Vor einem Jahr habe ich für mein Weihnachtseditorial die Überschrift „Was für ein Jahr!“ gewählt. Das hätte ich eigentlich unverändert übernehmen können, wollte mich dann aber doch nicht selbst plagiieren und habe daher lieber den Hinweis auf die Dauerschleife gewählt.
Inzwischen haben wir die zweite und die dritte Welle der Epidemie hinter uns gebracht und befinden uns mitten in der vierten Welle. Auch diese werden wir gemeinsam mit den anderen Gesundheitsberufen meistern, allerdings unter anderen Voraussetzungen. Hier nenne ich nur kurz das Stichwort „Pandemie der Ungeimpften“. Nicht nur Ärztinnen und Ärzte waren und sind durch die Pandemie erheblich belastet, sondern auch die Medizinischen Fachangestellten und vor allem die Pflegekräfte, hier insbesondere im Intensivbereich. Auch wenn mein Dank an dieser Stelle zu meinem größten Bedauern an der Arbeitssituation der Menschen im Gesundheitswesen akut nichts ändert, ist es mir ein inneres Bedürfnis, allen meinen tief empfundenen Dank auszusprechen.
Gerne würde ich auch den politisch Verantwortlichen danken, muss aber zugeben, dass mir das nicht ganz so leicht fällt. Natürlich weiß ich, dass auch die politische Kaste – Sie gestatten den Ausdruck – keinesfalls Däumchen dreht und zumeist Arbeitszeiten hat, die den Ansprüchen des Arbeitszeitgesetzes mit Sicherheit nicht genügen. Und dennoch kann ich leider nur konstatieren: Gut gemeint ist leider noch lange nicht gut gemacht.
Statt eines abgestimmten und planvollen, ja sogar vorausschauenden Handelns erleben wir immer wieder spontane Einfälle, erst hü, dann hott. So wurden die Impfzentren geschlossen, und nur wenige Wochen später ertönte der Ruf nach Wiedereröffnung. Kam die Zunahme der Coronainzidenz und damit leider auch die Zunahme schwer Erkrankter überraschend? Nein! Aber ganz offensichtlich gab es im Vorfeld keine Überlegungen für diesen Fall. Das ist auch nicht mit dem Bundestagswahlkampf zu entschuldigen, in dem das Thema Gesundheit ohnehin nur unter ferner liefen zu finden war. Ganz zu schweigen von der Kakophonie unterschiedlicher Vorschläge von laissez faire bis hin zum Lockdown für Ungeimpfte.
Viele sind berufen, aber nur wenige auserwählt.
Welcher Bürger soll eigentlich noch bei den Coronaregeln den Durchblick haben: 1G, 2G, 2G , 3G . Dagegen waren die alten Energielabel auf dem Kühlschrank mit der Unterscheidung zwischen G und A ja noch direkt übersichtlich.
Ich bin persönlich übrigens zuversichtlich, dass die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, die mobilen Impfteams und die Krankenhäuser die Impfungen inklusive der Boosterimpfungen bewältigen können, auch wenn es natürlich angebracht wäre, das gesamte Prozedere zu vereinfachen. Wie viel Aufwand muss für eine Coronaimpfung im Vergleich zu einer Influenzaimpfung betrieben werden? Der Unterschied ist auch für Laien mehr als offensichtlich. Und natürlich würden fertige Einmaldosen das Impfen erheblich erleichtern. Hier hoffe ich, dass den Impfstoffherstellern noch ein weiterer Innovationssprung gelingt. Davon abgesehen belegt die Coronaimpfung höchst beeindruckend, wie segensreich Impfungen sind. Das zeigen nicht zuletzt die Ergebnisse unserer Onlineumfrage bei unseren Mitgliedern (siehe Seite 671ff). Auch wenn ich mich wiederhole, bitte ich Sie alle, weiterhin zu versuchen, Impfzögerer und vielleicht sogar Impfgegner zu überzeugen.
Wenn es uns als ärztliche Gemeinschaft genau wie als Gesellschaft gelingt, die Zahl der geimpften Mitbürgerinnen und Mitbürger zu steigern, steigt auch die Chance für die vielen engagierten Beschäftigten in Kliniken, Praxen und Gesundheitsämtern, die vierte Welle ohne Burnout zu bewältigen.
Mit dieser Hoffnung wünsche ich Ihnen und Ihren Familien ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in das neue Jahr. Frisch gestärkt kann es dann im neuen Jahr weitergehen. Auch 2022 wird Langeweile ein Fremdwort sein.
Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident