Ich habe den Arztberuf immer als eine ehrenwerte Tätigkeit angesehen, hatte man sich doch einst zum Ziel gesetzt, Menschen zu helfen.
Wenn ich aber sehe, dass Ärztinnen und Ärzte diesen Beruf ergriffen haben und dann auf völlig unethische Weise die Bevölkerung verunsichern, Ängste schüren und auf die „Corona-Leugner-Welle“ aufspringen, dann schäme ich mich, dass diese „Ärzte“ das gleiche Zertifikat der Approbation in Händen halten dürfen wie ich.
Es sind „Ärzte“, die sich als „Aufklärer“ sehen. „Masken?“ – „Unfug!“; „Impfung?“ – „Bloss nicht“; „Corona?“ – „Ist doch halb so schlimm“. Und diese „Ärzte“ lassen Flugblätter in Haushalte verteilen, um die Bevölkerung weiter zu verunsichern. Um sie indirekt aufzurufen, die allgemeinschützenden Maßnahmen zu hinterfragen und zu verweigern.
Sicher haben diese Ärztinnen und Ärzte irgendwann einmal Medizin studiert. Aber wann haben sie das letzte Mal am und mit Patienten gearbeitet? Und sicher haben sie noch keinen Tag der Pandemie auf einer Intensivstation verbracht, wo wegen SARS-CoV-2 beatmete Patienten lagen. Intensivstationen, auf denen echte Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte Tag für Tag den Kopf hinhalten.
Menschen, die ihren Berufsstand dazu ausnutzen, unfachliche und falsche Informationen zu verbreiten, handeln unethisch und unärztlich. Der Zweck heiligt ihnen die Mittel, auch wenn dies bedeutet, Seit’ an Seit’ mit Neonazis oder AfD’lern auf „Anti-Corona-Demos“ zu sprechen.
Ist es die gekränkte Eitelkeit, von der Öffentlichkeit und der Politik nicht als Experte gefragt und wahrgenommen zu werden? Nicht auf der großen Bühne zu stehen und mit seinen fachlichen Äußerungen die Politik und das Leben in Deutschland aktuell mitgestalten zu können? Man will einmal ganz oben sein. Aber rechtfertigt es das eigene Ego, das Berufsethos gänzlich über Bord zu werfen und das große Ganze, nämlich den Menschen zu helfen und die Coronapandemie einzudämmen, aus dem Blick zu verlieren?
Erinnern Sie sich daran, warum Sie damals Medizin studiert haben! Erinnern Sie sich daran, dass es darum geht, den Menschen zu helfen – und nicht, sie zu verunsichern! Und erinnern Sie sich daran, dass es nicht darum geht, sein Gesicht in den Nachrichten zu sehen. Es wäre schön, Sie dann wieder als Kolleginnen und Kollegen bezeichnen zu können.
Dr. med. Andreas Hofmann, Frankfurt/Main