Lauterbachs Krankenhausreform ist ein Irrtum und wird den Erfordernissen von Patientinnen und Patienten nicht gerecht. Die auf universitäre Kliniken fokussierte Zuordnung der Behandlungskompetenz missachtet funktionierende und qualitativ hochwertige Strukturen im ambulanten und belegärztlichen Bereich.
Es besteht ein großes Einverständnis, dass für eine kompetente Gesundheitsversorgung der Bevölkerung kompetente Ärztinnen und Ärzte erforderlich sind, die ihr „Handwerk“ verstehen. Die jeweiligen diagnostischen und therapeutischen Prozeduren erfordern eine gute Routine, um sie sicher und leitliniengerecht durchzuführen. Diese finden sich häufig in ambulanten und belegärztlichen Strukturen.
Die Entwicklung der Medizin verläuft mehrdimensional
- Krankheitsbilder können wesentlich differenzierter diagnostiziert und mit vollkommen neuen Therapien behandelt werden. Bildgebung, invasive Untersuchungen und Molekulardiagnostik ermöglichen vollkommen neue Einblicke, Zusammenhänge und therapeutische Ansätze in Diagnostik und Therapie. Die Abbildung dieser Entitäten erfordert unzweifelhaft einen zunehmend differenzierten Umgang mit Patientinnen und Patienten.
- Die zunehmende Spezialisierung ist per se kein Argument für große Kliniken. Ein großer Teil der diagnostischen und therapeutischen Eingriffe verlagert sich von der Klinik in den ambulanten Bereich. Alleine im internistischen Bereich sind zum Beispiel in der Onkologie die Therapie mit Stammzellen, in der Gastroenterologie nahezu die gesamte Diagnostik und Therapie sowie in der Kardiologie die Perkutane Transluminale Coronare Angioplastie (PTCA) mit Stentimplantation und Klappeninterventionen vorwiegend ambulant bzw. mit sehr kurzen stationären Aufenthalten, so auch belegärztlich, darstellbar.
- Die Wertigkeit diagnostischer und therapeutischer Eingriffe unterliegt einer raschen Entwicklung. Ambulante Strukturen können sich, insbesondere unter ärztlicher Leitung, schneller und flexibler auf neue Erfordernisse einstellen.
- Schwerwiegende Spezialeingriffe wie Pankreaschirurgie, Herzoperationen etc. gehören zweifelsohne in Kliniken der Maximalversorgung oder universitäre Einrichtungen, auch hier mit entsprechender Expertise und Behandlungsfrequenz.
Die simple Einteilung von Krankenhäusern in Versorgungsstufen mit klarer Bevorzugung von Großkliniken und die Missachtung der Kompetenz ambulanter Strukturen wird der sich rasch wandelnden Funktionalität des Gesundheitssystems und dem Primat der ambulanten Versorgung nicht gerecht.
Lauterbach ist als Theoretiker einer Strategie von gestern verhaftet. „Bigger is better“ ist vorbei, Flexibilität ist angesagt. Auch Fluggesellschaften haben an den Erfordernissen vorbeikalkuliert und mussten kleinere Flugzeuge anschaffen. Nur eine flexible und leistungsfähige Medizin kann die Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten sowie den Kolleginnen und Kollegen in Weiterbildung befriedigen. Es wird eine Aufgabe der Bundesländer sein, die Versorgungswirklichkeit unter Berücksichtigung kleinerer Einheiten gut und effektiv auszugestalten.
Dr. med. Wolf Andreas Fach, Präsidiumsmitglied, Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Internistinnen und Internisten e. V. (BDI) – Landesverband Hessen
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