Koordinierungsstelle bewertet Kontrakte auf Gesetzmäßigkeit
Der Artikel ist eine Zusammenfassung aus: Ärzteblatt Rheinland-Pfalz 02/2023, S. 34 ff.
Arbeitsverträge für leitende Ärzte in Krankenhäusern in Deutschland enthalten oft variable Vergütungsanteile, die jährlich durch Zielvereinbarungen bestimmt werden. 62 % der Krankenhäuser, erfasst in einer Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) im Jahr 2017, treffen Zielvereinbarungen mit ihren Chefärzten, insbesondere große Krankenhäuser (90 %). Die Kienbaum-Gehaltsstudie von 2017 berichtete, dass fast 50 % der Neuverträge Bonusvereinbarungen enthielten, mit einer durchschnittlichen Höhe von 76.000 Euro. Mitunter machen diese Boni einen erheblichen Anteil des Gesamteinkommens des Arztes aus. Bonusregelungen können einen positiven Einfluss auf die Versorgung haben, aber auch den Konflikt mit der Kommerzialisierung und eine Gefährdung des Patientenwohls auslösen, wenn sie Fehlanreize für Leistungssteigerung und Gewinnmaximierung setzen. In einer qualitativen Studie zur Wahrnehmung von Ärzten und Geschäftsführern wurde der wachsende Druck, wirtschaftliche Interessen in patientenbezogenen Entscheidungen zu berücksichtigen, beobachtet, insbesondere auch durch Zielvereinbarungen.
Krankenhausträger oft intransparent
Als Antwort auf die Diskussion schuf der Gesetzgeber im Jahr 2013 § 136a SGB V, welcher darauf abzielt, die Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen durch Bonusregelungen in Zielvereinbarungen zwischen Krankenhausbetreibern und leitenden Ärzten zu sichern. Im selben Jahr gaben die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Bundesärztekammer (BÄK) Empfehlungen heraus, wonach Chefärzte unabhängig bleiben und keine ökonomischen Inhalte in Zielvereinbarungen enthalten dürfen. Die Zentrale Ethikkommission der BÄK veröffentlichte eine Stellungnahme, die abzulehnende Arten von Zielgrößen aufführte und Vorschläge für die Vergütung von leitenden Ärzten unterbreitete. Da Krankenhausträger die Intention des Gesetzes zunehmend unterliefen, wurden 2014 die Empfehlungen überarbeitet und um finanzielle Anreize für Leistungskomplexe erweitert. Trotzdem geben sich Krankenhausträger immer noch oft intransparent, weshalb die Empfehlungen immer wieder aktualisiert werden müssen.
§ 135c SGB V ist ein Gesetz, das Krankenhäuser zur Veröffentlichung von Informationen über ihre Einhaltung von Empfehlungen im Qualitätsbericht verpflichtet. Die Krankenhäuser müssen angeben, ob sie sich an die Empfehlungen halten und wenn nicht, welche Leistungen oder Bereiche betroffen sind. Diese Selbstauskünfte werden jedoch nicht regelmäßig überprüft und es gibt keine Konsequenzen, wenn sie nicht den Vorschriften entsprechen. Die gemeinsame Koordinierungsstelle der Bundesärztekammer und des Verbands der leitenden Krankenhausärzte bewertet anonymisierte Zielvereinbarungstexte und publiziert die Ergebnisse regelmäßig. Ziel ist eine positive Impulsgebung für die Ausgestaltung von Zielvereinbarungen und das Aufzeigen von gesetzwidrigen Zielvereinbarungen. Die vorgelegten Zielvereinbarungen enthalten oft Abschnitte, die für eine Steigerung der Versorgungsqualität beitragen können, aber auch solche, die gegen die Intentionen des Gesetzgebers verstoßen.
Lukas Reus
Der Artikel aus dem Ärzteblatt Rheinland-Pfalz 02/2023, S. 34–38 von Dr. Julia Searle und Dr. Daniela Daute-Weiser „Gegen die Kommerzialisierung – Zielvereinbarungen in Chefarztverträgen“ ist online abrufbar: www.aerzteblatt-rheinlandpfalz.de oder via Kurzlink: https://tinyurl.com/5fv6k55z/