Durch eine unbehandelte Hörbehinderung können Menschen ins soziale Abseits geraten und ungewollt vereinsamen – um wie viel mehr gilt das für Ältere, die an Demenz leiden. Verhaltensauffälligkeiten könnten falsch interpretiert werden, wenn die Ursache nicht richtig erkannt wird. Die Symptome einer Demenz und die Folgen einer Hörbehinderung ähneln sich (S. 120):
- Betroffene geben Antworten, die nicht zur Frage passen.
- Oft wird mit Floskeln geantwortet.
- Betroffene fragen häufiger nach.
- Angesprochene reagieren erst bei Blickkontakt.
- Betroffene drehen den Kopf in die Richtung, aus der Töne kommen.
- TV/Radio werden übertrieben laut gestellt.
Für Betreuende kann es eine besondere Herausforderung bedeuten, Betroffenen die zielgerichtete Hilfe bei einem Facharzt oder Hörakustiker zu ermöglichen. Mit einem Termin ist es nicht getan, das Tragen eines Hörgerätes muss täglich eingeübt, das Gerät fachgerecht gereinigt werden. Das braucht Zeit und intensive Begleitung. Außerdem können Ältere so ihre eigene Halsstarrigkeit haben, sich auf Neues einzulassen.
Prof. Dr. med. Andreas Fellgiebel, Leiter des Zentrums für psychische Gesundheit im Alter in Mainz und Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Agaplesion Elisabethenstift in Darmstadt, gibt zusammen mit vielen weiteren fachlich versierten Autoren wertvolle Anregungen, „gute Hörumgebungen“ für Menschen mit Demenz zu schaffen, Klang und Musik therapeutisch einzusetzen und den Teufelskreis zwischen geringerer sozialer Teilhabe durch Schwerhörigkeit, Frustration bis hin zur Depression und verstärktem geistigen Abbau durch weniger Impulse von außen zu durchbrechen. Vor allem fordert das Buch auf, Ältere nicht tatenlos ihrer Schwerhörigkeit zu überlassen.
Isolde Asbeck