Die Farben Blau und Gelb dominierten auf der Delegiertenversammlung der Landesärztekammer Hessen (LÄKH) am 26. März. Als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine waren in der Stadthalle Friedberg – pandemiebedingt zum wiederholten Mal Tagungsort des Ärzteparlaments – die Flaggen des osteuropäischen Staates und der LÄKH gehisst. Auf den Plätzen standen blau-gelbe Aufsteller; viele Delegierte trugen Schutzmasken in den Farben der Ukraine. Putins Angriffskrieg und die Folgen der Corona-Pandemie gehörten zu den zentralen Themen der Sitzung.
Ukraine-Resolution
Einstimmig verurteilte die Delegiertenversammlung den Krieg gegen die Ukraine in einer Resolution. Darin nehmen die hessischen Ärztinnen und Ärzte mit Erschütterung zur Kenntnis, dass laut Weltgesundheitsorganisation zahlreiche Gesundheitseinrichtungen und Krankenwagen im Einsatz Ziele von Angriffen der russischen Armee wurden. „Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen stehen laut Genfer Konvention unter besonderem Schutz. Die Delegiertenversammlung verurteilt jeden Verstoß gegen die Genfer Konvention auf das Schärfste und fordert die Kriegsführenden dringend zu deren Einhaltung auf“, heißt es in der Resolution. Die hessische Ärzteschaft unterstützt die Aufnahme schwerstkranker Patientinnen und Patienten aus der Ukraine und begrüßt die Ankündigung des Bundesgesundheitsministers, dass Geflüchtete aus der Ukraine einen Anspruch auf alle von der Gesetzlichen Krankenversicherung angebotenen Leistungen erhalten sollen.
Gesundheitskarte für Flüchtlinge aus der Ukraine
Das Land Hessen wurde aufgefordert, die Gesundheitskarte für Flüchtlinge aus der Ukraine auch in Hessen umgehend einzuführen. Flüchtlinge aus der Ukraine benötigten einen schnellen, unbürokratischen und bundesweit einheitlichen Zugang zur medizinischen Versorgung, hieß es in der Begründung.
Ehrenpräsidenten: Von Knoblauch zu Hatzbach und Stüwe
Die Worte Anerkennung und Wertschätzung durchzogen die Sitzung, auf deren Tagesordnung die Wahl von Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach zum Ehrenpräsidenten und der ehemaligen Kammerpräsidentin Dr. med. Ursula Stüwe zur Ehrenpräsidentin der LÄKH stand. „Beide haben sich über Jahrzehnte für die Belange der hessischen Ärzteschaft und das Wohl der Patientinnen und Patienten eingesetzt“, erklärte Dr. med. Edgar Pinkowski. Einstimmig sprachen sich die Delegierten für die Ernennung des früheren Kammerpräsidenten und der früheren Kammerpräsidentin aus. Mit Dr. med. Alfred Möhrle, der die Kammer von 1992 bis 2004 als Präsident lenkte – er war bereits 2011 zum Ehrenpräsidenten ernannt worden – hat die LÄKH nun drei Ehrenpräsidenten.
Mit der Silbernen Ehrennadel der Landesärztekammer Hessen wurde Gerhard Leißling (Foto), ärztlicher Referent der LÄKH, geehrt, der seit rund 25 Jahren sowohl für das Protokoll der Delegiertenversammlung als auch die Gutachterbenennungen der LÄKH Verantwortung trug und sich nun unter großem Applaus in den Ruhestand verabschiedete. Künftig wird Petra Faath, Rechtsreferentin der LÄKH, das Protokoll führen.
Bericht zur Lage: Bund
Angesichts der hohen Arbeitsbelastung seit Beginn der Corona-Pandemie forderte Pinkowski in seinem Bericht zur Lage erneut steuerfreie Bonuszahlungen für Medizinische Fachangestellte. Damit, dass auch Ärztinnen und Ärzte für ihren Einsatz bedacht würden, könne nicht mehr gerechnet werden, bedauerte er. Auch die Novellierung der GOÄ sei in Gefahr, nachdem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sie nicht zu seinen Prioritäten zähle.
Pinkowski berichtete über die stufenweise erfolgende Umsetzung der Corona-Impfpflicht für Beschäftigte in der Pflege und im Gesundheitswesen. „Die Landesärztekammer Hessen ist selbst Teil der hessischen Impfallianz und befürwortet die einrichtungsbezogene Impfpflicht.“ Nach der im Juli 2021 durchgeführten Online-Umfrage der LÄKH bei ihren Mitgliedern seien bereits 93 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geimpft gewesen, die inzwischen vermutlich mit einer dritten oder eventuell sogar einer vierten Impfdosis geboostert seien, ergänzte der Ärztekammerpräsident.
In seinem Bericht informierte Pinkowski unter anderem auch über das neue Infektionsschutzgesetz (IfSG), in dem eine Gesetzesänderung zur Umsetzung der Vorgaben zur Triage vorgesehen worden sei: Der neue § 5c des IfSG beschreibe die wesentlichen Kriterien für eine ärztliche Entscheidung über die Zuteilung von pandemiebedingt nicht ausreichenden überlebenswichtigen, intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten im Krankenhaus.
Ausdrücklich begrüßte Pinkowski den Stopp der zum 1. Januar 2022 vorgesehenen verpflichtenden Einführung des E-Rezeptes. Laut Bundesgesundheitsministerium soll die flächendeckende Einführung erst dann schrittweise erfolgen, wenn die gemeinsam mit der Selbstverwaltung vereinbarten Qualitätskriterien erreicht werden. Auch dass die für den 1. Juli geplante zweite Stufe der eAU-Umsetzung zugunsten einer vorgeschalteten Testphase gestoppt wurde, stieß auf Zustimmung des Kammerpräsidenten.
Bericht zur Lage: Hessen
Mit Blick auf Hessen teilte Pinkowski mit, dass das Land zum 1. Januar 2023 die Gründung eines Landesgesundheitsamtes Hessen als dezentrale Behörde plane. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass die Struktur der Gesundheitsämter in Hessen verbesserungsfähig ist.
Außerdem berichtete Pinkowski über den Startschuss für das Pilotprojekt „Sektorenübergreifende ambulante Notfallversorgung“ am 23. März. Ziel des SaN-Projekts, an dem sich neben dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration und anderen Partnern des Gesundheitswesens in Hessen auch die Landesärztekammer beteiligt, ist die Verringerung unnötiger Rettungsdiensteinsätze und Entlastung der Notaufnahmen.
Am 1. Januar 2022 ist die Novellierung des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes Hessen und des Maßregelvollzugsgesetzes in Kraft getreten. Leider sei die Kritik der LÄKH an der Berechtigung für Psychologische Psychotherapeuten, eine umfangreiche Stellungnahme inklusive Aussagen über die Notwendigkeit und Dauer von Behandlungsmaßnahmen der untergebrachten Personen abzugeben, nicht angenommen worden, bedauerte Pinkowski.
Auch bei der Änderung des am 12. Februar 2022 in Kraft getretenen hessischen Heilberufsgesetzes habe man den Einwand der LÄKH gegen die Umbenennung der früheren Landeskammer für Psychologische Psychotherapeuten und für Kinder- und Jugendlichentherapeuten in Psychotherapeutenkammer Hessen nicht berücksichtigt, obwohl die Psychotherapie ein elementarer Bestandteil ärztlichen Handelns ist.
Abschließend kündigte der Ärztekammerpräsident zwei Online-Befragungen der LÄKH an: Die im April startende Mitgliederbefragung sowie die Usability-Umfrage eLogbuch.
Überlastung von Ärzten und anderen Gesundheitsberufen
In einer leidenschaftlichen Aussprache prangerte die Delegiertenversammlung die Überlastung und Überforderung von Ärztinnen und Ärzten sowie weiteren Berufen im Gesundheitsweisen an. Es fehle an Wertschätzung, sowohl für Medizinische Fachangestellte, für die keine Corona-Prämie bewilligt worden sei, als auch an Wertschätzung für Ärztinnen und Ärzte in Praxis, Krankenhaus und Öffentlichem Gesundheitsdienst.
„Wir arbeiten seit zwei Jahren wie die Brunnenputzer. Die Situation in Praxen und Krankenhäusern ist katastrophal“, klagte Dr. med. Sabine Olischläger (Liste Die Hausärzte).
„Was uns nervt, ist, dass unsere außergewöhnliche Belastung seit zwei Jahren nirgendwo dargestellt wird.“ Die Hausarztpraxis sei ein Hotspot. „Wir sind inzwischen über jeden froh, der nicht kommt.“ Doch weder Politik noch Öffentlichkeit nähmen die außergewöhnlichen Anforderungen an alle Beteiligten im Gesundheitswesen hinreichend wahr. „Was ich jetzt erlebe, ist eine absolute Ausnahme“, erklärte auch Svenja Krück (Junge Ärztinnen und Ärzte in Hessen). Wie viele junge Kolleginnen und Kollegen wisse sie nicht, ob sie den Beruf angesichts der aktuellen Überforderung weiter ausüben könne, machte die 32-Jährige deutlich. In ambulanter und stationärer Versorgung sowie im öffentlichen Gesundheitswesen tätige Ärztinnen und Ärzte berichteten, infolge der täglichen Belastungen und ständig wachsenden Zahl von Patientinnen und Patienten in Praxis und Krankenhaus kurz vor dem Burnout zu stehen.
„Wir müssen an dem Thema dran bleiben, sonst kommt es zu einem GAU“, bekräftigte Michael Knoll (Liste Die Hausärzte). Dr. med. Susanne Johna (Marburger Bund Hessen) dankte Olischläger für ihre offenen Worte. Scharf kritisierte sie ärztliche Spitzenfunktionäre wie den KBV-Vorstandsvorsitzenden Dr. med. Andreas Gassen, der immer wieder erzählt habe, es gäbe keine Überlastung. „Wir müssen unsere zutiefst ärztliche Profession in den Vordergrund stellen“, forderte Johna. „Wir haben ganz klar eine Überlastung im stationären Bereich“, sagte Dr. med. Christine Hidas (Liste Fachärztinnen und Fachärzte Hessen). Aus dem nervenärztlichen Bereich ergänzte Prof. Dr. med. Alexandra Henneberg (Liste Fachärztinnen und Fachärzte), dass es noch nie eine so hohe Zahl an Depressionen und suizidalen Störungen gegeben habe wie heute. Man brauche mehr Personal und mehr Geld im System.
Corona-Bonus für MFA gefordert
Dr. med. Martin Hübner (Liste Fachärztinnen und Fachärzte) zeigte sich empört darüber, dass die Arbeit von Medizinischen Fachangestellten (MFA) von Politik und Gesellschaft kaum gewürdigt werde und machte sich für einen Corona-Bonus für MFA stark. Über 80 % der Patientinnen und Patienten seien vom niedergelassenen Bereich aufgefangen und behandelt worden. „Wir sind aufgefordert, dies in der Öffentlichkeit deutlicher zu machen.“ Dr. med. Susan Trittmacher (Liste Fachärztinnen und Fachärzte) schlug vor, die Berufsgruppen im Gesundheitswesen auf einer gemeinsamen Plattform miteinander zu verbinden. Da für die Corona-Prämie ein fester Betrag von 500 Mio. € zur Verfügung stehe, der sich für den einzelnen reduziere, je mehr Empfänger festgelegt würden, sprach sich Dr. med. Susanne Johna für eine vorübergehende, eventuell nach oben gedeckelte Steuerbefreiung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen aus.
Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach (Liste Fachärztinnen und Fachärzte) regte eine Imagekampagne für den Arztberuf und andere medizinische Fachberufe an, um die Wertschätzung zu steigern. Ein Vorschlag, den Dr. med. Brigitte Ende (Liste demokratischer Ärztinnen und Ärzte, LDÄÄ) nicht für erfolgversprechend hielt. Sie appellierte an die Ärzteschaft, den Personen an ihrer Spitze zu sagen, wie die Wirklichkeit aussehe und dass die Überforderung Realität sei.
ÖGD: „Wir pfeifen aus dem letzten Loch“
Die Lage im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) beschrieb Dr. med. Henrik Reygers (Liste ÖGD) mit drastischen Worten: „Wir pfeifen aus dem letzten Loch.“ Es sei zwar richtig, dass einige Gesundheitsämter in der Corona-Pandemie nicht so funktioniert hätten, wie es wünschenswert gewesen wäre, aber es fehlten die Kapazitäten. Weit über die Hälfte der Ärztinnen und Ärzte im ÖGD seien älter als 55 Jahre. „Nicht die Gesundheitsämter sind das Übel, sondern das System.“ Wichtig sei, dass das künftige Landesgesundheitsamt von einem Arzt geführt werde. Mit seinen Ausführungen zum Psych. Krankengesetz habe Pinkowski ihm aus der Seele gesprochen, ergänzte Reygers: „Es ist noch schlimmer, als Sie es geschildert haben.“
Künftige Ärztegenerationen
Dr. med. Lars Bodammer (Marburger Bund Hessen) nahm insbesondere die Situation künftiger Ärztegenerationen in den Fokus. Junge Ärztinnen und Ärzte hätten in den vergangenen beiden Jahren unter erschwerten Bedingungen ihre Weiterbildung absolvieren müssen und zu wenig lernen können. Die Lage in der Weiterbildung sei katastrophal. Hier müsse sich dringend etwas ändern. Das Ärzteparlament forderte die Politik auf, mehr Geld für das Gesundheitssystem zur Verfügung zu stellen und eine funktionierende Vernetzung von ambulanter und stationärer Versorgung sicherzustellen.
Versorgung von Menschen ohne Krankenversicherungsschutz
Zum wiederholten Mal forderten die Delegierten eine bessere medizinische Versorgung von Menschen ohne Krankenversicherungsschutz. Dafür sollen ein landesweit gültiger anonymer Behandlungsschein und eine gesetzlich strukturierte Clearingstelle zur ggf. möglichen Reintegration in bestehende Versicherungssysteme geschaffen werden. Um geeignete Maßnahmen zur Strukturierung und Finanzierung der Behandlung von Menschen ohne Krankenversicherungsschutz zu entwickeln, wird sich die Landesärztekammer erneut mit der hessischen Landesregierung in Verbindung setzen. Die Mitglieder der LÄKH werden aufgefordert, die Petition von Medinetz Marburg & Gießen zu unterstützen unter folgendem Link: https://chng.it/7KvpXCBxwV
Impfnachweispflicht
Die Delegiertenversammlung appellierte außerdem an die Landespolitik, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, eine zeitlich befristete, allgemeine Impfnachweispflicht gegen SARS-CoV-2-Viren einzuführen. Die Ärztevertreterinnen und -vertreter wiesen darauf hin, dass derzeit nur 58 % der Bevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft sind. Auch wenn eine Impfung keine sterile Immunität erzeuge, erkrankten dreifach Geimpfte seltener schwer, müssten seltener im Krankenhaus behandelt werden und erkrankten auch seltener an Long-Covid.
Damit es im Herbst nicht erneut zu einer starken Belastung oder gar Überlastung des Gesundheitswesens komme und erneut einschränkende Maßnahmen im Alltag eingeführt werden müssten, sei eine hohe Impfquote, insbesondere der älteren Bevölkerung, erforderlich.
Das Hessische Ärzteblatt wird digital
Wie eine Anfang des Jahres durchgeführte, repräsentative Online-Umfrage zum Bezug des Hessischen Ärzteblatts (HÄBL) ergeben hat, lesen zwar 78 % der Befragten das HÄBL in Druckform, immerhin 50 % können sich allerdings vorstellen, das amtliche Mitteilungsblatt der LÄKH künftig auch ausschließlich online zu lesen: Diese Befragungsergebnisse stellte Manuel Maier, Justitiar der LÄKH, dem Vorschlag voraus, „die digitale Welt zu betreten, ohne die lieb gewonnene Papier-Welt zu verlassen“.
So sehe die mögliche Planung vor, die digitale Version des HÄBL aus Kosten- und Klimaschutzgründen künftig zum federführenden Medium zu erklären. Vorstellbar sei schon jetzt, die Druckauflage um ca. 30 % zu reduzieren. Ab 1. Januar 2023 werde es einen Portalzugang für alle Kammermitglieder geben, um diese ab 15. Juli 2023 über das Erscheinen der Digitalausgabe informieren zu können. Die Möglichkeit, das HÄBL weiter in Papierform zu erhalten, bleibe jedoch bestehen.
In einer lebhaften Diskussion bat Dr. med. Peter Zürner, Liste Fachärztinnen und Fachärzte sowie Verantwortlicher Redakteur des HÄBL, um Unterstützung für den Weg zur digitalen Ausgabe: „Papier ist sehr teuer geworden. Wir müssen versuchen, soweit wie möglich Papier und damit Kosten zu reduzieren.“ Die Benachrichtigung über das Portal sei notwendig für die Gewähr, dass jedes Mitglied das HÄBL erhalte. Mehrheitlich stimmten die Delegierten für die Änderung von § 4 Abs. 1, Hauptsatzung, wonach das digitale HÄBL ab 15. Juli 2023 federführendes Medium sein wird.
Bericht der Klimaschutzbeauftragten Svenja Krück
Auf der vergangenen DV Ende November 2021 zur Klimaschutzbeauftragten der Kammer gewählt, berichtete Svenja Krück (Liste Junge Ärztinnen und Ärzte) zum ersten Mal. Hauptziel sei, die Kammer bis 2030 klimaneutral zu machen. Außerdem sollen niedergelassene Kolleginnen und Kollegen dabei unterstützt werden, ihre Praxis nachhaltig zu betreiben. Krück betonte ferner die Zusammenarbeit mit dem Ausschuss Hygiene und Umweltmedizin sowie mit anderen Verbänden oder Institutionen, um auch externe Expertise zu den Klimaschutzzielen einzuholen.
Die Website mit Ansprechpartnern sei eingerichtet, so Krück. Eine Wallbox zum Laden von E-Autos sei am Standort Frankfurt in Planung und eine detailreiche Umfrage zum Klimaschutz unter den hauptamtlich Mitarbeitenden bereits ausgewertet. Ein Ergebnis sei, dass das papierlose Arbeiten geschätzt werde; der Prozess, „mit Augenmaß“ begleitet von Ralf Münzing und seinem Team der EDV, aber noch nicht abgeschlossen sei. Das Jobticket werde angeboten. Künftig sollen spezifische Empfehlungen zu den Klimaschutzzielen für die Mitglieder erarbeitet und Fortbildungen dazu geschaffen werden.
Krück appellierte an die Delegierten, an der bei der vergangenen DV abgesenkten Kilometerpauschale auf nun 50 Cent nicht mehr zu rütteln, um den Umstieg auf den ÖPNV für den Weg zur Kammer attraktiver zu machen. In der Diskussion wurde u. a. von Dr. med. Bernhard Winter (LDÄÄ) darauf hingewiesen, dass nicht nur die Niedergelassenen, sondern auch der ÖGD und die Krankenhäuser sowie weitere Beteiligte aus dem Gesundheitswesen im Fokus der AG Klimaschutz stehen sollten. Dieser gehören neben Krück ferner Dr. Lars Bodammer (Stellv. Vorsitzender), Dr. Peter Zürner, Dr. med. Detlev Steininger (Liste Die Hausärzte) und Pierre E. Frevert (LDÄÄ) an.
Krück betonte, dass „wir gerne beraten und Best Practice-Beispiele aufzeigen“, jedoch bestehe Nachfrage derzeit vor allem von Niedergelassenen. Ihrer Erfahrung nach würden gerade die privatisierten Träger der Krankenhäuser nur dann in Bewegung Richtung Klimaschutz kommen, wenn es um die Finanzierung gehe. Dr. Susanne Johna schlug vor, an das HMSI zu appellieren, Zahlungen davon abhängig zu machen, ob eine Klinik einen Klimamanager hat – zumindest für Häuser ab 200 Betten.
Der Antrag der LDÄÄ, dass die LÄKH die Einrichtung einer Klimasprechstunde fördern soll als fachübergreifende Präventionsmaßnahme hinsichtlich Klimafolgeschäden beim Gesundheitsschutz von Patienten, wurde positiv beschieden. Hierzu soll ein Curriculum zum Erwerb der Qualifikation erarbeitet werden. Siehe dazu auch den Artikel auf S. 297.
Paritätische Besetzung von Gremien
In zwei Anträgen forderte Dr. Brigitte Ende (LDÄÄ) zusammen mit weiteren Delegierten die paritätische Besetzung bei Wahlvorschlägen für Ausschüsse und Gremien sowie Ehrenämter. Dazu gab es äußerst kontroverse Diskussionen. Letztlich zielte aber alles auf eine Änderung des Heilberufegesetzes, was nur über den Gesetzgeber bzw. das Hessische Ministerium für Soziales und Integration realisiert werden könne, erläuterte Justitiar Maier. Auf Antrag der Liste Fachärztinnen und Fachärzte (u. a. Dr. Christine Hidas, Dr. Susan Trittmacher, Dr. Peter Zürner) und Svenja Krück von der Liste Junge Ärztinnen und Ärzte wurde mehrheitlich beschlossen, das Präsidium damit zu beauftragen, auf eine Änderung der Rechtsgrundlage hinzuarbeiten.
Änderung von Rechtsquellen
Dazu informieren auch die Satzungsänderungen in der Rubrik „Bekanntmachungen“ in dieser und der folgenden Ausgabe.
Weiterbildungsordnung 2020: Neue Facharztbezeichnung
Umgesetzt wurden die Beschlüsse des 124. Deutschen Ärztetages mit Einführung der Facharztbezeichnung „Innere Medizin und Infektiologie“, einhergehend mit einer Änderung und teilweise Erweiterung der Zusatzweiterbildung „Infektiologie“. In der Notfallmedizin wird der Nachweis von „Notfallaufnahmen“ etwas verschärft durch die Ergänzung „interdisziplinäre Notfallaufnahmen“. In der Zusatzweiterbildung Tropenmedizin entfällt die Parasitologie. In der Kinder- und Jugendmedizin wird die Zahl der nötigen Ultraschalluntersuchungen an der Schilddrüse von 150 auf 50 reduziert – „wir sind uns einig, dass das ausreichend ist“, erläuterte Dr. med. Wolf Andreas Fach (Liste Fachärztinnen und Fachärzte) die Änderungen, die einstimmig angenommen wurden.
Fach informierte das Plenum, dass eine neue Leiterin bzw. ein neuer Leiter der Weiterbildungsabteilung gesucht werden müsse: Nach dem Weggang von Jens Sudmann wird diese Leitungsaufgabe derzeit gemeinsam von Nina Walter (Stellv. Ärztliche Geschäftsführerin und Leiterin der Stabsstelle Qualitätssicherung) und Ralf Münzing (Leiter der EDV-Abteilung der LÄKH) übernommen mit Unterstützung des Ehrenamtes von Fach und Dr. med. H. Christian Piper (Marburger Bund) als Vorsitzender bzw. Stellvertreter des WB-Ausschusses.
Änderung der Kostensatzung
Die große Novelle der Kostensatzung ist in der Delegiertenversammlung am 27.11.2021 beschlossen worden (siehe HÄBL 01/2022, S. 55ff). Kleinere Unschärfen oder Fehler wurden nun glatt gezogen. Im Kapitel „Ethik-Kommission“ ging es nochmals um die damals beschlossene Einführung von Härtefallklauseln. Bislang konnte auf Antrag nur die Hauptgebühr reduziert werden, nicht jedoch die Nebengebühren. Dies wird jetzt korrigiert. Dr. med. Christian Schwark vom Marburger Bund forderte dazu, dass auf die Möglichkeit, einen Härtefallantrag zu stellen, in den Unterlagen „prominent“ hingewiesen werden soll. „Es geht um Kolleginnen und Kollegen, die sich in unserem System unter Umständen einfach nicht gut auskennen.“
„Rund 1.000 Euro zahlen Kolleginnen und Kollegen aus Drittstaaten für ein Verfahren bei uns, bei einem Widerspruch wird der 1,5-fache Satz mit 1.500 Euro fällig“, rechnete Listenkollegin Dr. Susanne Johna ergänzend vor. Hier sei es wichtig, im Widerspruchsbescheid deutlich darauf hinzuweisen, dass ein Antrag auf eine Härtefallentscheidung beim Präsidium gestellt werden könne. Die gleiche Härtefallklausel, wie sie unter Ziffer 4640 im Kapitel „Ethik-Kommission“ steht, soll deshalb auch im Kapitel „Weiterbildung“ unter einer neuen Ziffer 2960 übernommen werden. Dieser Vorschlag von Justitiar Maier wurde einstimmig angenommen.
Änderungen der Wahlsatzung
Vor dem Hintergrund, dass im nächsten Jahr wieder Kammerwahlen stattfinden, ist die bisherige Wahlsatzung in einem Präsidiumsausschuss auf den Prüfstand gestellt worden. Dr. H. Christian Piper berichtete über geplante Novellierungen:
- Nummerierung der Wahlvorschläge – Beendigung des „Windhundrennens“: Künftig sollen sich Listennummern nicht mehr nach Einreichungsdatum richten, sondern analog von Bundes- und Landtagswahlen nach Ergebnis der Liste bei der vergangenen Wahl. Neue Listen erhalten weitere Listennummern nach Losverfahren.
- Verkürzung der Einreichungsfrist der Wahlvorschläge: Statt viereinhalb Monate auf künftig zwei Monate. Alt ca.: 1. November bis 15. März – künftig ca.: 10. Januar bis 15. März.
- Für die Wählerinnen und Wähler soll eine längere Wahlfrist für die Stimmabgabe gelten (vielleicht ist jemand mal länger im Urlaub): statt bislang zehn Tage künftig 21 Tage.
Die Vorschläge aus dem Präsidium wurden angenommen.
Qualifikation Leitender Notarzt (LNA)
Siehe dazu die beiden Artikel auf S. 284 und S. 325.
Nachwahlen & Nominierungen
Weitere Vorsitzende und Stv. Vorsitzende der Prüfungs- und Widerspruchsausschüsse im Weiterbildungswesen
Folgende Vorsitzende der Prüfungsausschüsse wurden zur Sicherstellung der Prüfungsabläufe für die laufende Wahlperiode nachgewählt (in Ergänzung zu den am 01.06.2019 berufenen Vorsitzenden): Dr. med. Claudius Kleinert, Facharzt für Innere Medizin; Prof. Dr. med. Hans-Georg Olbrich, Facharzt für Innere Medizin; Dr. med. Burkhard Pfeiffer, Facharzt für Innere Medizin; Prof. Dr. med. Wolfgang Schneider, Facharzt für Innere Medizin; Dr. med. Rolf Teßmann, Facharzt für Anästhesiologie. Sie vertreten sich gegenseitig.
Ausbildungswesen MFA: Besetzung des Berufsbildungsausschussesder LÄKH für die Amtsperiode 1. Juli 2022 bis 30. Juni 2026:
- Dr. med. Lars Bodammer (Stellvertreter: Dipl.-Psych. Frank Seibert-Alves, BMedSci).
- Prof. Dr. med. Alexandra Henneberg (Stellv.: Dr. med. Britta Schulte-Hahn)
- Dr. med. Sylvia-Gabriele Mieke (Stellv.: Christiane Hoppe)
- Dr. med. Hans-Martin Hübner (Stellv.: Dr. med. Michael Weidenfeld)
- Barbara Mühlfeld (Stellv.: Dr. med. Sabine Olischläger)
- Martin Andreas Leimbeck (Stellv.: Dr. med. Detlef Steininger)
Die Liste der Abgeordneten zum 126. Deutschen Ärztetag siehe hier.
Zukunft der Akademie
„Brauchen wir überhaupt eine Akademie?“, fragte Prof. Dr .med. Hans-Rudolf Tinneberg, Vorsitzender des Vorstands der Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung der LÄKH, und verband die eigene Antwort mit einer Erklärung: Fortbildung von Ärzten sollte Anliegen der Ärzteschaft sein. Um für Kursleiter und Referenten attraktiv zu sein, benötige die Akademie das entsprechende Renommee. Die Verdopplung medizinischen Wissens nehme rasant zu, stellte Tinneberg fest.
„Wir hinken in der Akademie noch etwas hinterher. Das wollen wir ändern. Es führt kein Weg an der Digitalisierung vorbei.“
Um die Akademie zukunftsfähig zu machen, habe das Präsidium der LÄKH die Einrichtung der AG Zukunft unter der Leitung der Stv. Ärztlichen Geschäftsführerin Nina Walter und der Unternehmensberatung Schickler beschlossen, berichtete Tinneberg weiter. Eine Analyse habe gezeigt, dass 1 % der ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen in Hessen in der Akademie stattfinde. Doch die Akademie vergebe bei Weitem die höchste Anzahl von Fortbildungspunkten. Kurz dahinter rangiere die KV.
In wenigen Punkten fasste Tinneberg seine Wünsche für die Akademie zusammen:
„1. Wir brauchen eine klare Definition von Aufgaben.
2. Wir brauchen eine funktionelle Heimat.
3. Wir brauchen die Anstrengung aller, um Kooperationen mit anderen Bildungseinrichtungen einzugehen.“
Dafür sei ein Umdenken notwendig. Aber es müsse versucht werden, die vermeintlichen Grenzen zu überwinden. Dazu gehörten auch Live-Online-Angebote sowie Präsenzveranstaltungen nicht nur in Bad Nauheim, sondern auch in Frankfurt, Kassel oder Darmstadt.
In der anschließenden Diskussion dankte Dr. med. Martin Hübner dem Vorstandsvorsitzenden Tinneberg für seinen Appell, den er unterstütze: „Wir sollten auf die Akademie stolz sein. Dass sie Geld braucht, ist klar.“ An dem Schwund der Mitglieder müsse sich etwas ändern. Dieses Ziel solle auch bei der Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung an erster Stelle stehen. Das Pfund, mit dem die Akademie wuchern könne, sei die nicht gesponserte Fortbildung.
Hübners Vorschlag, alle LÄKH-Mitglieder automatisch auch zu Akademie-Mitgliedern zu machen, stieß nicht bei allen Delegierten auf Zustimmung: „Es kann keine Mitgliedschaft in der Mitgliedschaft geben“, sagte Dr. H. Christian Piper: „Was wir brauchen, sind wirtschaftliche Anreizsysteme.“
Abschließend fasste Dr. Peter Zürner die Position des Präsidiums zusammen: Bei der Akademie sei ein Update notwendig, das mit einem raschen Veränderungsprozess einhergehe. Er dankte dem Hauptamt und betonte, dass das Präsidium den Prozess begleiten werde: „Wir unterstützen die Mitarbeiter und versuchen, die Herausforderungen gemeinsam zu lösen.“
Katja Möhrle, Isolde Asbeck