Zeit für eine Zwischenbilanz: Nach einer umfassenden Neuorganisation steht die Akademie der Landesärztekammer seit einem Jahr unter der Leitung von Susanne Florin. Zuständig für die Akademie ist die Ärztliche Geschäftsführung (ÄGF). Im Gespräch mit dem Hessischen Ärzteblatt ziehen Susanne Florin und Nina Walter, Ärztliche Geschäftsführerin der Landesärztekammer Hessen, ein erstes Resümee.

Worauf kam es bei der Neustrukturierung an?

Nina Walter, M.A.: Die Akademie gibt es schon sehr lange. Von Anfang an hatte sie den Anspruch, Ärztinnen und Ärzte bedarfsgerecht mit Fort- und Weiterbildungsangeboten zu versorgen. Doch die ärztlichen Tätigkeiten haben sich in den vergangenen Jahren relevant verändert. Eine sich zunehmend beschleunigende Entwicklung, die sowohl die medizinischen Inhalte als auch die Art und Weise des Lernens betrifft.

Mit der Neustrukturierung haben wir uns auf den Weg gemacht, diesen Veränderungen Rechnung zu tragen. Wir haben uns alle Prozesse der Akademie, ihre Personalstrukturen und die Räumlichkeiten angeschaut. Dabei standen nicht nur die Betrachtung einzelner Bereiche, sondern der Blick auf das ganze System im Mittelpunkt. Für diese komplexe Aufgabe haben wir uns zusätzlich Unterstützung durch eine externe Beratung geholt.

Als entscheidendes Kriterium für eine erfolgreiche Neuaufstellung erwies sich die neue Akademieleitung. Aber die Analyse zeigte auch, dass es Zeit brauchen würde, alle Aspekte aufzugreifen. Alles musste parallel laufen und in enger Abstimmung mit allen Beteiligten umgesetzt werden. Eine große Herausforderung, zumal nicht nur die Akademieleitung und die Ärztliche Geschäftsführung, sondern auch Mitarbeitende, Teilnehmende, Referentinnen und Referenten sowie die gesamte hessische Ärzteschaft betroffen und einzubeziehen waren.

Mit welchen Zielen sind Sie vor einem Jahr an die neue Aufgabe herangegangen? In wieweit haben Sie Ihre Vorstellungen bisher realisieren können und welche Akzente setzen Sie?

Susanne Florin, M.A., MBA: Wichtig war und ist mir, das Angebot der Akademie für Ärztinnen und Ärzte relevant und zukunftsorientiert zu gestalten. Nach meiner Einarbeitung hatte dieses Ziel für mich erste Priorität. Bisher konnte schon Einiges davon umgesetzt werden, wie zum Beispiel die sehr frühe Veröffentlichung der Veranstaltungsangebote für das kommende Jahr auf der Website. Auch ist es uns gelungen, die Preise nur leicht zu erhöhen und attraktive Bündelpreise anzubieten.

Mir kommt es darauf an, bei den großen Kursweiterbildungen Planungssicherheit für die Teilnehmenden zu schaffen, damit sie wissen, wann sie ihre Weiterbildung abschließen können.

Ein anderer wichtiger Punkt ist die Relevanz der Veranstaltungen der Akademie für die hessischen Ärztinnen und Ärzte. Wir überprüfen die zahlreichen Veranstaltungswünsche, die an uns herangetragen werden. Wie viele der hessischen Ärztinnen und Ärzte benötigen diese Veranstaltung? Welche Nutzen hat sie für die Ärzteschaft? Ist die Fortbildung verpflichtend? Gibt es neue Curricula, Verordnungen, (Muster) Kursbücher? Mein Anspruch ist, zusammenfassend gesagt, dass die Akademie ein absolut aktuelles und relevantes Programm anbietet.

Frau Florin arbeitet eng mit der Ärztlichen Geschäftsführung zusammen. Worauf legen Sie dabei besonderen Wert?

Nina Walter: Teil unseres Strategieentwicklungsprozesses war die Erkenntnis, dass der enge Austausch der Ärztlichen Geschäftsführung mit der Akademieleitung sowie der Leitung der Weiterbildungsabteilung und der Ärzteschaft insgesamt ganz entscheidende Parameter sind. Unsere gegenseitige Ergänzung in regelmäßigem Austausch hat sich als sehr fruchtbar und zielführend erwiesen.

Es gilt, gemeinsam ein Netzwerk zu schaffen, in dem wir uns bewegen, um das Programm der Akademie weiterzuentwickeln. Dazu treffen wir uns real und virtuell.

Dass Frau Florin auch regelmäßig in der Landesärztekammer in Frankfurt präsent ist, ist sowohl für den Austausch mit der ÄGF als auch mit dem Haupt- und dem Ehrenamt außerordentlich wichtig!

Welche Kriterien legen Sie bei der Auswahl des Programmes an? Und welchen Stellenwert hat digitales Lernen in der Akademie?

Susanne Florin: Wir überarbeiten derzeit das komplette Veranstaltungsportfolio der Akademie nach den Aspekten Digitalisierung, Aktualität, Relevanz und Rentabilität. Die Digitalisierung nimmt dabei einen besonderen Stellenwert ein. So haben wir im Frühsommer das Repetitorium Allgemeinmedizin erstmals im Hybridformat angeboten. Das wurde sehr gut angenommen und weitere Hybridveranstaltungen sind nun in Planung.

Gleichzeitig erfolgt die Umstellung auf digitale Handouts – eine Maßnahme, die durch das Einsparen von Papier dem Klimaschutz dient. Auch dies eine Reaktion auf die Anregung von Teilnehmenden, auf die großen, schweren, mit Papier gefüllten Ordner zu verzichten.

Darüber hinaus sind wir dabei, asynchrone Webinare zu erstellen und aufzubauen. Sie sollen es Teilnehmenden ermöglichen, nach ihrem eigenen Zeitplan CME-Punkte zu erwerben und ihr Wissen auf den neuesten Stand zu bringen. In diesem Zusammenhang sind auch Kooperationen, beispielsweise mit dem KI-Campus und Anbietern von Virtual Reality-Techniken, geplant. Außerdem aktualisieren und überarbeiten wir derzeit unsere Lernplattform Illias.

Auch die Abläufe in der Akademie sind von der Digitalisierung betroffen. Zukünftig werden die Evaluationen der Veranstaltungen online durchgeführt. Und es wird keinen Print-Veranstaltungskatalog mehr geben.

Sie haben mit diesen Maßnahmen erhebliche Umstellungen vorgenommen. Warum war es notwendig, die Veränderungen in verhältnismäßig kurzer Zeit umzusetzen?

Susanne Florin: Die Maßnahmen sind kein Mittel zum Selbstzweck. Vielmehr kommt es darauf an, mit der Zeit zu gehen, wettbewerbsfähig zu bleiben und die Akademie zukunftsorientiert aufzustellen.

Wir möchten die hessische Ärzteschaft auf ihrem gesamten Berufsweg mit Fort- und Weiterbildung begleiten und unterstützen. Deshalb ist es mir so wichtig, dass das Angebot der Akademie so attraktiv, relevant und zukunftsorientiert ist, wie möglich.

Auf welche Reaktionen stößt die „neue“ Akademie bei Teilnehmenden und Referenten?

Nina Walter: Neben dem intrinsischen ärztlichen Bestreben nach kontinuierlicher Fort- und Weiterbildung sind Ärztinnen und Ärzte verpflichtet, sich auf dem aktuellen Stand des Wissens zu halten. Auf der anderen Seite sind wir als Kammer laut SGB V verpflichtet, Fort- und Weiterbildung der Kolleginnen und Kollegen zu fördern. Das gelingt nun mit unserer Akademie zunehmend besser.

Wir hören und lesen es in unseren Evaluationen und im Kollegenkreis, wir spüren es bei den Anmeldungen: Ärztinnen und Ärzte sind sehr froh darüber, dass sie frühzeitig auf Angebote der Akademie hingewiesen werden, dass Hinweise und Anregungen aufgegriffen und diese in Fortbildungsangebote umgesetzt werden.

Interessant ist auch die Erkenntnis, dass sich die Netzwerkbildung der Kolleginnen und Kollegen gerade auch durch die digitalen Formate verstärkt.

Was man nicht vergessen darf: Der besondere Standort der Akademie in Bad Nauheim ist mit Übernachtungsmöglichkeiten im Gästehaus verbunden; das ist vor allem bei mehrtägigen Veranstaltungen ein großes Plus.

Andererseits können halb- oder eintägige Veranstaltungen auch in dem Gebäude der Landesärztekammer in Frankfurt stattfinden, was auf eine sehr positive Resonanz stößt. Die Räumlichkeiten kommen gut an und werden entsprechend genutzt. Die Landesärztekammer Hessen als Begegnungsstätte der hessischen Ärzteschaft. So ist unser Gebäude geplant, so wird unser Gebäude gelebt.

Wir versuchen darüber hinaus auch andere Regionen in Hessen zu erreichen – Nord- und Osthessen beispielsweise – und dort Veranstaltungen anzubieten, zum Teil auch in Zusammenarbeit mit lokalen Kooperationspartnern. Dabei sind wir auf Unterstützung vor Ort angewiesen. Gerne können Interessierte mit Kooperationsangeboten an Frau Florin und an mich herantreten.

Frau Florin, wie lautet Ihr bisheriges Fazit? Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Susanne Florin: Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Mitarbeitenden der Akademie in Bad Nauheim, aber auch die Kursleiter und Referenten die Veränderungsprozesse so gut mitgetragen haben. Nicht zuletzt müssen auch der bauliche Zustand und die Ausstattung der Räumlichkeiten in Bad Nauheim verbessert werden. Mein erklärtes Ziel ist, mit der Akademie ein bestmögliches und im Vergleich zu den Wettbewerbern sehr gutes Angebot für die hessischen Ärztinnen und Ärzte bereitzuhalten.

Interview: Katja Möhrle

Biografisches

Susanne Florin (M.A., MBA) leitet seit 1. Mai 2023 die Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung der Landesärztekammer Hessen. Sie ist sowohl in Bad Nauheim als auch regelmäßig am Kammersitz in Frankfurt tätig.

Zuvor lebte und arbeitete Florin 13 Jahre lang in Kalifornien und schloss dort ein MBA-Studium mit Schwerpunkt Marketing an der University of San Diego ab, danach war sie dort von 2012–2023 als Stiftungsdirektorin tätig. Von 2000–2007 leitete die studierte Romanistin und Amerikanistin die Euro-Schulen Akademie für Wirtschaft & Sprachen in Mainz. Susanne Florin bringt 20 Jahre Führungserfahrung und Marketingexpertise in die Neu- und Weiterentwicklung der Akademie ein.