Susanne Florin ist neue Leiterin der Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung
Ein Gespräch über Weiterentwicklung und Zukunftsperspektiven der Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung mit der neuen Leiterin Susanne Florin, Nina Walter, stellv. Ärztliche Geschäftsführerin der Landesärztekammer Hessen, Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Hans-Rudolph Tinneberg, dem Vorstandsvorsitzenden der Akademie, und ihrer bisherigen Leiterin Dr. Aline Zetsche.
Frau Florin, Sie haben im Mai Ihre Tätigkeit als neue Leiterin der Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung begonnen. Wie geht es Ihnen wenige Wochen nach dem Start?
Susanne Florin: Sehr gut, danke. Schon nach den ersten Monaten kann ich sagen, dass ich mich in meinem neuen Arbeitsumfeld ausgesprochen wohl fühle. Ich habe mich dank der ausgezeichneten Einführung durch meine Vorgängerin Frau Dr. Zetsche intensiv einarbeiten können, so dass ein reibungsloser Übergang gelingen kann. Auf die Aufgaben, die auf mich warten, freue ich mich. Durch meine methodisch-didaktische sowie betriebswirtschaftliche Vorbildung und Erfahrung bin ich sicher, gut für meine künftige Tätigkeit aufgestellt zu sein.
Was hat Sie an der neuen Position gereizt? Welche Erfahrungen bringen Sie mit? Bitte erzählen Sie uns etwas über Ihren bisherigen Werdegang.
Florin: Besonders gereizt hat mich, dass ich jetzt in einer spannenden Zeit der Neustrukturierung zur Akademie gekommen bin. Ich sehe es als positive Herausforderung, dass ich den Wandel, insbesondere auch im Bereich Digitalisierung, mitgestalten kann.
Erfahrungen mit der Weiterentwicklung und Führung von Bildungseinrichtungen bringe ich mit. So habe ich nach dem Studium und ersten Berufserfahrungen in Mainz eine Akademie für Wirtschaft und Sprachen mitaufgebaut und mehrere Jahre geleitet. In Kalifornien leitete ich dann zunächst die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit einer traditionsreichen Stiftung, der Torrey Pines Conservancy, später übernahm ich die Leitung der Stiftung.
Zu meinen Aufgaben gehörten die Konzeption von Veranstaltungen ebenso wie Marketing und Sponsoring. Während der Pandemie und bis zu meinem Arbeitsbeginn in der Akademie – insgesamt über zweieinhalb Jahre lang – habe ich mein Team in den USA überwiegend aus Deutschland digital geführt. Ich bin daher mit Online-Kommunikation, Online-Veranstaltungen und digitalem Lernen bestens vertraut.
Die Akademie hat sich seit ihrer Gründung vor über einem halben Jahrhundert kontinuierlich weiterentwickelt. Worauf lagen die Akzente in den vergangenen Jahren, Herr Prof. Tinneberg?
Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Hans-Rudolf Tinneberg: Zunächst heiße ich Frau Florin im Namen des Vorstands der Akademie ganz herzlich willkommen. Was ich bemerkenswert finde, ist, dass Sie sich mit ihrer vielfältigen Vorbildung und Erfahrung in dieser Phase des Wandels nicht nur in die Akademie „hereintrauen“, sondern sich sogar darauf freuen!
Dank der exzellenten Arbeit von Frau Dr. Zetsche und Frau Sandra Bauer, der bisherigen Doppelspitze, ist schon viel geleistet worden, um die Akademie auf einen erfolgreichen Weg in die Zukunft zu bringen. Hierfür möchte ich beiden meinen großen Dank aussprechen. In Zusammenarbeit mit dem Ehrenamt und der hauptamtlichen Geschäftsführung setzte sich das Führungsduo in seiner elfjährigen Tätigkeit für wirtschaftliche Stabilität und strategische Weiterentwicklung der Akademie ein. Große Projekte der vergangenen Jahre waren die Etablierung der Module Antibiotic Stewardship und Sozialmedizin sowie die Digitalisierung der Verwaltung. Ziel war es immer, hervorragende Expertinnen und Experten als Referentinnen und Referenten zu finden. Keine leichte Aufgabe, denn die Experten haben wenig Zeit. Aus diesem Grund hat Frau Dr. Zetsche Ärzteteams gebildet und koordiniert, um ihnen so viele organisatorische Aufgaben wie möglich abzunehmen. So konnte der Qualitätsanspruch der Akademie ausgebaut werden.
Diese Veränderungen betrafen die Fortbildungsangebote. Hat sich auch die Akademie als Einrichtung, die auf dem Markt mit anderen Bildungsanbietern konkurriert, geändert?
Tinneberg: Wir mussten nicht nur das Fort- und Weiterbildungsangebot verbessern, sondern auch unsere eigenen Prozesse effektiv organisieren und mit neuer Verwaltungssoftware gestalten. Das hat uns bei der Planung und Entwicklung vorangebracht. Ich möchte dabei hervorheben, dass dies alles geschehen ist, während wir mit den Herausforderungen von Corona fertig werden mussten. Wir haben unsere Veranstaltungen in den vergangenen drei Jahren sehr weitreichend digitalisiert. Der Druck für schnelle Veränderungen kam von außen durch die Pandemie. Das, was eigentlich ein kontinuierlicher Prozess sein sollte, erfolgte gewissermaßen mit einem Schlag. Mit großem Engagement haben sich unsere Mitarbeiterinnen in dieser Zeit weiterentwickelt und fortgebildet. Unter anderem wurde ein Übertragungsstudio im Akademiegebäude eingerichtet, aus dem Veranstaltungen live gesendet werden – mit allen Möglichkeiten zum direkten Austausch zwischen Teilnehmern und Referenten, die man sich wünschen kann. Natürlich können dort auch Vorträge aufgezeichnet werden.
Wo lagen die Schwerpunkte Ihrer Arbeit in den zurückliegenden Jahren, Frau Dr. Zetsche? Was macht das Akademieangebot bisher aus?
Dr. Aline Zetsche: Die Aufgabe der Akademie war und ist es, Kurs-Weiterbildungen und qualifizierende Fortbildungen umzusetzen, die von hessischen Ärzten für ihr berufliches Fortkommen und ihre Aufgaben in der Versorgung ihrer Patienten benötigt werden. Dabei ist unser Ziel, die Angebote so zu gestalten, dass Fortbildung auch Freude macht und anschaulich ist – dass die Veranstaltungen inhaltlich brandaktuell und methodisch praxisbezogen und digital ausgerichtet sind. Wir bauen seit Längerem praktische Elemente ein, holen medizinische Geräte in die Kurse und organisieren Exkursionen und Hospitationen. Letzteres ist mit großem logistischem Aufwand verbunden – für uns und für unsere Partner in Kliniken, Praxen und bei Betriebsbegehungen. Es wird aber auch mit begeisterter Zustimmung der Teilnehmer belohnt. Die Palette der Veranstaltungsformate ist erweitert worden. Nach wie vor bieten wir die „klassischen“ Formate, Vorträge und Gruppenarbeiten, sowie praktische Bestandteile wie Übungen und Hospitationen an. Hinzu kommt die inzwischen nahezu regelhafte Begleitung von Veranstaltungen durch eine Lernplattform, mit E-Learning, Arbeitsmaterial, Links, Literaturhinweisen, Videos, Handouts, etc.
Die Herausforderungen der vergangenen Jahre haben zu weiteren Innovationen geführt: So haben wir während der Corona-Krise in Workshops ein Konzept für interaktive Live-Online-Veranstaltungen entwickelt. Auch mussten im Zuge der neuen, 2020 in Kraft getretenen Weiterbildungsordnung neue Curricula und neue qualifizierende Fortbildungen umgesetzt werden. Den Verwaltungsaufwand haben wir dank neuer Strukturen und Software straffen können.
Auf Beschluss des Präsidiums begann in der zurückliegenden Wahlperiode ein Beratungsprozess unter der Leitung von Nina Walter, stellv. Ärztliche Geschäftsführerin, und Dr. med. Alexander Marković, Ärztlicher Geschäftsführer der LÄKH, der weiter fortgesetzt werden soll. Ziel ist es, die Akademie noch besser für die Anforderungen der Zukunft aufzustellen und sie wettbewerbsfähig zu machen. Worin liegen die Stärken der Akademie und wie sehen die Zukunftsperspektiven aus, Frau Walter?
Nina Walter: Mit der Frage „Wo kommen wir her?“ möchte ich an dieser Stelle einen Bogen schlagen. Die Landesärztekammer Hessen hat das Glück, früh die Entscheidung getroffen zu haben, eine Akademie zu gründen. Dieses Glück hat nicht jede Kammer und wir können stolz darauf sein, denn die vor über 50 Jahren gegründete, älteste Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung in Deutschland – eine Einrichtung von Ärzten für Ärzte – hat einen hohen Stellenwert. Die angebotene Fortbildung wird aus der Ärzteschaft heraus entwickelt und von Kursleitern und Referenten gestaltet. Dafür versucht die Ärztekammer, herausragende Persönlichkeiten aus der Ärzteschaft zu gewinnen.
Wir bewegen uns in einem sich schnell entwickelnden Umfeld. Das Präsidium und die Geschäftsführung haben Geld in die Hand genommen, um zeitnah Fortbildung in modernen didaktischen Formaten anzubieten. Voraussetzung für deren bedarfsgerechte Gestaltung war eine Ist-Analyse. Diese ergab, dass bereits viele gute Grundlagen vorhanden waren, auf denen aufgebaut werden konnte.
In einem weiteren Schritt haben wir uns die Frage gestellt: Was sollen wir in Zukunft anbieten und – ganz wichtig – was sollen wir lassen? Mit dem Ergebnis, dass wir den einen oder anderen alten Zopf abschneiden mussten. Auch war klar, dass die Digitalisierung von Fortbildung kein Selbstzweck sein darf, sondern unterstützendes Element. Die Herausforderung dabei war, alle mitzunehmen, sowohl Mitarbeiter als auch Teilnehmer und Kursleiter. Mit der Weiterentwicklung der Akademie ist zugleich auch eine Kompetenzerweiterung der Referenten auf hohem Niveau verbunden.
Bei der Analyse des Ist-Zustandes haben wir viel gelernt, unter anderem, wie wir perspektivisch besser monitoren, um noch besser und schneller agieren zu können. Unser Ziel ist es, auf Datenbasis und nicht auf Mutmaßungen gestützt unsere Marktführerschaft weiter zu entwickeln.
Tinneberg: Das Projekt „Akademie im Wandel“ hat bisher schon sehr gut geklappt. Aber wir müssen noch besser werden. Um zu erfahren, was unsere Mitglieder und Kursteilnehmer von der Akademie erwarten, sind Befragungen wichtig. Auch soll es künftig eine noch stärkere Verzahnung und Abstimmung zwischen Ärztlicher Geschäftsführung und Akademie geben. Dabei soll gerade auch die engere Einbindung der Weiterbildungsabteilung für Impulse sorgen.
Betrifft der Wandel ausschließlich strukturelle und inhaltliche Aspekte, oder bezieht er auch die Räumlichkeiten der Akademie mit ein?
Walter: Zum Gesamtbild gehören natürlich auch die Räumlichkeiten. Wenn man an die Akademie denkt, hat man den wunderbaren Standort Bad Nauheim im Kopf. Allerdings ist das Akademiegebäude inzwischen in die Jahre gekommen und stößt an seine Kapazitätsgrenzen. Eine Renovierung reicht nicht aus; nötig wäre eine Sanierung. Die Analyse der Unternehmensberatung, die wir zu Beginn des Umstrukturierungsprozesses hinzugezogen hatten, ergab außerdem, dass der Standort erweitert werden muss, damit die Akademie auch räumlich näher an die Kolleginnen und Kollegen heranrückt. Wir werden daher künftig vermehrt Fortbildungsangebote in Frankfurt, dem zweiten Standort der Akademie, aber auch an anderen Orten in Hessen, z. B. in Krankenhäusern, veranstalten. Darüber, ob eine Sanierung oder ein Umbau des Akademiegebäudes in Bad Nauheim erfolgen soll, ist noch keine abschließenden Entscheidung getroffen worden. Aber die positive Botschaft lautet: Die Landesärztekammer steckt viele Ressourcen in die Weiterentwicklung der Akademie, um sie fit für die Zukunft zu machen.
Frau Florin, mit Rückenwind der Ärztlichen Geschäftsführung stehen Sie als neue Leitung für die Zukunft der Akademie. Wie sehen Ihre Vorstellungen aus?
Florin: Wie eingangs gesagt, habe ich durch die Einarbeitung durch meine Vorgängerin ein gute Ausgangslage vorgefunden. Außerdem ein hoch qualifiziertes, motiviertes Team.
Durch die strategische Neuausrichtung wollen wir die Akademie zu einer starken, modernen Einrichtung entwickeln, die eine bedarfsorientierte und qualitativ hochwertige Fort- und Weiterbildung anbietet. Auch wenn es etwas klischeehaft klingen mag: Wir möchten eine Verbindung schaffen zwischen Tradition und Moderne. Kurz gesagt, eine traditionsbewusste Akademie, die moderne Wege geht. Einer der wichtigsten Punkte ist dabei die Digitalisierung.
Meine Vision ist der Ausbau der Marktführerschaft der Akademie in unseren Kernkompetenzen. Zugleich werden wir die Wirtschaftlichkeit der Akademie stärker als bisher berücksichtigen müssen.
Ich habe eine riesige Liste mit Ideen, um diese Ziele zu erreichen. So muss sich im Bereich Marketing einiges tun. Die Akademie und ihre Angebote müssen bekannter werden. Dafür werden wir unsere Zielgruppen auf verschiedenen Kanälen ansprechen; eine wichtige Rolle spielen dabei Soziale Netzwerke. Auch bei der Vermittlung von Lerninhalten wollen wir künftig mehr mit Podcasts und weiteren digitalen Formaten arbeiten. Wie Dr. Zetsche und Prof. Tinneberg bereits ausgeführt haben, hat die Akademie schon vor einigen Jahren begonnen, online interaktive Elemente in Fortbildungsangebote einzubinden. Das wollen wir weiterentwickeln – hierbei vor allem das interaktive Element voranbringen, digitale Plattformen verknüpfen sowie Präsenz- und Online-Übungen kombinieren bis hin zu Infotainment, um das Beste aus beiden Welten zusammenzuführen. Auch werden wir den Kontakt zur Weiterbildungsabteilung der LÄKH intensivieren, weil wir den Schwerpunkt Weiterbildung weiter ausbauen wollen. Ich habe schon viele Kursleiterinnen und Kursleiter sowie Referentinnen und Referenten kennengelernt und freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihnen. Aus Erfahrung wissen wir: Je abwechslungsreicher die Formate sind, desto besser die Rückmeldungen. Ich könnte mir außerdem vorstellen, künftig auch englischsprachige Fortbildung in der Akademie anzubieten.
Interview: Katja Möhrle, Marissa Leister
Biografie von Susanne Florin, neue Leiterin der Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung
2000 Abschluss Magister Artium und Staatsexamen in Romanistik und Amerikanistik an der Johannes-Gutenberg Universität Mainz.
2000–2007 Leitung der Euro-Schulen Akademie für Wirtschaft & Sprachen in Mainz. Vergrößerung des Veranstaltungsportfolios, Erweiterung des Kreises der hoch qualifizierten Referierenden und erfolgreiche Neuausrichtung der Akademie.
2007 Umzug nach San Diego, USA. MBA Studium mit Schwerpunkt Marketing an der University of San Diego, Kalifornien.
2012–2023 Leitung der traditionsreichen Stiftung „Torrey Pines Conservancy“ in La Jolla, Kalifornien. Digitalisierung von Veranstaltungen, Schwerpunkt Marketing und Sponsoring.