Patientensicherheit in der Landesärztekammer Hessen – Experten berichten aus den Abteilungen

Wie setzt die Landesärztekammer Hessen das Thema Patientensicherheit in ihrem Arbeitsalltag um? Welche Planungen, Maßnahmen und Projekte gibt es in den einzelnen Abteilungen? Was bedeutet „Patientensicherheit“ für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LÄKH?

Der 12. Teil der Serie zeigt, an wie vielen Stellen Patientensicherheit auch außerhalb der klinischen Versorgung eine wichtige Rolle spielt.

Dr. med. Edgar Pinkowski, Präsident der Landesärztekammer Hessen

Patientensicherheit ist für die LÄKH als Berufsvertretung der hessischen Ärzteschaft sehr wichtig. Wir setzen uns für vernünftige ärztliche Qualitätssicherung ohne bürokratische Gängelung, gute Arbeitsbedingungen und die Förderung von Fort- und Weiterbildung ein. Auch einige unserer Kernaufgaben wie die Ausübung der Berufsaufsicht oder die Beratung und Information der ärztlichen Kolleginnen und Kollegen sind wesentlich für die Patientensicherheit. Das Thema begleitet uns auch 2021 – über die Mitgliedschaft im Landesbeirat Patientensicherheit gemäß Hessischer Patientensicherheitsverordnung, im Ausschuss Patientensicherheit der Bundesärztekammer und im Aktionsbündnis Patientensicherheit e. V.

Dr. med. Alexander Marković, MBA, Ärztlicher Geschäftsführer der LÄKH

Meine früheren Tätigkeiten in großen Blutspendediensten mit ihren differenzierten Qualitätsmanagementsystemen und die ärztliche Verantwortung für die Hämotherapie haben mich bis heute geprägt, da sie das Wesen ärztlichen Handelns sowie der vorausschauenden, begleitenden und prüfenden Sicherung von Qualität widerspiegeln. Der gemeinsame Nenner der von mir in der LÄKH verantworteten Abteilungen ist die Qualifizierung und Prüfung von Ärzten und Medizinischen Fachangestellten, außerdem die Pflege der Datenbestände von hessischen Ärztinnen und Ärzten sowie von Patienten mit bösartigen Erkrankungen. Die Patientenversorgung muss in den Händen hoch qualifizierter Ärzte, unterstützt von medizinischen Assistenzberufen, liegen. Diese müssen aus Krankheitsdaten lernen können, um die Versorgung von Menschen zu verbessern.

Manuel Maier, Justiziar der LÄKH

Berufsaufsicht ist Patientensicherheit: Eine wesentliche gesetzliche Aufgabe der LÄKH ist die Überwachung der Erfüllung der Berufspflichten von Kammerangehörigen. Die von der LÄKH beschlossene Berufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte in Hessen (BO) enthält grundlegende rechtliche und ethische Prinzipien, die Patienten und das Patienten-Arzt-Verhältnis schützen. Die Rechtsabteilung berät Ärzte in allen Belangen der BO und wirkt damit präventiv bei der Patientensicherheit mit. Das Patienten-Arzt-Verhältnis ist auf Vertrauen gegründet. Deshalb führt die BO Pflichten für Ärzte auf, die beispielhaft von der Aufklärung der Patienten über die Behandlung (§ 8 BO), der Schweigepflicht (§ 9 BO) bis zur gewissenhaften Ausübung des Berufes (§ 2 BO) reichen. Aber auch die Dokumentation und Herausgabe von Patientenunterlagen (§ 10 BO) sowie die Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit (§ 30 BO) gehören zum Pflichtenkreis. Patienten steht die Möglichkeit offen, sich bei Problemen in der Patienten-Arzt-Beziehung mit einer schriftlichen Beschwerde an die Rechtsabteilung zu wenden. Hierfür steht ein Online-Formular nebst Schweigepflichtentbindungserklärungsformular bereit. Die Rechtsabteilung bzw. die Bezirksärztekammern bitten den Arzt um Stellungnahme und können zumeist eine Klärung des Sachverhaltes herbeiführen. Ferner gibt die Rechtsabteilung bei Fragen über die Angemessenheit von ärztlichen Honorarforderungen gutachtliche Äußerungen ab. Bei Behandlungsfehlervorwürfen von Patienten steht die Gutachter- und Schlichtungsstelle bei der LÄKH zur Verfügung.

Nina Walter, Leiterin der Stabsstelle Qualitätssicherung, Versorgungsmanagement und Gesundheitsökonomie, Stellv. Ärztliche Geschäftsführerin der LÄKH

Für mich als Ärztin ist Patientensicherheit selbstverständlicher Teil ärztlichen Handelns. Sie ist Bestandteil und Ziel des Qualitäts- und Risikomanagements sowohl in der Gesundheitsversorgung als auch bei uns in der Stabsstelle Qualitätssicherung. Zu unseren Aufgaben gehören verschiedene Qualitätssicherungsmaßnahmen – einige davon sind auf Initiative der Ärzteschaft entstanden, z. B. die Qualitätssicherung in der Reproduktionsmedizin. Hier tauschen wir uns eng mit den ärztlichen Kolleginnen und Kollegen vor Ort aus. So gewinnen wir Eindrücke aus der direkten Patientenversorgung und können aktuelle Herausforderungen identifizieren, die in die Weiterentwicklung unserer Maßnahmen einfließen.

Jens Sudmann, Ärztlicher Leiter der Abteilung Weiterbildung der LÄKH

Die Arbeit der Weiterbildungsabteilung trägt maßgeblich dazu bei, dass Ärztinnen und Ärzte während und nach ihrer Weiterbildung ihre Patienten kompetent versorgen und behandeln können. Die Prüfung vollständig und korrekt erworbener Weiterbildungsinhalte und der Einhaltung von Mindestzeiten und Richtzahlen für den Kompetenzerwerb sowie praxisorientierte Facharztprüfungen sichern die Qualität der Ärztlichen Weiterbildung. Auch mit der Durchführung von Fachsprachenprüfungen und der Zertifizierung von Fortbildungsveranstaltungen trägt unsere Abteilung zu mehr Sicherheit in der Patientenbehandlung bei.

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hans-Rudolf Tinneberg (Foto links), Vorsitzender des Akademievorstands; Sandra Bauer, M. A. (rechts), Dr. Aline Zetsche (Mitte), Akademieleitung

In allen unseren Veranstaltungen geht es um die bestmögliche Patientenbehandlung und um die Verankerung wissenschaftlicher Erkenntnisse im ärztlichen Alltag. Dazu wendet die Akademie methodenorientiertes Lernen und Trainieren an und baut Kommunikation, Übungsszenarien, Exkursionen, Projekt- und Gruppenarbeit weiter aus. So soll bei den Teilnehmenden die effektive Nutzen-/Risiko-Bewertung bei komplexen Krankheitsbildern gestärkt werden. Beispiele sind Kurs-Weiterbildungen wie Krankenhaushygiene und Ärztliches Qualitätsmanagement sowie Fortbildungen wie Antibiotic Stewardship, die stark vom Qualitätsmanagement inspiriert sind und sich besonders intensiv mit der Patientensicherheit befassen.

Roswitha Barthel, Assessorin jur., Leiterin Abt. Ausbildungswesen: Medizinische Fachangestellte

Wir sind in unserer Abteilung für die Beratung und die Überwachung der Berufsausbildung von Medizinischen Fachangestellten (MFA) zuständig. So tragen wir dazu bei, den MFA eine erfolgreiche Berufsausbildung zu ermöglichen und Ärztinnen und Ärzte mit qualifizierten Fachkräften zu versorgen. Beides sind wesentliche Aspekte für die Patientensicherheit in den Praxen und Kliniken. Es wird z. B. darauf geachtet, dass verantwortungsvolle praktische Aufgaben nicht verfrüht an die MFA-Auszubildenden übertragen werden oder durch Überprüfung der Sprachkompetenz eine sichere Patientenkommunikation gefördert wird. Abschließend gewährleisten wir mit den Prüfungen, dass die für die Berufsausübung notwendige Qualifikation vorliegt.

Silvia Happel, Dipl. Med.-Päd., Schulleiterin der Carl-Oelemann-Schule (COS) der Landesärztekammer Hessen

Patientensicherheit ist bei fast allen Lerninhalten der COS übergeordnetes Handlungsziel, auch wenn das Wort wenig erwähnt oder erläutert wird. In den Qualitätszielen der COS ist das Thema als wichtiges Kriterium für die Bildungsinhalte indirekt mit dem Begriff „Patientenversorgung“ verankert. Trotzdem sollte bei den Aus- und Fortbildungsinhalten von MFA der Aspekt Patientensicherheit direkter herausgearbeitet werden. Dies schließt nicht nur den Datenschutz, sondern im Sinne des Risikomanagements alle Handlungen und Prozesse ein. Mit zunehmender Delegation ärztlicher Leistungen an MFA ist es wichtig, dass die Berufsgruppe aktiv über Maßnahmen zur Sicherstellung der Patientensicherheit mitdiskutiert.

Dr. jur. Katharina Deppert, Vorsitzende der Gutachter- und Schlichtungsstelle (GuS) der LÄKH, Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof a. D.

Es ist selbstverständlich, dass vermutete Fehler und Zwischenfälle in ärztlichen Behandlungen benannt und aufgearbeitet werden. Für die Patientensicherheit ist dies unumgänglich. Auch wenn nach Abschluss eines solchen Verfahrens festgestellt werden kann, dass kein Fehler vorlag, können doch zum Beispiel organisatorische Defizite oder Kommunikationshürden im Arzt-Patienten-Verhältnis ausgeräumt werden. Dies bietet die Chance, das Vertrauen zwischen Patient und Arzt wieder herzustellen und ist im Hinblick auf die Förderung der Patientensicherheit ein wichtiges Ziel der Gutachter- und Schlichtungsstelle der LÄK Hessen.

Dr. jur. Anja Schneider, Leiterin der Geschäftsstelle der Ethik-Kommission bei der Landesärztekammer Hessen

Neben der Forschungsqualität steht die Patientensicherheit im Fokus der Arbeit der Ethik-Kommission. Beraten werden die unterschiedlichsten Forschungsvorhaben und oberste Priorität hat bei allen Entscheidungen immer das Wohl der Patienten.

Die Geschäftsstelle der Ethik-Kommission bereitet die inhaltliche Arbeit der Kommission vor und setzt deren Entscheidungen innerhalb der gesetzlichen Vorgaben um. Trotz zukünftiger Änderungen durch eine Verordnung der Europäischen Union bleibt in Deutschland die Ethik-Kommission ein fester Bestandteil bei der Überprüfung von Forschungsvorhaben. Dafür konnte sich der Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland e. V. erfolgreich einsetzen – dies ist ein wichtiges Signal für die Patientensicherheit.

Dr. med. Michael Weidenfeld, Vorsitzender der Bezirksärztekammer Wiesbaden – stellvertretend für alle sechs Bezirksärztekammern der LÄKH

Patientensicherheit ist ein wichtiger Pfeiler in der Arzt-Patienten-Beziehung und hat viele unterschiedliche Aspekte – sie reichen von der Beschaffenheit der Praxisräume über die Herstellung größtmöglicher Therapiesicherheit bis hin zur Sicherheit ärztlicher Kenntnisse, die über Fortbildungen aktuell gehalten werden müssen. Die Bezirksärztekammer Wiesbaden unterstützt daher viele verschiedene Aktivitäten der Ärzte vor Ort und plant und führt selbst eigene Maßnahmen durch, um die Patientensicherheit zu fördern – zum Beispiel die Unterstützung lokaler Qualitäts-, Wund- und Schmerzzirkel, Tumorboards und Fortbildungen.

Katja Möhrle, M.A., Leiterin der Stabsstelle Medien – Öffentlichkeitsarbeit und Hessisches Ärzteblatt

Regelmäßig machen Behandlungsfehler Schlagzeilen in Presse, Rundfunk und Fernsehen. Aufgabe der Stabsstelle Medien ist es, deutlich zu machen, dass die Ärzteschaft das Problem frühzeitig erkannt und offensiv mit einer Fehlervermeidungskultur darauf reagiert hat. Jedes Jahr informieren wir mit einer Pressemitteilung über die statistischen Daten der Gutachter- und Schlichtungsstelle bei der Landesärztekammer Hessen zu vermuteten und nachgewiesenen Behandlungsfehlern, die einen wichtigen Beitrag zur Patientensicherheit leisten. Intensive Gespräche mit Journalisten, regelmäßige Veröffentlichungen auf der Website und im Hessischen Ärzteblatt dienen dazu, das Thema Patientensicherheit in der Öffentlichkeit transparent darzustellen. Dabei geht es nicht nur um die Vermeidung von Behandlungsfehlern, sondern um die kontinuierliche Verbesserung der Behandlungsmethoden durch qualitativ hochwertige ärztliche Fort- und Weiterbildung und von der Ärzteschaft mitentwickelte Zertifizierungssysteme für Krankenhäuser und Arztpraxen.

Die ausführlichen Statements werden im Monatsrhythmus unter https://www.laekh.de/fuer-aerztinnen-und-aerzte/qualitaetssicherung/patientensicherheit veröffentlicht. Auch 2021 setzen wir die Serie Patientensicherheit mit interessanten Beiträgen in loser Folge fort.

Patientensicherheit jetzt mit eigener Webseite online

Patientensicherheit und Fehlerkultur sind der Landesärztekammer Hessen ein wichtiges Anliegen. Dies gilt nicht zuletzt für die Stabsstelle Qualitätssicherung – hier sind viele Maßnahmen und Projekte direkt vom Thema Patientensicherheit beeinflusst. Grund genug, dafür einen eigenen Websitebereich einzurichten. Unter https://www.laekh.de/fuer-aerztinnen-und-aerzte/qualitaetssicherung/patientensicherheitkönnen Neuigkeiten, Statements und Termine zur Patientensicherheit eingesehen werden. Auch die Artikel der Serie Patientensicherheit im Hessischen Ärzteblatt seit Ausgabe 11/2019 sind hier abrufbar. Das Angebot wird um die Frage des Monats und Verlinkungen auf themenrelevante Seiten ergänzt. Aktuell befindet sich der Bereich noch im Aufbau. Weitere interessante Inhalte werden folgen.

Stabsstelle Qualitätssicherung der LÄKH