Das Bündnis Junge Ärzte fordert raschen Einsatz für Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen und globalen Gesundheitsschutz
Das Bündnis Junge Ärzte (BJÄ) hat kürzlich ein Positionspapier zur Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen und globalem Gesundheitsschutz veröffentlicht. Hierin fordert das aus 25 Berufsverbänden und Fachgesellschaften bestehende Bündnis alle Akteure im Gesundheitswesen und Politik auf, unverzüglich mit konkreten und sinnvollen Maßnahmen an der Umsetzung von Klimaschutzzielen mitzuwirken. Des Weiteren solle sich für Nachhaltigkeit und die Sicherung globaler Gesundheit eingesetzt werden.
Klimatreiber Gesundheitswesen
Allein der Gesundheitssektor war im Jahr 2017 für knapp 5 % des weltweiten Ausstoßes klimaschädlicher Gase verantwortlich. Krankenhäuser gehören in Deutschland zu den sechs größten Energieverbrauchern in der Branche Handel, Dienstleistung und Gewerbe. Aus Sicht des BJÄ spielen die Gesundheitsberufe mit ihrem weiten Handlungsspielraum, ihren wichtigen gesellschaftlichen und sozialen Aufgaben eine zentrale Rolle in der Öffentlichkeit. Diese Vorbildfunktion sei gerade in der Umsetzung von Klimaschutzzielen und Nachhaltigkeit von besonderer Bedeutung.
Vor fünf Jahren haben sich neben Deutschland viele weitere Staaten im Rahmen des „Pariser Klimaschutzabkommens“ verpflichtet, die Erderwärmung mit konkreten und nachhaltigen Maßnahmen auf „deutlich unter 2°C“ zu senken. Auch fünf Jahre später steigen die hauptverantwortlichen CO2-Emissionen weltweit gemittelt weiter an: Die globale Kohleabhängigkeit ist beispielsweise seit 30 Jahren unverändert hoch und stieg zwischen 2016–2017 sogar um 1,7 %.
Das BJÄ sieht die dringend notwendige Emissionstrendwende als gefährdet an. Aus Sicht des Bündnisses würden einzelne Maßnahmen umstrukturiert, zurückhaltend oder überhaupt nicht umgesetzt werden. Zudem würden neue technische Möglichkeiten, die etwa durch digitale Transformation des Alltags entstehen, nicht voll umfassend genutzt.
Konkrete Bedrohungen
Die Folge sei eine Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur um 1,2°C mit bereits unmittelbar sichtbaren Auswirkungen. Soziale, ökonomische und ökologische Gesundheitsdeterminanten, Extremwetterereignisse, Überschwemmungen, Dürren, Temperaturanomalien, Waldbrände, Biodiversitätsverlust, Infrastrukturschäden und „neue“ Infektionskrankheiten seien bereits konkrete Bedrohungen der Gegenwart.
Besonders seien davon meist jene Bevölkerungsgruppen betroffen, die oft am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben. Diese Tatsachen werden mit dem kürzlich veröffentlichten Lancet Countdown 2020 zu Gesundheit und Klimawandel in ihrer Aktualität unterstrichen, der unter anderem die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels dokumentiert.
Gemeinschaftliche Aufgabe
Auch die Bundesärztekammer hat, gemeinsam mit weiteren Institutionen, in einem Policy-Brief für Deutschland unmissverständlich Stellung bezogen und Kernbotschaften zu Gesundheitsrisiken, dem CO2-Fußabdruck des Gesundheitssektors und zum Klimawandel formuliert.
Daher rufen die Ärztinnen und Ärzte des Bündnis Junge Ärzte als aktuell und zukünftig betroffene Generation zu besonderem Engagement im Klimaschutz auf. Sie fordern, die im Oktober 2020 vom Europäischen Parlament verschärften Klimaziele für 2030 zu verwirklichen, Nachhaltigkeit privat und beruflich umzusetzen und für die Sicherung globaler Gesundheit einzutreten.
Das BJÄ betont im Resümee des Positionspapiers, sich mit seinen Mitgliedsverbänden für eine klimagerechte Umgestaltung der Gesundheitssysteme einzusetzen, „damit uns und zukünftigen Generationen durch negative Umwelteinflüsse nicht die Zukunft genommen wird. Theoretische Überlegungen und politische Lippenbekenntnisse sind dafür nicht zielführend, stattdessen benötigt es praktische und realitätsnahe Umsetzungsempfehlungen. Hierfür wird sich dem Leitspruch des Lancet Countdown 2020 angeschlossen: „No continent, country or community is immune from the health impacts of climate change“ – „Kein Kontinent, kein Land und keine Gemeinde ist vor den gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels gefeit.“
Das Bündnis Junge Ärzte schlägt vor:
- Übernahme der Vorbildfunktion auch als Repräsentant des Gesundheitswesens im Bereich Nachhaltigkeit und globalem Gesundheitsschutz.
- Einforderung klimaneutraler Finanzanlagen und Investitionen (z. B. durch die Ärzteversorgung).
- Stärkung der interdisziplinären und intersektoralen Zusammenarbeit für den Klima- und Gesundheitsschutz zur Nutzung von Synergieeffekten.
- Vermeidung unnötiger Arztbesuche und Untersuchungen.
- Umsetzung und Unterstützung von Ernährungsempfehlungen und Maßnahmen, die für eine gesunde und nachhaltige Ernährungsweise werben (z. B. Implementierung von Ernährungsleitlinien, Qualitätsstandards und Ernährungsbildung in der schulischen Ausbildung; Verringerung des Anteils industrieller Tierprodukte und energieteurer Lebensmittel auch in Klinik- oder praxiseigenen Kantinen).
- Stärkung und Bevorzugung des aktiven, nicht-motorisierten Transportes und Förderung der körperlichen Bewegung auf allen Ebenen.
- Förderung des transformativen Wandels auf lokaler Ebene (z. B. Beteiligung bei Stadtplanung und Erstellung von Hitze-/Klimaschutzplänen).
- Stärkung der These, dass sich Gesundheit, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit gegenseitig verstärken.
- Unterstützung konkreter Klimaschutzmaßnahmen in lokalen Gesundheitseinrichtungen (z. B. Teilnahme am KLIK-Projekt – Klimamanager für Kliniken zur Einsparung von Emissionen und unnützen Energiekosten).
Dr. med. Cornelius Weiß, Delegierter der LÄKH, für das Bündnis Junge Ärzte, E-Mail: info@buendnisjungeaerzte.org