Die Umsetzung der Einbeziehung der Privatärzte in den Ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) wird aufgrund der aktuellen Rechtsprechung vorerst ausgesetzt. Gegebenenfalls können privatärztlich tätige Ärzte (Privatärzte) in Hessen auch im Jahr 2023 noch Beitragsbescheide für das Beitragsjahr 2022 erhalten.

In den vergangenen drei Jahren seit der Einbeziehung der Privatärzte in den ÄBD der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) sind die in eigener Praxis in Hessen niedergelassenen Ärzte in jedem Kalenderjahr durch entsprechende Beitragsbescheide zur Beteiligung an den Kosten des ÄBD herangezogen worden. Aufgrund einer durch den Hessischen Landtag beschlossenen Änderung des Hessischen Heilberufsgesetzes haben sich grundsätzlich sowohl die Vertrags- als auch die Privatärzte personell und finanziell am ÄBD zu beteiligen. Während viele Privatärzte die gemeinsame Verantwortung für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten bereitwillig angenommen und ihre Beiträge geleistet haben, haben sich zahlreiche Privatärzte gegen die neue Teilnahme- und Beitragspflicht gewandt und dagegen geklagt.

Zur Frage der Rechtmäßigkeit der Einbeziehung der Privatärzte in den ÄBD sind deshalb im Moment verschiedene Klageverfahren zu unterschiedlichen Themenkomplexen bei den Sozialgerichten anhängig.

Zuletzt hat das Hessische Landessozialgericht in fünf Verfahren durch Urteil entschieden und in seinen Entscheidungen jeweils die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen. Die am 27.07.2022 entschiedenen Verfahren befassen sich überwiegend mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Verpflichtung der Privatärzte zur Kostenbeteiligung am ÄBD der KVH bzw. mit ihrer Verpflichtung zur Teilnahme.

Im Ergebnis hat das Hessische Landessozialgericht die Auffassung vertreten, dass es für die Einbeziehung der Privatärzte in den ÄBD an einer mit höherrangigem Recht vereinbaren Rechtsgrundlage fehlt. Die entsprechenden Entscheidungen wurden vom Landessozialgericht selbst und in verschiedenen Medien veröffentlicht.

Die KVH hat in sämtlichen Verfahren gegen die Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts Revision eingelegt. Die endgültige Entscheidung über die Frage der Rechtmäßigkeit der Einbeziehung der Privatärzte in den ÄBD der KVH ist somit in letzter Instanz dem Bundessozialgericht vorbehalten.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie wird bis zur Entscheidung des Bundessozialgerichts in den Revisionsverfahren die weitere Verwaltungstätigkeit der KVH zur Umsetzung der Einbeziehung der Privatärzte in den ÄBD ausgesetzt. Es ist somit gegenwärtig nicht mit einer Vollstreckung etwaiger noch offener Beitragsforderungen aus den Vorjahren und mit einem Versand der Beitragsbescheide für das Jahr 2022 zu rechnen. Prinzipiell ist die KVH jedoch zur Umsetzung der landesgesetzlichen Vorgaben verpflichtet, so dass Privatärzte auch für das Jahr 2022 am ÄBD beteiligt werden müssten.

Angesichts der Entwicklung in der Rechtsprechung soll der Erlass der Beitragsbescheide des Jahres 2022 aber nicht mehr in diesem Jahr erfolgen, sondern voraussichtlich im Jahr 2023, wenn das Bundessozialgericht über die Revisionen der KVH entschieden hat. Die KVH geht gegenwärtig davon aus, dass mit einer Entscheidung des Bundessozialgerichts im Laufe des nächsten Jahres zu rechnen ist. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfragen haben diese Verfahren bisher eine besondere Förderung durch die Sozialgerichtsbarkeit erfahren.

Nach Vorliegen der Entscheidungen des Bundessozialgerichts muss die KVH die Verwaltungstätigkeit entsprechend etwaiger der KVH in den Urteilsgründen aufgegebenen Vorgaben wieder aufnehmen. Das betrifft sowohl offene Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren als auch den Erlass der Beitragsbescheide für die Jahre 2022 und 2023 sowie die Einleitung der Zwangsvollstreckung noch offener Beitragsforderungen aus den Vorjahren.

Dies bedeutet also, dass mit dem vorübergehenden Stopp der entsprechenden Verwaltungstätigkeit kein Verzicht auf bereits festgesetzte sowie auf noch von der KVH zu erhebende Beitragsforderungen einhergeht. Diese Entscheidung dient aktuell nur dazu, weitere Verfahren und die damit verbundenen Kosten zu vermeiden sowie dem Ziel, den Verwaltungsaufwand für alle Beteiligten solange zu reduzieren, bis das Bundessozialgericht abschließend über die mit der Einbeziehung der Privatärzte verbundenen Rechtsfragen entschieden hat.

Sobald die Entscheidungen des Bundessozialgerichts aus den Revisionsverfahren vorliegen, werden wir Sie über die daraus resultierenden Änderungen und die Wiederaufnahme der mit dem gemeinsamen ÄBD von Privat- und Vertragsärzten verbundenen Verwaltungstätigkeit der KVH informieren.

Anne Kütemeyer, Klaus Pantry, Kassenärztliche Vereinigung Hessen, E-Mail: info.line@kvhessen.de