Es kommt zugegebenermaßen bei mir nicht oft vor, doch heute war es so weit: Ich stimme mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach überein, denn er sagte „Nichtstun ist keine Option.“
Er bezog dies zwar konkret auf sein Vorhaben, das deutsche Gesundheitswesen besser gegen Krisen und auch für militärische Konflikte zu wappnen, aber traf mit diesem Satz zugleich ins Schwarze. Ich stimme ihm übrigens auch in der Sache zu, denn das deutsche Gesundheitswesen muss endlich besser gerüstet werden, um mit Krisensituationen geordnet und erfolgreich umgehen zu können, seien sie ziviler oder militärischer (was hoffentlich nie eintreffen möge) Natur.
Dazu gehört zum Beispiel auch die Stärkung der zivil-militärischen Zusammenarbeit im Gesundheitswesen mit dem Sanitätsdienst der Bundeswehr. Die vor wenigen Tagen laut Presseberichten bekannt gewordenen Pläne, im Rahmen einer Umstrukturierung der Bundeswehr deren Sanitätsdienst mit der Streitkräftebasis in einen Unterstützungsbereich zusammenzuführen, würden de facto zu dessen Nichtsichtbarkeit in der Führungsstruktur führen, obwohl angesichts der sich verschärfenden Krisensituationen die Bedeutung des Sanitätsdienstes künftig noch weiter steigen wird. Daher haben sich die Bundesärztekammer, die Kassenärztliche Bundesvereinigung, der Marburger Bund, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Bundeszahnärztekammer, die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und sogar der Gemeinsame Bundesausschuss in einem gemeinsamen Schreiben an Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius gewandt, um sich gegen ein derartiges Vorhaben auszusprechen.
Eine solche Gemeinsamkeit innerhalb der Ärzteschaft wünsche ich mir übrigens viel öfter. Vielleicht findet dieser Brief ja auch noch Unterstützung durch seinen Parteikollegen Lauterbach. Denn: Nichtstun ist keine Option.
Das gilt auch für die noch immer bestehenden Mängel in der Arzneimittelversorgung. So gibt es Engpässe bei salbutamolhaltigen Dosieraerosolen, aber auch bei den Antibiotika Amoxicillin und Penicillin V für Kinder. Da ist es doch ein Lichtblick, dass zumindest Schmerzen, die mit Acetylsalicylsäure behandelbar sind, bekämpft werden können, denn auch 125 Jahre, nach dem der deutsche Chemiekonzern Bayer ASS unter dem Namen Aspirin auf den Markt brachte, befindet sich die größte Produktionsstätte für Aspirin noch in Deutschland, nämlich in Bitterfeld-Wolfen in Sachsen-Anhalt. Dort werden jährlich unfassbare rund drei Milliarden Tabletten produziert. Leider werden wir dessen ungeachtet einen langen Atem und wirksame Anreize benötigen, um wenigstens wieder einen Teil der sonstigen Arzneimittelproduktion nach Europa zurückzuholen. Der Verlust dieser Produktionsstätten und die zahlreichen, bislang leider erfolglosen Diskussionen um deren Wiederaufbau zeigen deutlich, dass es sehr leicht ist, bestehende Strukturen abzubauen bzw. zu zerstören, aber enorm schwierig, wenn nicht gar unmöglich, aber auf jeden Fall sehr langwierig, diese wieder aufzubauen. Diese Gefahr besteht nun auch bei der bevorstehenden Krankenhausreform. Wann werden die Gelder für die Tarifkostensteigerungen zur Verfügung gestellt? Doch hoffentlich bevor es zu dem befürchteten, unkontrollierten Krankenhaussterben kommt.
Denn: Nichtstun ist keine Option.
Wann werden hausärztliche Leistungen – wie angekündigt – endlich entbudgetiert? Selbstredend müssen auch die fachärztlichen Leistungen entbudgetiert werden. Auch die Tarifsteigerungen für die Medizinischen Fachangestellten müssen refinanziert werden.
Denn: Nichtstun ist keine Option.
Wann wird die GOÄ endlich reformiert? Die Bundesärztekammer und der Verband der Privaten Krankenkassen haben ihre Vorarbeiten sehr gründlich erledigt.
Denn: Nichtstun ist keine Option.
Die bislang unkontrollierte Inanspruchnahme medizinscher Leistungen muss endlich einer sinnvollen Steuerung zugeführt werden.
Denn: Nichtstun ist keine Option.
Ach ja und dann ist da ja noch die Sache mit der Bürokratie, die soll ja auch auf ein vernünftiges Maß zurückgeführt werden.
Denn: Nichtstun ist keine Option.
Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident