Start des Führungsteams Dr. med. Gunther Rexroth und Dipl. Inf. Martin Rapp

Seit 1. Januar 2021 ist Dr. med. Gunther Rexroth Ärztlicher Leiter der Vertrauensstelle des Hessischen Krebsregisters. Der Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie war zuvor als Chefarzt im St. Vincenz-Krankenhaus Diez tätig. Die Leitung der Vertrauensstelle teilt er sich mit Dipl. Inf. Martin Rapp, der seit 2018 der Vertrauensstelle als Organisatorischer Leiter vorsteht.

Das Hessische Krebsregister besteht aus drei Teilen: der Vertrauensstelle sowie der Landesauswertungs- und der Abrechnungsstelle. Die Vertrauensstelle ist als Abteilung im ärztlichen Geschäftsführungsbereich der Landesärztekammer Hessen angesiedelt. Die Landesauswertungs- und Abrechnungsstelle gehören dem Hessischen Landesprüfungs- und Untersuchungsamt im Gesundheitswesen (HLPUG) an, beide werden von Dr. med. Soo-Zin Kim-Wanner geführt.

Dr. med. Gunther Rexroth übernimmt die Aufgaben von Dr. med. Alexander Marković, der als Ärztlicher Geschäftsführer der Landesärztekammer Hessen fast drei Jahre auch die Vertrauensstelle kommissarisch leitete. „Ich freue mich, dass wir nach einer intensiven, dreijährigen Suche mit Dr. Rexroth einen sehr erfahrenen Arzt als weiteren Abteilungsleiter gewinnen konnten“, resümiert Marković. „Martin Rapp und Dr. Rexroth kommen aus verschiedenen Disziplinen und bringen unterschiedliche fachliche Expertise mit. Ich bin mir sicher, dass sie sich dadurch perfekt ergänzen und gemeinsam die hessische Krebsregistrierung vorantreiben werden.“

Erfolgreicher Aufbau des Hessischen Krebsregisters

Vor wenigen Tagen haben die Verbände der Krankenkassen in Hessen dem Hessischen Krebsregister bestätigt, dass alle 43 Kriterien zur regelhaften finanziellen Förderung durch die gesetzlichen Krankenkassen erfüllt wurden. „An diesem Erfolg hat Dr. Marković großen Anteil. Mit seiner Unterstützung in den vergangenen Jahren konnten wir gemeinsam die Weichen für die zukünftige hessische Krebsregistrierung stellen. Wir sind dankbar, dass er uns auch weiterhin beratend zur Seite stehen wird“, bedankte sich Rapp im Namen des Krebsregisterteams, das Dr. med. Gunther Rexroth herzlich willkommen heißt: „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit beim weiteren Aufbau der klinisch-epidemiologischen Krebsregistrierung in Hessen.“

Vera Reinhard, Wissenschaftliche Referentin

Vertrauensstelle des Hessischen Krebsregisters, Kontakt: Lurgiallee 10, 60439 Frankfurt/Main, Fon: 069 5660876-0, E-Mail: info@hessisches-krebsregister.de, www.hessisches-krebsregister.de

„Melden bedeutet Aufwand, aber auch Fortschritt“ Das neue Führungsduo Rexroth/Rapp im Interview

Im Oktober 2014 hat das Hessische Krebsregister seine Arbeit als klinisch-epidemiologisches Krebsregister aufgenommen. Im Interview berichten die Abteilungsleiter der Vertrauensstelle, wo die Krebsregistrierung heute steht – und werfen dabei einen Blick in die Zukunft.

Welche Daten werden vom Krebsregister erfasst?

Dr. med. Gunther Rexroth: Es werden alle Behandlungsinformationen der an Krebs erkrankten Patientinnen und Patienten erfasst. Das reicht von der Übermittlung der klinischen und auch der pathohistologischen Diagnose über Verlaufsdaten (Tumorrezidiv, Metastasierung, Zweittumore) und Therapiedaten (erfolgte Operationen, medikamentöse Tumortherapien und Strahlentherapien) bis zur Mitteilung des Sterbedatums.

Von wem erhalten Sie diese Behandlungsinformationen?

Martin Rapp: Die Informationen werden uns von den hessischen Ärztinnen und Ärzten und ihren Teams gemeldet. Im ambulanten Bereich sind das Praxisinhaber, im stationären Bereich Chefärzte*.

Rexroth: Ärzte sind nach § 5 des Hessischen Krebsregistergesetzes zur Meldung verpflichtet. Doch noch nicht alle Ärzte kommen ihrer Meldepflicht nach. Sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich gibt es noch Übermittlungslücken.

Sind denn auch Hausärzte meldepflichtig?

Rexroth: Alle Ärzte, die Patienten onkologisch behandeln, sind meldepflichtig. Auch Hausärzte, die einen Krebspatienten beispielsweise nur im Rahmen der Nachsorge sehen, sind aufgefordert, an das Krebsregister zu melden. Ihre Behandlungsinformationen sind besonders für Auswertungen zum Langzeitüberleben von Bedeutung.

Warum ist es so wichtig, dass alle Ärzte melden?

Rapp: Das Krebsregister hat die Aufgabe, alle Behandlungsdaten zusammenzuführen und das gesamte Krebsgeschehen in Hessen abzubilden. Die Informationen sind für die Wissenschaft umso wertvoller, je vollständiger der Datensatz ist. Nur mit einer soliden Datenbasis können Therapieerfolge sichtbar gemacht oder Lücken in der Krebsversorgung aufgedeckt werden. Wir haben hierzu in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Im Diagnosejahr 2017 ist das Ziel, 95 % der zu erwartenden Tumoren zu registrieren, erreicht worden. Das ist für uns ein großartiges Etappenziel, wenngleich neue Herausforderungen, wie die schnellere Datenverarbeitung, vor uns stehen.

Wo genau sehen Sie die aktuellen Herausforderungen?

Rexroth: Zu oft erfahren wir von Krebsfällen erst aus dem Leichenschauschein. Längst nicht zu jedem Tumor liegt das Krankheitsgeschehen vollständig vor. Wir sehen die wesentliche Herausforderung darin, die noch deutlichen Lücken in der Verlaufsdokumentation der Tumoren zu füllen. Sie bilden die Grundlage für klinisch relevante Auswertungen, zum Beispiel durch den Vergleich konkurrierender Therapieverfahren im Rahmen wissenschaftlicher Studien. Es gilt, diese Lücken zu schließen, indem wir nicht meldende Ärztinnen und Ärzte an das Meldeverfahren des Hessischen Krebsregisters anbinden.

Wie sieht die Vergütung der Meldungen aus?

Rexroth: Im Gegensatz zu manch anderer Pflichtaufgabe im ärztlichen Alltag werden die Meldungen an das Krebsregister vergütet, von 4 Euro pro Fall für die Meldung einer pathologischen Diagnose bis 18 Euro pro Fall für eine klinische Diagnose. Die Übermittlung von Therapie- bzw. Verlaufsdaten wird mit 5 Euro und 8 Euro pro Fall vergütet. Zudem bekommen die meldenden Ärzte Auswertungen und Datenrückmeldungen vom Krebsregister zurück, die sie bei ihrer Krebsbehandlung unterstützen sollen und durchaus auch im Rahmen des „Benchmarkings“ interessant sind. Nicht zuletzt ist die aktive Teilnahme an der Krebsregistrierung Voraussetzung für die Zertifizierung von Organkrebszentren durch die Deutsche Krebsgesellschaft.

Seit gut sechs Jahren gibt es die klinisch-epidemiologische Krebsregistrierung in Hessen. Was haben Sie bisher erreicht?

Rapp: Am Anfang stand die Schaffung von Strukturen und Prozessen sowie der damit verbundene Personalausbau im Vordergrund. Mittlerweile haben wir zwei elektronische Übermittlungswege für Meldungen etabliert: das Meldeportal zur Online-Erfassung von Behandlungsdaten und den Meldeportal-UploadClient zum Hochladen von Meldungspaketen.

Wir veranstalten regelmäßig Webseminare zur Meldungsdokumentation und zum Meldeportal.

Rexroth: Hohe Priorität kommt einer nutzerfreundlichen Kommunikation zu: Die meldenden Ärztinnen und Ärzte sollen in schnellstmöglicher Zeit ein Maximum an validen Daten übermitteln können. Um den Meldevorgang zu optimieren, beschäftigt die Vertrauensstelle fünf Informatiker. Die Meldung auf Papier wird sukzessive auf das elektronische Meldeverfahren umgestellt. Zudem soll gewährleistet werden, dass die Meldenden zeitnah klinisch relevante Auswertungen zurückbekommen.

Rapp: Auch in Sachen Öffentlichkeitsarbeit hat sich viel getan. Beispielsweise präsentieren wir uns seit dem Jahr 2019 mit einer eigenen Website und informieren Interessierte über unseren Newsletter zu wichtigen Themen rund um den Meldeprozess. Im Jahr 2021 werden wir unser Informationsangebot weiter ausbauen und gezielt onkologisch tätige Ärzte auf ihre Meldepflicht ansprechen.

Wie wollen Sie das Ziel, die flächendeckende Krebsregistrierung in Hessen, erreichen?

Rapp: Dafür setzen wir derzeit einige Maßnahmen um – beispielsweise das seit dem Jahr 2020 implementierte zweijährige Vorhaben „Regionale Koordinierende“ (siehe HÄBL 10/2020, S. 566). Ein regionaler Koordinator*, angestellt im koordinierenden Krankenhaus eines Versorgungsgebiets, unterstützt uns bei der Etablierung des Meldeverfahrens von ambulant bzw. stationär tätigen Ärzten. Außerdem haben wir Kooperationen mit anderen hessischen Institutionen geschlossen, zum Beispiel mit der Landesärztekammer Hessen: Alle Ärzte, die sich bei der Kammer anmelden, werden eingehend über das Krebsregister informiert. Zudem arbeiten wir eng mit den hessischen Organkrebszentren zusammen, die einen erheblichen Teil zur Krebsbehandlung in Hessen beitragen und deren Meldungen für die Krebsregistrierung von hohem Wert sind.

Wie wird man zum Meldenden?

Rexroth: Den Anmeldebogen finden Ärztinnen und Ärzte auf unserer Website unter www.hessisches-krebsregister.de → Meldende → Anmeldung und Datenänderung. Wir freuen uns über jeden weiteren aktiven Arzt und möchten uns an der Stelle bei den vielen aktiven Meldenden für ihre tatkräftige Unterstützung bedanken.

* Genderneutrale Sprache: Aus Gründen der Lesbarkeit wird im Text meist die männliche Form verwendet. Die Formulierungen beziehen sich jedoch auf Angehörige aller Geschlechter, sofern nicht ausdrücklich auf ein Geschlecht Bezug genommen wird.

Interview: Vera Reinhard