Nach langer Krankheit und nun doch sehr plötzlich durch einen Verkehrsunfall hat Dr. med. Wolfgang Furch „den Lauf vollendet“. Dankbar und froh bin ich, dass ich einige Wegstrecken des langen und engagierten Laufs begleiten durfte.
Wolfgang Furch wurde am 24.06.1936 in Breslau/Schlesien geboren. Gemeinsam beschäftigten uns auch die Themen Flucht und Vertreibung, seine Familie aus Schlesien, meine Familie aus Böhmen.
Nach der Flucht führte ihn der Weg nach Hessen. In Schmitten im Taunus und in Oberursel besuchte er die Schule und legte 1957 das Abitur ab. Von 1957 bis 1963 studierte er in Frankfurt am Main Medizin und wurde am 29.08.1963 mit „magna cum laude“ promoviert. Die Approbation erfolgte am 12.04.1965. Als Assistenzarzt war er am Clementine Kinderkrankenhaus und in der gynäkologischen Abteilung am St. Elisabethen-Krankenhaus tätig. Von dort wechselte Wolfgang Furch 1967 an die Frauenklinik des Krankenhauses Nordwest, wo er zunächst als Assistenzarzt tätig war, ab 1971 als Oberarzt.
Gemeinsam mit Prof. Cramer verfasste er wissenschaftliche Arbeiten über das Auftreten von Zervix-Neoplasien schon bei sehr jungen Frauen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse trugen wesentlich zum Beschluss des Deutschen Bundestages 1980 bei, mit dem die Krebsfrüherkennungsaltergrenze von 30 auf 20 Jahre gesenkt wurde.
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe wurde Furch am 29.07.1970. Chefarzt der geburtshilflich-gynäkologischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses in Bad Nauheim war er von 1978 bis 1999.
Neben seiner beruflichen und wissenschaftlichen Tätigkeit hat er früh begonnen, sich berufspolitisch zu engagieren. 1973 wurde er in den Landesvorstand des Marburger Bundes, kurz darauf in den geschäftsführenden Vorstand und dann zum Landesvorsitzenden gewählt.
Von 1976 bis 1996 war er Mitglied des Präsidiums der Landesärztekammer Hessen und von 1986 bis 1996 deren Vizepräsident. Er war über 30 Jahre Delegierter der Landesärztekammer Hessen.
Von 1994 bis 2008 war er Vorsitzender im Krankenhausausschuss der Landesärztekammer Hessen. Seit der Konstituierung im Jahre 1990 vertrat Furch die Landesärztekammer Hessen im Landeskrankenhausausschuss. Dieses Amt gab er 2008 ab. Bei der Weiterentwicklung der Planung der stationären Krankenversorgung in Hessen hat er sich in besonderer Weise ehrenamtlich engagiert.
Als hessischer Delegierter war Wolfgang Furch auf fast allen Deutschen Ärztetagen vertreten und hat mit Redebeiträgen zu ärztlich-ethischen Themen wie Abtreibung, Euthanasie, Berufsordnung und In-vitro-Fertilisation maßgeblich zu Beschlüssen beigetragen.
Furch ist die Einrichtung der „familienorientierten Geburtshilfe“ und das Babynotrufsystem zu verdanken. Zu den vielen Neuerungen, die auf seine Initiative zurückgehen, gehört auch das „Rooming-in“ auf Geburtsstationen.
Furchs gefestigter christlicher Glauben hat ihn als Arzt und Mensch geprägt. Einer Artikelserie aus dem Jahre 1979 über „Abtreibung im Urteil eines christlichen Arztes“ mit starkem Leserbriefecho folgte nicht zuletzt auf seine persönliche Anregung hin die Gründung der „Freikirchlichen Initiative für das Leben – Pro Vita“, die auch Mitglied im Diakonischen Werk ist. Diese Institution unterstützte er viele Jahre lang mit Vortragsreisen durch das ganze Bundesgebiet.
Im Rahmen dieser Tätigkeit hat er ein Seminar zur In-vitro-Fertilisation veranstaltet und zur Herausgabe eines Büchleins unter dem Titel „Es wird ein Mensch gemacht ...“ maßgebend beigetragen. Ein weiterer Seminarband unter seiner Herausgeberschaft entstand kurze Zeit später: „(K)eine Chance für Behinderte? – zur Frage der vorgeburtlichen Diagnostik“. Das 1986 entstandene Buch „Abtreibung eine Lösung?“ ist eine Auseinandersetzung eines Gynäkologen mit dem Abtreibungsproblem.
Ende 1999 trat er in den Ruhestand. Zuvor hatte er 22 Jahre lang den Posten des Chefarztes am Hochwaldkrankenhaus inne. Nach seiner Pensionierung arbeitete er weiter aktiv in der Ärztekammer, im Landeskrankenhausausschuss und als einer von drei Vorsitzenden des Marburger Bundes mit. Daneben widmete er sich noch seinem Hobby, dem Naturschutz.
Für sein äußerst großes ehrenamtliches Engagement wurde er im Jahre 1990 mit der Ehrenplakette der Landesärztekammer Hessen in Silber, im Jahre 1992 mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland am Bande und im Jahre 2001 mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland 1. Klasse ausgezeichnet. Am 22. November 2008 erhielt er anlässlich der Delegiertenversammlung die Ehrenplakette der Landesärztekammer in Gold.
Am 21. Dezember 2023 wurde er in Bad Nauheim zu Grabe getragen.
Dr. Wolfgang Furch müssen wir für sein außerordentliches Engagement für die Ärzteschaft, die gesundheitliche Aufklärung, die menschliche Verbundenheit und Freundschaft ganz herzlich danken. Wir alle werden ihn in lebendiger und dankbarer Erinnerung bewahren.
Dr. med. Michael Popović für die Landesärztekammer Hessen