Die Verbreitung des neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 und die dadurch ausgelöste Krankheit Covid-19 treiben uns alle um. Egal, ob in der Klinik, in der niedergelassenen Praxis, im Gesundheitsamt, im Labor oder in einer Forschungseinrichtung, überall sind wir als Ärztinnen und Ärzte bei der Bekämpfung und Eindämmung dieser Pandemie stark gefordert. Ihnen allen gilt mein tief empfundener Dank für Ihren Einsatz. Selbstverständlich danke ich auch den Pflegekräften, den Medizinischen Fachangestellten, den weiteren Gesundheitsberufen und natürlich allen Menschen, die nicht nur unsere Gesundheitsversorgung, sondern auch die Versorgung mit den anderen notwendigen Gütern wie beispielsweise Lebensmittel und Hygieneartikel, Energie und Wasser, Unterrichtsmaterial und vieles mehr aufrechterhalten.
Bundes- und Landesregierung haben schnell Hilfsprogramme für Bürger und Wirtschaft aufgelegt wie beispielsweise das Gesetz zum Ausgleich finanzieller Belastungen in Gesundheitseinrichtungen infolge von Covid-19. Weitere Ergänzungen sind jedoch nötig, um auch die durchgangsärztlichen und die privatärztlichen Praxen zu schützen. Diese fallen bislang nicht unter den Geltungsbereich dieses Unterstützungsgesetzes für das Gesundheitswesen. So sehe ich etwa die Gesetzliche Unfallversicherung in der Pflicht, die durchgangsärztlichen Praxen zu stützen, genau wie auch die Privaten Krankenversicherungen in der Pflicht stehen, einen deutlichen Beitrag zur Hilfe zu leisten. Denn nicht nur die privatärztlichen Praxen stehen vor erheblichen Problemen, auch den Vertragsärztinnen und -ärzten fehlen die Einnahmen aus der Behandlung beispielsweise von Beamten.
Das leidige Thema der Versorgung mit persönlicher Schutzausrüstung wird uns wohl noch lange beschäftigen. Auch hier gibt es Lücken in der staatlich angeleierten Versorgung, denn neben den Privatärzten und den Palliativdiensten wurde auch die bundeseigene Deutsche Stiftung Organtransplantation zunächst vergessen (Stand 03.04.2020). Neben vergleichsweise raschen Reaktionen wie der Bekanntgabe eines neues Wiederverwendungsverfahren für medizinische Schutzmasken in Ausnahmefällen (vgl. auch die Forderung der LÄKH nach pragmatischen Wegen und schnellen Lösungen S. 272) brauchen produktionswillige Unternehmen schnelle Hilfe und Unterstützung, um ihre Produktion rechtssicher auf die dringend benötigten Mittel umzustellen. Langwierige Genehmigungsverfahren sind fehl am Platz.
Die aktuelle Situation zeigt sehr deutlich, wie wichtig der vorsorgliche Katastrophenschutz ist, der in den vergangenen Jahren sträflich vernachlässigt wurde. Es wurde viel zu wenig geübt und die Lagerhaltung fast eingestellt. Die Folgen sehen wir jetzt. Dabei liegt den Verantwortlichen seit mehr als sieben Jahren der auch öffentlich verfügbare „Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012“ vor, in dem neben einem Hochwassergeschehen das Szenario eines außergewöhnliches Seuchengeschehens auf der Basis der Verbreitung eines neuartigen Erregers („Modi-SARS“) hypothetisch untersucht wurde. Wenig überraschend kann man darin nachlesen: „...Arzneimittel, Medizinprodukte, persönliche Schutzausrüstungen und Desinfektionsmittel werden verstärkt nachgefragt. Da Krankenhäuser, Arztpraxen und Behörden in der Regel auf schnelle Nachlieferung angewiesen sind, die Industrie die Nachfrage jedoch nicht mehr vollständig bedienen kann, entstehen Engpässe.“ Und weiter „...Die Bestände an Arzneimitteln zur Behandlung der Symptome reichen zunächst aus, Ersatzbeschaffungen werden zeitnah geordert, jedoch stößt die internationale Pharmaindustrie an die Grenzen der Produktionskapazität.“ Dabei ist noch nicht einmal die Rede von den weltweiten Abhängigkeiten von Medikamentenlieferung und Schutzausrüstung aus Indien und China.
Wir können aber glücklich sein, dass die permanenten Rufe von Krankenhausoptimierern nach Schließungen von Betten und ganzen Krankenhäusern in Deutschland noch nicht vollends umgesetzt wurden. Im Gesundheitswesen kann und darf die reine Marktwirtschaftslehre nicht regieren. Daseinsvorsorge geht vor Kommerzialisierung!
Bleiben Sie gesund, und zwar nicht nur, um unsere Patientinnen und Patienten weiter gut zu versorgen.
Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident