Aktualisiertes Krebsregistergesetz und digitales Fördervorhaben
Um die klinisch-epidemiologische Krebsregistrierung zu stärken und Meldelücken zu schließen, setzt das Hessische Krebsregister auf die kürzlich in Kraft getretene Gesetzesnovelle und sein aktuelles Fördervorhaben „Anschluss des ambulanten Sektors“. Während einerseits im Gesetz eine Sanktion für anhaltend fehlende oder falsche Meldungen eingeführt wird, fördern das Hessische Krebsregister und das Land Hessen andererseits die Vereinfachung des Meldevorgangs.
Novellierung des Hessischen Krebsregistergesetzes
Im Oktober 2014 begann mit der zweiten Novellierung des Hessischen Krebsregistergesetzes die klinisch-epidemiologische Krebsregistrierung in ganz Hessen. Seitdem erfasst das Krebsregister Daten zur Krebsdiagnose, -therapie und -nachsorge und trägt so langfristig zum Fortschritt in der Prävention, Therapieoptimierung, Versorgungsforschung und Qualitätssicherung bei. Nach der dritten Gesetzesnovellierung im Dezember 2019 trat am 15. August 2023 seine aktuelle Neufassung in Kraft. Die Novelle bringt wichtige Neuerungen mit, um die Qualität und Nutzung der Krebsregisterdaten zu verbessern.
Forschung und Datennutzung
Die Gesetzesnovelle ermöglicht dem Krebsregister, sich sowohl an der Versorgungs- und Ursachenforschung zu beteiligen als auch Forschungsprojekte selbstständig durchzuführen. Auch schafft sie die rechtliche Grundlage, Daten an das Zentrum für Krebsregisterdaten beim Robert Koch-Institut und andere Institutionen auf nationaler und internationaler Ebene zu senden. Ferner erleichtert die Novelle den Zugang zu Krebsregisterdaten für wissenschaftliche Zwecke, indem sie die Möglichkeiten zur Datennutzung und -übermittlung transparenter aufzeigt.
Rechte von Betroffenen
Wurde früher bei einem Widerspruch der gesamte Datensatz zu einer betroffenen Person nicht gespeichert, greift mit der Novelle eine wichtige Änderung. Um medizinisches Behandlungswissen nicht zu verlieren, schränkt sich das angepasste Widerspruchsrecht auf die dauerhafte Speicherung der Identitätsdaten (z. B. Name, Anschrift, Versichertendaten) einer betroffenen Person ein. Damit kann das Krebsregister die Behandlungsdaten ohne Identitätsbezug nutzen und weiter einen vollzähligen und vollständigen Datenbestand aufbauen. Die Novelle stärkt weiterhin den Datenschutz durch die Einführung neuer Löschfristen.
Meldetätigkeit von medizinischen Einrichtungen
Die Novelle führt die Meldepflicht von prognostisch ungünstigen Hauttumoren ein. Ebenso weitet sie die Verantwortung für die Meldetätigkeit von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten bzw. Chefärztinnen und -ärzten auf die Geschäftsführungen von medizinischen Einrichtungen aus.
Beispiel: Sofern der Verwaltungsdirektor einer Klinik sich nachweislich weigert, die von einem nach dem Krebsregistergesetz meldepflichtigen Arzt aufgewandte Zeit für Krebsmeldungen als Arbeitszeit anzuerkennen bzw. zu vergüten, kann er Adressat des Ordnungswidrigkeitsverfahrens werden.
Die Novelle präzisiert die rechtzeitige, richtige und kontinuierliche Datenübermittlung und schafft Papiermeldungen ab. Neu ist auch, dass das Krebsregister ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten darf, wenn die Meldetätigkeit nicht oder nicht den Vorgaben entsprechend durchgeführt wird. Eine Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden.
Krebsmeldungen fordern
- Verantwortung für die Umsetzung des Krebsregistergesetzes tragen nun auch die Geschäftsführungen.
- Präzisierung des Meldeverfahrens
- Umstellung auf rein digitale Meldewege
- Geldbuße bis 50.000 Euro bei Ordnungswidrigkeit
Die vollständige Fassung des Hessischen Krebsregistergesetzes finden Sie hier:
www.hessisches-krebsregister.de → Über uns → Historie und gesetzliche Grundlage
Fördervorhaben „Anschluss des ambulanten Sektors“
Zwar wird das Krebsregister die Krebsmeldung zukünftig mit mehr Nachdruck einfordern, gleichzeitig aber auch fördern und vereinfachen. Deshalb verwirklicht es gemeinsam mit der Landesärztekammer Hessen das Fördervorhaben „Anschluss des ambulanten Sektors an das Hessische Krebsregister“, das mit Mitteln des Landes Hessen unterstützt wird.
Das Vorhaben sieht vor, Softwareunternehmen finanziell zu fördern, damit sie neue Erfassungsformulare und eine Schnittstelle für die Krebsregistrierung (oBDS-Schnittstelle) in ihrem Praxissystem zur Verfügung stellen. Darüber sollen Praxisteams Krebsmeldungen nach dem bundeseinheitlichen onkologischen Basisdatensatz (oBDS) erfassen, Meldungspakete generieren und über das Meldeportal an das Krebsregister übermitteln (siehe Abbildung 1).
Praxissystem als Dreh- und Angelpunkt
Um die Akzeptanz für die Krebsmeldung zu stärken, baut das Vorgehen auf bewährte Prozesse im Praxisbetrieb auf: Wie die Abrechnung mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) soll die quartalsweise Krebsmeldung künftig auch mithilfe des Praxissystems erfolgen. Ein Vorteil ist, dass kein kostenpflichtiges Zweitsystem für die Datenerfassung erforderlich ist. Auch werden doppelte Dateneingaben erspart, indem Felder mit bereits im System vorhandenen Informationen vorausgefüllt werden, z. B. Personen- und Versicherungsdaten oder ICD-10-Codes. Die Krebsmeldung soll wie die KV-Abrechnung Teil der Praxisroutine werden.
Beteiligte und Projektstatus
Die Landesärztekammer Hessen und die Vertrauensstelle des Hessischen Krebsregisters organisieren das Vorhaben. Es wird vom Hessischen Ministerium für Digitale Strategie und Entwicklung finanziell gefördert und vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration fachlich begleitet.
Derzeit sind Softwareunternehmen zur Teilnahme aufgerufen. Nach der Projektzusage folgt die Entwicklung der Erfassungsformulare, was je nach Praxissystem bis zu sechs Monate dauern kann. Nach erfolgreicher Entwicklung und Liveschaltung in den Praxissystemen werden sowohl die Softwareunternehmen als auch die Vertrauensstelle den hessischen Praxisteams den Einstieg in die Meldetätigkeit mit Schulungen erleichtern.
Aktuelle Informationenzum Fördervorhaben, zum Projektstatus und zu den teilnehmenden Softwareunternehmen sind auf der Website des Hessischen Krebsregisters zu finden. Sobald erste Praxissysteme die Krebsmeldung anbieten, erscheinen auch Informationen im Hessischen Ärzteblatt.
Mehr zum Fördervorhaben finden Sie hier: www.hessisches-krebsregister.de
Krebsmeldungen fördern
- Krebsmeldung über das Praxissystem
- Keine Kosten für Praxisteams für 24 Monate
- Vereinfachungen bei der Dateneingabe
- Bedienungshinweise und -schulungen
Mit dem Fördervorhaben und vielfältigen Serviceangeboten will das Krebsregister die Meldetätigkeit weiter vereinfachen. Beispielsweise werden zur Krebsmeldung regelmäßig Webseminare durchgeführt und Schulungsvideos auf YouTube (@hessisches-krebsregister) veröffentlicht.
Martin Rapp, Dr. med. Gunther Rexroth, Vera Reinhard
Kontakt: Vertrauensstelle des Hessischen Krebsregisters, E-Mail: info@hessisches-krebsregister.de