Die aktuelle Gesundheitspolitik, sofern man davon überhaupt noch sprechen kann, ist bedrohlich. Für das Gesundheitssystem, für Patienten und für alle anderen Beteiligten mit Gesundheitsberufen. Die Probleme sind wohlbekannt:

  • Unzureichende Finanzierung der Krankenhäuser mit fehlenden Investitionen
  • Dysfunktionales DRG-System
  • Krankenhausnovellierung mit schematischer Einordnung ohne Bezug zur Patientenversorgung
  • Elimination der ambulanten fachärztlichen Versorgung
  • Verlagerung der ärztlichen Patientenversorgung auf nichtärztliche Berufe und Konstruktionen
  • Verweigerung einer angemessenen Vergütung.

Ganz langsam wächst die Einsicht aller im Gesundheitswesen Beteiligten, dass sie weder an Grundsatzfragen, geschweige denn an Entscheidungen beteiligt werden. Stellungnahmen der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung finden kein Gehör, Anhörungen werden vom Zeitablauf zur Farce. Auch der Apothekerverband, kurzfristiger Profiteur der Covid-Impfungen, sieht das jetzt so.

Die bewusste und vorsätzliche Deprofessionalisierung der Gesundheitsberufe schreitet derweil munter voran. Es geht dabei nicht um die Übernahme von „ärztlichen“ Aufgaben durch Diabetesberatung, Wundmanagerin und ähnlichem. Es geht um die Übergabe von ärztlichen Aufgaben z. B. an Mitarbeiter im Rettungsdienst und in der Pflege, an Apotheker und Psychologen, an Gesundheitsapps und sogenannte Kioske. Die Ärzteschaft wird in der Folge und am ehesten unentgeltlich diese Kakophonie von Meinungen und Empfehlungen für den Patienten sortieren und ordnen müssen. Ein tragendes und langfristiges Konzept zum Erhalt der Gesundheit des Einzelnen ist das nicht.

Für die Delegierten der Landesärztekammer Hessen war es im September dieses Jahres, unmittelbar nach der Wahl, ein besonderes Anliegen, die prekären Verhältnisse im Gesundheitswesen zu verdeutlichen und in die Öffentlichkeit zu tragen (Resolution „Ausreichende Finanzierung – Drohende Gefährdung für alle Gesundheitsbereiche“, siehe www.laekh.de, Pressemitteilung vom 09.09.2023).

Gemeinsame Forderungen gut abgestimmt artikulieren

Erste Proteste gegen die aktuelle Gesundheitspolitik gab es inzwischen. Einzelne geschlossene Praxen und Apotheken sind ein guter Anfang, um auf die schwierige/prekäre Situation im Gesundheitswesen hinzuweisen. In der Not suchten Patienten die klinischen Notaufnahmen auf, die zu Recht diese Überlastung nicht hinnehmen wollen. Ein abgestimmter Protest mit Einbezug aller Ärztinnen und Ärzte und auch anderer Gesundheitsberufe fehlt. Im Gegenteil: Gegenseitige Schuldzuweisungen über vermeintliche Fehler/Unzulänglichkeiten im ambulanten und klinischen Bereich schwächen die ärztlichen Positionen.

Andere Gesundheitsberufe sind besser organisiert. Die Schließung von Apotheken am 2. Oktober war ein deutliches Signal, Notdienst-Apotheken haben die Notfälle versorgt. Zukünftige Protesttage der Ärzteschaft sollten von diesen Erfahrungen profitieren und bei Praxisschließungen auf den angemessen verstärkten, ärztlichen Bereitschaftsdienst hinweisen. Die temporären Einschränkungen für Patientinnen und Patienten dienen dem langfristigen Ziel einer wohnortnahen und persönlichen ärztlichen Versorgung.

Resolutionen gab es genug. Die Vorbereitung auf den Deutschen Ärztetag 2024 in Mainz und die zuvor geplante Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bieten eine Chance, gemeinsame Forderungen zu artikulieren und gut aufeinander abgestimmte Aktionen zu entwickeln. Nur dann werden wir von der Politik ernstgenommen. Ansonsten bleibt es bei einem lauwarmen Protest und Lauterbach freut sich.

Dr. med. Wolf Andreas Fach, Präsidiumsmitglied, Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Internistinnen und Internisten e. V. (BDI) – Landesverband Hessen

Die Beiträge in der Rubrik „Ansichten & Einsichten“ geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.