating Cancer Plans adaptiert. Im Januar 2024 hat die Europäische Kommission darüber hinaus den EU Mitgliedsstaaten ihre Unterstützung bei deren Bemühungen zur Umsetzung von krebspräventiven Maßnahmen zugesagt sowie dezidierte Handlungsempfehlungen veröffentlicht. [2, 3]

Einige der über 200 HP-Viren zählen zu den onkogenen Hochrisikotypen (HPV-Genotypen 16 und 18), die bei Frauen Gebärmutterhalskrebs und bei Frauen und Männern auch weitere Krebsarten verursachen können. [4] Jährlich versterben mehr als 1.500 Frauen in Deutschland am Zervixkarzinom. Da die Erkrankung meistens jüngere Frauen betrifft, betragen die years of life lost (YLL) 25 Jahre. [5] Männer leiden meist an HPV-assoziierten Kopf-Hals-Tumoren. Neubildungen finden sich aber auch im Genitalbereich. Weniger gefährlich, aber durchaus belastend sind die durch HPV-6 und -11 verursachten Feigwarzen. Das Virus wird mehrheitlich über Sexualkontakte übertragen, wobei ein Schutz durch Kondome bei HPV nicht ausreichend ist. Im Laufe des Lebens infizieren sich so ca. 80 % der Bevölkerung mit HPV. Da bei ca. 10 % der infizierten Personen der Erreger persistiert und zu Tumoren führen kann [4], ist eine frühzeitige Impfung im Alter von 9–14 Jahren für Mädchen und Jungen wichtig. [6]

Das Setting Schule bietet sich zur Aufklärung und Impfung an. Der internationale Vergleich zeigt, dass hohe HPV-Impfquoten zum Gemeinschaftsschutz (Herdenimmunität) führen. [7, 5] Im März 2024 äußerte sich der STIKO-Chef Prof. Dr. Klaus Überla positiv zu Schulimpfungen und befürwortete Impfangebote an Schulen. [8]

Modellprojekte

Der Landkreis Bergstraße startete bereits 2015 ein Modellprojekt mit sechs Schulen [9], an denen niedergelassene Ärzt:innen die Eltern bei Aufklärungsveranstaltungen in den Schulen informierten. Danach bestand das freiwillige Angebot der Impfung direkt in der Schule. Die Erfahrungen zeigen, dass Schulimpfungen die Impfbereitschaft und -quote erhöhen. [10, 11]

Bis zur Corona-Pandemie nahmen 23 Schulen an dem freiwilligen Impfangebot teil. Während der Pandemie waren keine Impfungen möglich. Seit dem Ende der Pandemie wurde das Projekt vom Gesundheitspräventionsteam des Kreises und den Kooperationspartnern neu etabliert. Bis Mitte 2024 haben zehn Schulen ihre Teilnahme zugesagt bzw. es wird wieder geimpft. [9]

Dank des Engagements von Gynäkolog:innen, Kinderärzt:innen und Allgemeinmediziner:innen kann im Landkreis Bergstraße wieder gegen HPV geimpft werden. Südhessen ist durch diese Initiative und die geplanten Erweiterungen im LK Bergstraße führend im Kampf gegen HPV-bedingte Krebserkrankungen und Feigwarzen. [10]

Ein neuer Beruf im Setting Schule kann Unterstützung bei der Organisation solcher Schulimpfungen leisten. Schulgesundheitsfachkräfte (SGFK) sind durch ihre Ausbildung als examinierte Pflegekräfte befähigt, die Aufklärung von Eltern und Schüler:innen, aber auch die Planung der Impfungen zu übernehmen. Bis Ende 2024 sollen in Hessen 50 SGFK Stellen besetzt sein, d. h. an 50 hessischen Schulen gäbe es die Möglichkeit, niedrigschwellige Impfangebote zu etablieren. [12]

Fazit

Mit der Unterstützung von Gesundheitsbehörden, der Krebsgesellschaft, engagierten Ärzt:innen vor Ort und Forschungseinrichtungen sowie der aktiven Beteiligung der Schulen kann ein wichtiger Beitrag zur Gesundheit der jungen Generation geleistet werden. Wie Liu et al. in ihrer Studie zu Strategien der Impfquotenerhöhung zeigen, erzielen finanzielle Anreize für Impfende und niedrigschwellige Impfangebote wie Schulimpfungen die besten Erfolge. [13] Sowohl die internationalen Erfahrungen aus Schweden, wo SGFK die HPV-Impfung an Schulen organisieren [14], als auch die des LK Bergstraße zeigen, dass dieses Instrument zur Impfquotenerhöhung genutzt werden muss. [3]

Im Hinblick auf Health in All Policies (HiAP) und dem WHO Ziel, bis 2030 90 % der 15-jährigen Mädchen zu impfen [1], sollte die bundesweite Etablierung von SGFK ebenfalls nach internationalen Vorbildern ausgebaut werden. [15] Zur Zeit gibt es ca. 130 SGFK und Gesundheitsfachkräfte an Schulen. Dieses Berufsbild kann die Impfquoten aller Schutzimpfungen erhöhen, unterstützt die Gesundheitskompetenz und gewährleistet die gesundheitliche Versorgung von Schüler:innen auch während der Schulzeit.

Karin Moser, Dr. Claus Köster, Dr. Julia Löffler, Jan Spaar, Prof. Dr. rer. nat. Catharina Maulbecker-Armstrong

Kontakt:

Prof. Catharina Maulbecker-Armstrong, Technische Hochschule Mittelhessen, Fachbereich Gesundheit, E-Mail: catharina.maulbecker-armstrong@ges.thm.de

Weiterführender Link:

Hessische Krebsgesellschaft: https://hessische-krebsgesellschaft.de/projekt/hpv-praevention

Die Literaturhinweise finden Sie hier.

Abkürzungsverzeichnis
HiAPHealth in all Policies
HPVhumane Papillomviren
LKLandkreis
SGFKSchulgesundheitsfachkraft
STIKOStändige Impfkommission
WHOWorld Health Organization
YLLYears of Life Lost