Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) startete am 1. Oktober 2021. Auf diesen Termin hatten sich die Selbstverwaltungspartner und das Bundesministerium für Gesundheit geeinigt.
Für Arztpraxen, in denen die notwendigen technischen Voraussetzungen (siehe unten) noch nicht zur Verfügung stehen, gilt allerdings eine Übergangsregelung. Nach dieser kann bis zum 31. Dezember 2021 weiterhin das bisherige papierbasierte Verfahren („gelber Schein“, Muster 1) genutzt werden.
Spätestens ab dem 1. Januar 2022 sind somit alle Arztpraxen und Krankenhäuser – letztere im Rahmen des Entlassmanagements – verpflichtet, jede ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung elektronisch über das sichere Übermittlungsverfahren KIM (Kommunikation im Medizinwesen) der Telematikinfrastruktur (TI) an die jeweilige Krankenkasse der Versicherten zu übermitteln. Die Versicherten senden hingegen weiterhin einen Ausdruck der eAU an ihren Arbeitgeber. Ihnen ist daher verpflichtend ein Papierausdruck auszuhändigen. Bei diesem handelt es sich allerdings nicht mehr um das bisher genutzte Muster-1-Formular.
Trotz der bestehenden Übergangsregelung sollten die Ärztinnen und Ärzte die benötigten technischen Komponenten zeitnah bestellen, um die eAU frühzeitig in ihre Praxisabläufe zu integrieren, da am 1. Januar 2022 ebenfalls das E-Rezept verpflichtend startet.
Technische Voraussetzungen und das Verfahren
Unabdingbar für die Übermittlung einer eAU an die Krankenkassen ist der Anschluss der Praxis an einen KIM-Dienst. Zudem ist ein Modul für das Praxisverwaltungs- bzw. Krankenhausinformationssystem erforderlich, über das die eAU ausgefüllt, signiert, versendet und ausgedruckt werden kann. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) zertifiziert diese Module der Praxisverwaltungssysteme und stellt eine Liste der bereits zertifizierten Systeme zur Verfügung.
Zur verpflichtenden rechtssicheren, qualifizierten elektronischen Signatur wird zudem benötigt:
- ein Konnektor mindestens der Produkttypversion 3 (eHealth-Konnektor) und
- ein elektronischer Heilberufsausweis (eHBA) der Generation 2. Liegt ein eHBA aus technischen oder anderweitigen, von Ärztinnen und Ärzten unverschuldeten Gründen nicht vor, kann auch mit der SMC-B (Praxisausweis) signiert werden.
Der eHealth-Konnektor unterstützt die sogenannte Stapelsignatur. Mit dieser lassen sich mehrere Dokumente in einem Vorgang signieren, ohne für jedes einzelne Dokument erneut eine PIN eingeben zu müssen. Sämtliche an einem Tag ausgestellten eAUs können also gesammelt, als Stapel signiert und anschließend versendet werden.
Nutzen Praxen die Stapelsignatur und stellen eine technische Störung fest, die auch bis zum folgenden Werktag anhält, müssen sie die Papierbescheinigung selbst an die Krankenkasse übermitteln, da zu diesem Zeitpunkt der Patient die Praxis bereits wieder verlassen hat. Um die Komfortsignatur nutzen zu können, ist ein PTV4 -Konnektor erforderlich, den inzwischen alle drei Konnektoranbieter bereitstellen.
Mit der Komfortsignatur können für einen Zeitraum von 24 Stunden bis zu 250 Signaturen ohne weitere PIN-Eingabe durch eine einfache Bestätigung (bspw. Mausklick im Primärsystem) ausgelöst werden. Damit können eAUs unmittelbar nach ihrer Ausstellung signiert und versendet werden. Dies vereinfacht die Prozesse – vor allem, wenn bei dem Versand der eAU technische Störungen auftreten. Im Vergleich zur Stapelsignatur lassen sich bei der Komfortsignatur eventuelle Störungen unmittelbar erkennen. Dann greift ein Ersatzverfahren, bei dem Ärztinnen und Ärzte den Versicherten – wie bisher – einen Ausdruck der Krankschreibung für die Krankenkasse mitgeben.
Auf absehbare Zeit gibt es keine mobile Zugangsmöglichkeit für Ärztinnen und Ärzte in die TI. Die PVS-Module ermöglichen deshalb, „leere“ eAU-Ausdrucke vor einem Hausbesuch zu erzeugen. Ärztinnen und Ärzte unterschreiben diese handschriftlich und versenden die eAU im Nachgang – elektronisch signiert – über ihr Praxisverwaltungssystem. Gemäß den geltenden Regelungen ist dies bis zum nachfolgenden Werktag möglich. Alternativ kann die eAU auch gänzlich nachgelagert in der Praxis erstellt werden. Anschließend ist dann allerdings ein postalischer Versand zweier unterschriebener Ausdrucke an die Patienten notwendig.
Vergütungsregelungen
Für den zur Übermittlung der eAU notwendigen KIM-Dienst erhalten Praxen eine einmalige Einrichtungspauschale von 100 Euro sowie eine Betriebskostenpauschale von 23,40 Euro (pro Quartal je Praxis) von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH). Für den eHBA gilt die Pauschale für die TI-Grundausstattung von 11,63 Euro pro Quartal und Ärztin/Arzt. Im Rahmen der verpflichtenden Grundausstattung mit den Komponenten für die elektronische Patientenakte wird das Konnektor-Update zudem einmalig mit 400 Euro pauschal vergütet.
Weiterentwicklung
Das beschriebene Verfahren wird bis zum 1. Juli 2022 weiterentwickelt. Ab diesem Zeitpunkt übermittelt die Arztpraxis zwei Ausführungen der eAU an die Krankenkasse: eine für die Krankenkasse und eine für den Arbeitgeber. Der Arbeitgeber ruft diese bei den Krankenkassen seiner Mitarbeiter ab, sobald sich diese krankgemeldet haben. Eine Weiterleitung durch die Versicherten an Arbeitgeber und Krankenkasse erfolgt dann nicht mehr. Auf Wunsch erhalten Versicherte einen Ausdruck der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
Bundesärztekammer
„Nutzung des Faxes bedenklich“ – eHBA eröffnet Alternative
Nach Ansicht des Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationssicherheit ist das Fax als unsicheres Kommunikationsmittel einzustufen. Da das Fax in den hessischen Arztpraxen noch vielfach verwendet wird, ist es ratsam, sich zeitnah über alternative Kommunikationsmittel zu informieren. Ein solche Alternativ ist KIM – Kommunikation im Medizinwesen, für deren Nutzung ein eHBA erforderlich ist. Weitere Informationen zu diesem Thema demnächst im Hessischen Ärzteblatt. (red)