Gewalt-Meldebogen der Landesärztekammer Hessen

Drohungen und körperliche Übergriffe gehören in Arztpraxen und Krankenhäusern inzwischen leider zum beruflichen Alltag. Studien belegen, dass aggressives Verhalten gegenüber der Ärzteschaft häufiger vorkommt als im Allgemeinen angenommen. Gewalt in jeder Form ist ein schamhaft verschwiegenes Problem. Viele Betroffene sprechen ungern über Konflikte mit gewalttätigen Patientinnen und Patienten, da sie unter anderem fürchten, den Ruf ihrer Praxis zu schädigen.

Um eine Vorstellung über Zahlen und Formen von ausgeübter Gewalt zu erhalten, hat die Landesärztekammer Hessen im Frühjahr 2019 als erste Ärztekammer in Deutschland den Meldebogen „Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte und Team“ entwickelt und auf ihrer Website eingestellt.

Die Evaluationsergebnisse sollten unter anderem dabei helfen, Forderungen gegenüber dem Gesetzgeber zu unterstützen, Ärztinnen und Ärzte im Paragrafenteil vom 30. Mai 2017 des Strafgesetzbuches (StGB) „§ 115 Widerstand gegen oder tätlicher Angriff auf Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen“ mit einzuschließen.

Am 3. April 2021 wurde die Strafrechtsverschärfung umgesetzt: Hilfeleistende eines ärztlichen Notdienstes oder einer Notaufnahme wurden im Paragrafenteil integriert. Somit wurde der geforderte Schutz des Strafgesetzbuches auf das medizinische Personal von ärztlichen Notdiensten und auf Notfallambulanzen in den Krankenhäusern ausgeweitet. Das ist natürlich noch nicht ausreichend. Unabhängig von Tätigkeitsort und Einsatzgebiet müssen alle Ärztinnen und Ärzte stets dem Schutz des Gesetzes unterliegen.

Obwohl auf dem Meldebogen der Landesärztekammer nicht die Art der ärztlichen Tätigkeit genannt werden muss, ergibt die Auswertung der bisherigen Freitext-Angaben, dass der überwiegende Teil in niedergelassener Praxis tätig ist. Des Weiteren zeigt sich anhand von Rückmeldungen, dass das aggressive Verhalten vorwiegend gegenüber dem Praxisteam, insbesondere gegenüber den Medizinischen Fachangestellten, ausgeübt wird.

„Es erscheint wichtig, bei der Ärzteschaft sowie den medizinischen Berufsgruppen weiterhin das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass Gewalt nicht hingenommen werden darf. Nicht nur in den Notfallambulanzen der Kliniken, sondern auch in den Praxen wird aggressives Verhalten erlebt. Deshalb ist es uns ein Anliegen, kontinuierlich fundierte Fakten zu eruieren, um auf deren Grundlage praxistaugliche Lösungsstrategien zu entwickeln“, erklärt Nina Walter, Leiterin der Stabsstelle Qualitätssicherung, Versorgungsmanagement und Gesundheitsökonomie und Stellvertretende Ärztliche Geschäftsführerin der LÄKH. Anhand des Meldebogens haben Ärztinnen und Ärzte weiterhin die Möglichkeit, Vorfälle der Landesärztekammer Hessen zu melden. Auch aggressives Verhalten, das gegen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerichtet war, kann von der Ärzteschaft gemeldet werden. Die Auswertung erfolgt anonym und die Daten werden statistisch ausgewertet.

Bei Bedarf wird aber auch der Kontakt zur Rechtsabteilung der Kammer vermittelt, die gezielt Angriffen nachgehen kann.

Weitere Informationen sowie den Gewalt-Meldebogen finden Sie auf unserer Website unter der Rubrik „Gewalt gegen Ärzte“: https://www.laekh.de/fuer-aerztinnen-und-aerzte/gewalt-gegen-aerzte

Dr. Dipl.-Soz. Iris Natanzon, Wissenschaftliche Referentin Stabsstelle Qualitätssicherung der Landesärztekammer Hessen