Mit der konstituierenden Sitzung am 9. September hat die neu gewählte Delegiertenversammlung ihre Arbeit für die Wahlperiode 2023–2028 aufgenommen. Die zu bearbeitenden Themen sind dabei so gewaltig und vielfältig wie der ärztliche Beruf selbst. Schon ein kurzer Blick auf den Internetauftritt des Bundesgesundheitsministeriums genügt hierfür. Allein acht Stellungnahmen der Regierungskommission zur Krankenhausreform zur Versorgung in der Kinder- und Jugendmedizin und den Psych-Fächern. Es finden sich zudem unter anderem ein Entwurf zu einem Krankenhaustransparenzgesetz, Projekte zur Digitalisierung (u. a. die elektronische Patientenakte ePA) oder die Koordinierung und Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienst. Dazu kommen „Kleinigkeiten“ wie der demographische Wandel und der Fachkräftemangel. All diese Themen müssen von der Kammer bewertet, begleitet und in Teilen auch umgesetzt werden.
Darüber hinaus haben wir in Hessen die neue Weiterbildungsordnung in ihrer Umsetzung zu begleiten, Weiterbildungsstellen zu prüfen, Befugungen zu erteilen und dabei auch die Qualität der Weiterbildung zu kontrollieren. Zukünftig werden Weiterbildungen zunehmend an mehr als einer Weiterbildungsstätte erfolgen. Der Wechsel zwischen diesen muss so gestaltet werden, dass er nicht zu einem bürokratischen Albtraum wird, die Qualität der Weiterbildung aber erhalten bleibt.
Zusammenarbeit zwischen den Sektoren, Sicherung der Berufshoheit
Ein zentrales Thema, wenn nicht das zentrale Thema ist die Zusammenarbeit zwischen den Sektoren. Die Grenzen zwischen stationärer und ambulanter Versorgung bestehen aktuell in erster Linie aus bürokratischen und abrechnungstechnischen Mauern. Dabei sitzen die Krankenhäuser und die Kassenärztliche Vereinigung im Prinzip in baugleichen Booten, sie müssen hart verhandelte Budgets irgendwie so verteilen, dass die Versorgung der Patientinnen und Patienten sichergestellt ist und andererseits die Versorger ein ihrer Aufgabe und Verantwortung entsprechendes Entgelt erhalten. Leider ist die digitale Kommunikation der Behandler untereinander immer noch Neuland, allein die Versorgung mit zeitgemäßen Internetverbindungen, vor allem im ländlichen Raum ist für „das Industrieland“ mit freundlichen Worten als ausbauwürdig zu beschreiben.
„Die Geheimwaffe des Menschen ist seine Fähigkeit, kooperativ zusammenzuarbeiten.“
Zu all den inhaltlichen und versorgungsrelevanten Herausforderungen sollten wir uns weiter dafür stark machen, dass der ärztliche Beruf ein freier bleibt. Wir müssen die Hoheit über die Inhalte unserer Weiterbildungen behalten, die Berufsordnung nicht aus der Hand geben und nebenbei auch nicht die in Hessen vorbildlich geregelte Altersvorsorge verlieren. Sollte der Beruf nicht mehr frei sein, wer mag dann garantieren, dass nicht doch verbindliche Behandlungsvorgaben von Verwaltungen vorgegeben werden. Und es ist auch ein Irrglaube, dass es am Ende billiger wäre ohne eine Kammer. Die mannigfaltigen Aufgaben der Kammer müssten dann von eigens zu schaffenden Gremien und Behörden erfüllt werden. Und diese hätten wahrscheinlich kein der ärztlichen Selbstverwaltung ähnliches Interesse an Haushaltsdisziplin und mit Sicherheit nicht den ärztlichen Blick auf die Themen.
Aufgaben gemeinsam angehen
All das schafft niemand allein, auch Gruppenbildung hilft nur bedingt weiter; vor allem helfen Schuldzuweisungen und persönliche Angriffe selten. Es ist meine feste Überzeugung, dass wir das, was uns die Zukunft an Aufgaben bringt, zum Wohle aller vor allem dann gut bewältigen können, wenn wir es gemeinsam angehen. Die Geheimwaffe des Menschen ist seine Fähigkeit, kooperativ zusammenzuarbeiten. Als Ärztinnen und Ärzte sind wir es im Alltag gewohnt, bei der Behandlung von Patienten interdisziplinär zusammenzuarbeiten, mit allen Berufsgruppen in der Praxis und im Krankenhaus. Wir sollten uns der Zukunft mit diesem Teamgeist stellen.
Dr. med. Christian Schwark, Vizepräsident der Landesärztekammer Hessen