Covid-19, verursacht durch SARS-CoV-2, kann eine Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Berufskrankheitenverordnung sein. Mit der Akutversorgung und Rehabilitation Erkrankter wirken die gesetzlichen Unfallversicherungsträger darauf hin, die Gesundheit der betroffenen Person wiederherzustellen und sie ins Berufsleben wieder einzugliedern. Dieses Prinzip „Rehabilitation vor Rente“ gehört zu ihrem gesetzlichen Auftrag.

Für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit erhält die erkrankte Person von der gesetzlichen Unfallversicherung Verletztengeld als Entgeltersatz. Verbleiben nach Abschluss der medizinischen Rehabilitation überdauernde Krankheitsfolgen, ist durch eine medizinische Begutachtung zu klären, ob eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliegt und deshalb eine Rente zu leisten ist.

Dauerhafte Genesung angestrebt

Bei einer Berufskrankheit wie Covid-19 bei Beschäftigen im Gesundheitswesen prüft zudem der zuständige gesetzliche Unfallversicherungsträger von sich aus („von Amts wegen“), ob ein Anspruch auf Verletztenrente besteht – dazu bedarf es keines Antrags. Aufgrund des Grundsatzes „Rehabilitation vor Rente“ steht die Prüfung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) aber erst als dritter Schritt nach einer umfassenden Diagnostik sowie zielorientierten Rehabilitation im ersten und zweiten Schritt an.

So setzt beispielsweise auch die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), bei der besonders viele berufsbedingt an Covid-19-Erkrankte versichert sind, derzeit alles daran, dass die Betroffenen wieder dauerhaft gesund werden. Bei derzeit (Stand 26.03.2021) über 70.000 meldepflichtigen Fällen allein bei der BGW sind bereits über 60 % als Berufskrankheit anerkannt worden. In etwa einem Prozent der anerkannten Fälle werden die Betroffenen aufgrund der Schwere der Erkrankung im Rahmen des Reha-Managements der BGW betreut.

Nach den bisherigen Erkenntnissen der BGW sind, wie sich auch aus dem Epidemiologischen Steckbrief zu SARS-CoV-2 und Covid-19 des RKI ergibt, Langzeitfolgen im Bereich der Lungenfunktion, des Herz-Kreislauf-Systems, des Nervensystems und in weiteren Organen zu beobachten. Des Weiteren können auch psychische Folgeerscheinungen auftreten. Bei einigen Patienten sind bei den Krankheitsfolgen auch mehrere Organe betroffen, so dass sowohl die Akutbehandlung als auch die Rehabilitation multidisziplinär durchzuführen sind.

Allerdings muss aufgrund der Neuartigkeit des Krankheitsbildes nach Abklingen der Akutsymptome die weitere Entwicklung der medizinischen Erkenntnisse weiter aufmerksam verfolgt werden. In einem derzeit noch nicht quantifizierbaren Anteil von Covid-19-Erkrankten persistieren nach initial leichtem Verlauf verschiedene der genannten Symptome auch sechs Monate nach der Akuterkrankung.

Die BGW fördert daher den Austausch unter Expertinnen und Experten sowie die Forschung zu den Folgen von Covid-19, um betroffenen Versicherten die bestmögliche Behandlung und Rehabilitation zu ermöglichen. Darüber hinaus steht sie in Kontakt mit einschlägigen medizinischen Fachgesellschaften, um gute Rahmenbedingungen für eine Begutachtung der Langzeitfolgen der noch sehr jungen und ausgesprochen vielgestaltigen Krankheit Covid-19 zu erreichen.

Ebenso beobachten Ärztinnen, Ärzte und anderes Fachpersonal der BGW aufmerksam die weitere Entwicklung, um etwaige neue Erkenntnisse bei der Betreuung von Versicherten schnell berücksichtigen zu können. Unter anderem haben die BG Kliniken – Klinikverbund der gesetzlichen Unfallversicherung gGmbH und die BGW – gemeinsam ein interdisziplinäres Diagnostikangebot auf den Weg gebracht, welches sich an Covid-19-Erkrankte mit lang anhaltenden Beschwerden richtet, siehe Kasten.

Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass die Covid-19-Erkrankung infolge der beruflichen Tätigkeit erworben wurde und die Zuweisung über den zuständigen Träger der Unfallversicherung erfolgt. Dieser Post-Covid-Check (PCC) ist ein umfassendes Diagnoseverfahren, welches dazu dient sämtliche Krankheitssymptome zu untersuchen.

Die Ergebnisse dieser Diagnostik sind dann Grundlage für die weitere Weichenstellung und die Gestaltung von Rehabilitationsverfahren in Zusammenarbeit mit dem Reha-Management der Unfallversicherungsträger. Dabei werden auch gegebenenfalls vorhandene psychische Beeinträchtigungen und Fatigue-Symptome berücksichtigt.

Forschung zur Abschätzung der Langzeitfolgen von Covid-19

Die BGW führt laufend eine systematische Analyse der wissenschaftlichen Literatur durch, befragt Versicherte und organisiert Expertengespräche zu den Langzeitfolgen von Covid-19. Aus diesen Projekten wird Wissen gewonnen, das Gutachter/-innen dabei unterstützen soll, den Zusammenhang zwischen Covid-19 und möglichen Langzeitfolgen besser zu verstehen. Ein erstes Expertengespräch hat am 10.02.2021 bereits stattgefunden und ein zweites Gespräch ist aktuell in Planung. Mehr als 1.000 Versicherte der BGW haben bislang bereits an der Befragung zu den Folgen von Covid-19 teilgenommen.

Erste Ergebnisse aus den Befragungen der Versicherten werden in den nächsten Monaten veröffentlicht werden.

Rehabilitationsmaßnahmen bei Langzeitfolgen von Covid-19

Die BG Kliniken bieten seit Mai 2020 bereits eine stationäre Post-Covid-Reha in der BG Klinik Bad Reichenhall an. An dieser haben bereits mehr als 70 Versicherte der Unfallversicherungsträger teilgenommen (Stand 10.02.2021). Dieses stationäre Heilverfahren dauert durchschnittlich vier Wochen. Für Patienten mit neurologischen Symptomen gibt es dort regelmäßige Konsile zwischen den Ärzten der Klinik Bad Reichenhall mit den Neurologen der BG-Kliniken.

Die BG Kliniken erarbeiten derzeit, basierend auf den bisherigen Erkenntnissen aus den Rehabilitationsmaßnahmen für Covid-19-Erkrankte, ein Konzept für stationäre oder ambulante Reha-Angebote mit dem Fokus auf aktivierenden Verfahren unter Einbindung von Atemtherapeuten, Logopäden, Ergotherapeuten etc. Da das Verletztengeld bis 78 Wochen gezahlt werden kann, wenn aufgrund der Folgen von Covid-19 eine Arbeitsunfähigkeit besteht, können während dieser Zeit den Versicherten Angebote zur Rehabilitation – ambulant und stationär gemacht – werden.

Fazit

Insgesamt ist davon auszugehen, dass es in den nächsten zwei bis drei Jahren sehr viele Rehabilitandinnen und Rehabilitanden in verschiedensten Reha-Einrichtungen in Deutschland geben wird. Derzeit lässt sich festhalten, dass die Maßnahmen für Covid-Patienten in den Reha-Einrichtungen mit Blick auf die Wiederherstellung der Funktionen für eine umfassende berufliche und gesellschaftliche Teilhabe interdisziplinär ausgerichtet sein müssen. Die Reha-Verfahren bedürfen voraussichtlich keiner Reihung, wie beispielsweise einer zunächst pneumologisch und dann einer kardiologisch, psychosomatisch oder neurologisch ausgerichteten Maßnahme. Es können auch mehrere Reha-Verfahren für die einzelne Patientin bzw. den einzelnen Patienten erforderlich sein. Während einer Reha-Maßnahme kann auch eine weitere Diagnostik erforderlich werden. Zudem hat sich gezeigt, dass Reha-Maßnahmen auch mehrere Monate nach der Akuterkrankung erfolgreich in Bezug auf den allgemeinen Gesundheitszustand, Belastungsfähigkeit, psychische Beeinträchtigung sowie Fatigue verlaufen. Entsprechend ist es auch für Patienten mit persistierenden (unklaren) Symptomen binnen drei bis sechs Monate nach der Akutphase der Erkrankung sinnvoll, eine Meldung beim zuständigen Unfallversicherungsträger (BK-Verdachtsmeldung) zu tätigen und eine gegebenenfalls erforderliche weitere Diagnostik oder eine Rehabilitation anzuregen.

Christian Frosch, Geschäftsführer der Bezirksverwaltung München der BGW, E-Mail: christian.frosch@bgw-online.de

Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach, Altpräsident der LÄKH, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Vorsitzender des Vorstandes

Kontakt & weitere Links

BGW-Website: www.bgw-online.de

Post-Covid-Check: Hilfe bei Covid-19-Folgen. Auf der BGW-Website unter „Coronavirus: Infos für versicherte Unternehmen und Beschäftigte“, Kurzlink: https://tinyurl.com/yszepvsn

BGW-Website Freiwillige Versicherung für Ärztinnen und Ärzte:https://www.bgw-online.de/bgw-online-de/service/beitrag-leistung/versicherungsschutz/freiwillige-versicherung-fuer-aerztinnen-und-aerzte-84966

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