Es stellte sich rettungsdienstlich eine 18-jährige Patientin mit übermäßigem Konsum von Koffeinkapseln in einer Menge von ca. 8 Gramm, was mehr als 160 Tassen Kaffee entspricht, in suizidaler Absicht vor. Die körperliche Untersuchung war unauffällig, die Patientin berichtete über unspezifische abdominelle Beschwerden, Übelkeit sowie Erbrechen. Dauerhafte Medikamenteneinnahmen oder Vorerkrankungen wurden nicht beschrieben. Präklinisch erhielt die Patientin 2 mg Midazolam und 5 mg Metoprolol.
Eine Rückfrage in der Giftnotrufzentrale erbrachte die Empfehlung einer rein symptomatischen Therapie unter intensivmedizinischer Observation für mindestens 24 Stunden bei Gefahr psychomotorischer Nebenwirkungen, Herzrhythmusstörungen und Elektrolytentgleisungen. Die Gabe von Aktivkohle wurde aufgrund der zurückliegenden Ingestionszeit, etwa drei bis vier Stunden vor Einlieferung, nicht empfohlen. Die venöse Pulsoxymetrie und Blutgasanalyse (BGA) ergab eine mittelgradige Hypokaliämie (2,7 mmol pro Liter) ohne pH-Verschiebung.
Das initiale EKG zeigte einen normofrequenten Sinusrhythmus mit einem atrioventrikulären (AV-)Block I°. Laborchemisch ergab sich eine Creatinkinase (CK)-Elevation (max. 311 U/l) im Sinne einer allemal milden Rhabdomyolyse, die sich am nächsten Tag bereits deutlich regredient darstellte. Die restlichen Laborwerte, Drogentests und der Alkoholspiegel waren unauffällig. Die Hypokaliämie konnte sukzessive durch intravenöse Substitution ausgeglichen werden. Die EKG-Verlaufskontrolle präsentierte nach wenigen Stunden einen Sinusrhythmus ohne PQ-Zeit-Verlängerung. Die Patientin konnte schließlich nach 24-stündiger Betreuung in gutem Allgemeinzustand bei weiterhin bestehenden suizidalen Gedanken in eine psychiatrische Klinik verlegt werden. Für geringe Mengen von Koffein (bis zu 1 Gramm) werden unspezifische Symptome beschrieben, die sehr vielfältig und individuell ausgeprägt sein können. Letale Dosen sind ebenfalls sehr individuell, sodass bereits ab 5 Gramm mit schwerwiegenden toxischen Wirkungen zu rechnen ist. Beschriebene Nebenwirkungen sind vor allem psychomotorischer Natur wie Agitation, Verwirrtheit, Unruhe, Tremor sowie Rhabdomyolyse, Tachykardie, Herzrhythmusstörungen und generalisierte Krampfanfälle bis hin zu einem Kreislaufversagen.
Koffeinintoxikationen sind selten, entsprechend gibt es in der Literatur wenige Fallberichte und Therapieansätze, die hauptsächlich auf postmortale Untersuchungen nach Suizid oder auf subletale Dosen beruhen. Die Therapie umfasst neben der symptomatischen unter anderem die Gabe von Lipidinfusionen, Aktivkohle in der ersten Stunde, Betablocker, Inotropika, Antiarrhythmika und/oder eine mögliche Hämofiltration/Dialyse oder gar die Etablierung einer ECMO.
Aykut Kaya, Arzt in Weiterbildung Innere Medizin am St. Josefs Krankenhaus Balserische Stiftung Gießen