Hrsg.: Jens Scholz, Jan-Thorsten Gräsner, Andreas Bohn. Georg Thieme Verlag (Stuttgart, New York) 2019, 763 Seiten, ISBN 9783132412903, € 199.99
Das Buch richtet sich an alle im Rettungsdienst tätigen Ärzte. Es ermöglicht dem Leser die Vor- und Nachbereitung von Einsatzszenarien. Durch die Gliederung der einzelnen Kapitel nach einem einheitlichen Muster erhält das Buch einen enzyklopädischen Charakter. Dies gibt dem Leser eine Orientierung im Text und erleichtert das Nachschlagen von Details.
Die hohen Erwartungen an ein Referenzwerk erfüllt „Referenz Notfallmedizin“ aber nicht. Teilweise werden Details nicht oder ungenau behandelt. So wird im Kapitel „Die Geburt im Rettungsdienst“ die Abnabelung nach einer Minute empfohlen – aber an welcher Stelle abgenabelt werden soll, wird nicht erwähnt. Im Kapitel „12-Kanal-EKG“ wird darauf hingewiesen, dass bei besonders großer Brust die Elektroden auf die Brust geklebt werden sollen. Wie verfährt man bei kleiner Brust?
Die Schmerztherapie ist ein häufiges Problem im Rettungsdienst. In einigen Kapiteln geben die Autoren zwar konkrete Empfehlungen zur Schmerztherapie (z. B. „Akutes Abdomen“), in anderen Kapiteln verzichten die Autoren auf konkrete Angaben und verweisen nur allgemein auf die Analgesie (z. B. „Extremitätentrauma“). Ein eigenes Kapitel zur Schmerztherapie fehlt, ist aber aus Sicht des Rezensenten absolut notwendig.
An einem wichtigen Punkt liegen die Autoren sogar grundsätzlich falsch: So soll bei der Entscheidung über einen Therapieabbruch im Rahmen einer Reanimation zuallererst der Wille des Patienten zugrunde gelegt werden. Dies deckt sich nicht mit den Leitlinien (German Resusciation Council: Reanimation 2015 – Leitlinien kompakt, Seite 305 und 306).
Trotz der Kritik handelt es sich bei dem Buch um eine umfassende Darstellung der relevanten Themen der präklinischen Notfallmedizin, die auch dem erfahrenen Notarzt hilfreiches Wissen vermittelt.
Dr. med. Matthias Ott, Arzt für Allgemeinmedizin und Anästhesiologie, Intensiv-, Notfall-, Palliativmedizin, Schmerztherapie, Lorch/Rhein