Dr. med. Joachim Strupp (1530–1606) beschäftigte sich in seiner Funktion als Stadtarzt („Physicus“) in Frankfurt am Main von 1562 bis 1574 mit der Verbesserung der öffentlichen Gesundheitspflege (Hygiene) und der Krankheitsprophylaxe.

Sein Vater Peter Strupp hatte um 1543 als Pfarrer (und ehemaliger Mönch) die Reformation in Gelnhausen eingeführt. Joachim Strupp erkannte, dass nicht nur die Kirche, sondern auch das öffentliche Gesundheitswesen reformiert werden müsse: Beispielsweise wurden größere chirurgische Operationen (Leistenbrüche, Blasensteine, Amputationen) bis in das 18. Jahrhundert hinein vor allem von herumziehenden „Operateuren“, die Staroperationen von umherziehenden „Oculisten“ und die zahnmedizinische Versorgung von auswärtigen „Zahnbrechern“ auf Jahrmärkten oder in Wirtshäusern durchgeführt. Eine staatliche oder städtische Genehmigung für diese Personengruppen oder gar eine geregelte Ausbildung musste nicht nachgewiesen werden. Dadurch war auch die postoperative Versorgung der Patienten nicht gewährleistet, da ihre Behandler alle nach kurzer Zeit wieder die Stadt verließen und zum nächsten Jahrmarkt oder zur nächsten Messe zogen. Vor allem aber waren die Städte im 16. Jahrhundert von einer Vielzahl epidemischer Krankheiten (Pocken, Pest, Fleckfieber) heimgesucht mit sehr hoher Mortalität.

Strupp (Portrait siehe Abb. 1) forderte deshalb bereits in seinem 1573 in Frankfurt am Main in deutscher Sprache erschienenen Buch „Nützliche Reformation/Zu guter Gesundtheit vnd Christlicher Ordnung“ (Titelblatt siehe Abb. 2) unter anderem:

Die Prüfung (Examen) der umherziehenden Heilkundigen durch an Universitäten ausgebildete Ärzte und Tätigkeit derselben nur nach ausdrücklicher behördlicher Genehmigung (Approbation): „… ausserhalb der jehrlichen Märckten oder Messen/ die Triackkremer <Theriakhändler>/ Landtfehrer/ Zanbrecher/ nicht zugelassen werden/ sie seien denn zuvor von den verordenten/ medicis Doctoribus examinirt vnd approbirt/ damit nicht ohne eine Erbarn Oberkeit vorwissen … ihr vnderthane … durch solche betriegliche schwätzer oder Landtleuffer/ … vmb ihr geldt vund gesundtheit … betrogen werden“ [fol. 26r].

  • Vermittlung anatomischen Grundwissens und Kenntnisse der Heilpflanzen an alle Angehörigen der Heilberufe (Wundärzte, Barbiere, Bader, Zahnbrecher, Hebammen);
  • regelmäßige Säuberung der Straßen (zweimal pro Woche), Brunnen, Kanäle und Flussufer (zweimal pro Jahr);
  • tägliche Säuberung der Lebensmittelläden und Gastwirtschaften;
  • Kontrolle der Nahrungsmittel (Obst, Brot);
  • Kontrolle der Apotheken und Arzneimittel durch einen „medicus“, das heißt durch einen studierten Arzt (zweimal im Jahr);
  • Besichtigung (Beaufsichtigung) der Hospitäler und „Pestilenzhäuser“ und „Blotterheuser“ (Pockenhäuser).
  • Strupp betonte auch die Bedeutung der Ernährung an der Mutterbrust für den Säugling mit der Begründung: „Deerhalben Gott der menschlichen natur/ für allen anderen Thiren/, ja allein nit vergebens die Brus/t bey dz Hertz geordnet/ daß die Seugling also mit der narung/ auch deß Mütterlichen hertzens […] theilhafftig werden“ [fol. 25v].
  • Tierställe für Gänse und Schweine sollten außerhalb der Stadt angelegt werden.
  • Verlegung der Friedhöfe außerhalb der Stadtmauern; Verstorbene sollten nicht mehr in der Kirche beigesetzt werden;
  • Bei Pestepidemien räumliche Trennung der Pestkranken von anderen Kranken und von Gesunden.

Vor allem aber ging es Strupp um Anerkennung der göttlichen (christlichen) Ordnung, ohne die es keine Gesundheit geben könne. Deshalb wendete er sich an den „christlichen Leser“ und die „christliche Oberkeyte“ [Obrigkeit]. Strupp versuchte, mit christlich-reformatorischen Denken und alten medizinischen Überlieferungen die Gesundheit des Menschen zu verbessern, denn „Vnsere Leiber [sind] nicht unser eigen sondern Gottes“ [Register].

Strupps „Nützliche Reformation“ war Vorlage für die Medizinalordnungen anderer Städte, z. B. nachweislich für die in Augsburg (1582). Der Sozialhygieniker Alfons Fischer (1873–1936) bezeichnete Strupps „Lehrbuch der öffentlichen Gesundheitspflege“ als „das erste Werk dieser Art … in der Weltliteratur“. Eine kürzere lateinische Ausgabe war bereits 1567 unter dem Titel „Consilium medicum generale“ in Frankfurt erschienen.

Aber nicht nur auf dem Gebiet der öffentlichen Gesundheitsfürsorge, sondern auch in der Altertumsforschung leistete Strupp Bedeutendes. Er publizierte erstmals in seinem 1574 ebenfalls in Frankfurt am Main gedruckten Buch „Von der rechten warhafften Mumia“ eine Abbildung einer ägyptischen Mumie aus der Pharaonenzeit (siehe Abb. 3). Pulverisierte Teile von Mumien wurden seinerzeit bestimmten Arzneimitteln hinzugefügt (z. B. Theriak, siehe Kasten), daher das Interesse des Frankfurter Stadtarztes an diesem Gegenstand.

Strupp hatte 1545–1550 an den Universitäten Marburg und Wittenberg Medizin, Theologie und Philosophie studiert und 1561 in Wittenberg promoviert. 1557 heiratet er in Wittenberg Elisabeth Pauli, eine Tochter des Juristen Prof. Benedict Pauli, Trauzeugen waren unter anderem Philipp Melanchthon und Lucas Cranach.

Nach verschiedenen Tätigkeiten als Arzt, Erzieher und Hauslehrer an Fürstenhöfen war er 1574–1579 Leibarzt des Landgrafen Georg I. von Hessen-Darmstadt und 1579–1583 in gleicher Funktion beim Kurfürsten Ludwig VI. von der Pfalz in Heidelberg.

Nach dem Tode dieses Kurfürsten 1583 verließ der Lutheraner Strupp Heidelberg, da er nicht der reformierten Konfession des neuen Landesherrn Casimir übertreten wollte. Er kehrte nach Darmstadt zurück. 1587 erblindete er und starb 1606 in Armut in Darmstadt.

Theriak

Theriak war im Mittelalter ein sehr teures Universalheilmittel gegen zahlreiche Erkrankungen, das aus etwa 50–60 verschiedenen Substanzen zubereitet wurde. Es enthielt regelmäßig auch Opium und Mumienbestandteile.

Prof. Dr. med. Michael Sachs, Dr. Senckenbergisches Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Fachbereich Medizin Goethe-Universität Frankfurt am Main, Paul-Ehrlich-Str. 20–22, 60590 Frankfurt am Main

Weiterführende Literatur:

Fischer, Alfons: Das älteste deutsche Lehrbuch der öffentlichen Hygiene. Sozialhygienische Mitteilungen (Karlsruhe i. B.) 13 (1929), H.1/2, p. 26–31.

Mann, Gunter: Gesundheitswesen und Hygiene in der Zeit des Übergangs von der Renaissance zum Barock. Medizinhistorisches Journal 2 (1967), 107–123.