Veröffentlichung des Berufsverbandes Niedergelassener Gastroenterologen e. V. (bng)
Nachdruck aus: Zeitschrift für Gastroenterologie 2019; 57(07): 908–909 DOI: 10.1055/a-0946–5059 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York
Gastroenterologische Endoskopien sind häufig durchgeführte Untersuchungen. Im Jahr 2017 wurden über die Kassenärztlichen Vereinigungen mehr als 1,8 Millionen Koloskopien abgerechnet (davon 466.000 Früherkennungskoloskopien). Im Zehn-Jahreszeitraum von 2007 bis 2017 ist ein – medizinisch sinnvoller – Zuwachs von fast 33 % zu beobachten (eigene Zahlen des Berufsverbandes Niedergelassener Gastroenterologen e. V., bng).“
Obwohl die Endoskopien den Arbeitsalltag der Gastroenterologen in Klinik und Praxen füllen und die Kapazitäten kontinuierlich ausgebaut wurden, bestehen in vielen Praxen Wartezeiten, das heißt die Kapazitäten folgen nicht der Nachfrage.
Es ist also nötig, dass mit der Ressource „Endoskopie“ sorgfältig unter Beachtung der medizinischen Indikation umgegangen wird. Jeder in der Praxis tätige Gastroenterologe kennt das Problem der unscharfen oder zu großzügigen Indikation und der zu häufig veranlassten Kontroll-Endoskopien. Wenn die Überweisung zum Gastroenterologen zur Durchführung einer Endoskopie aber einmal ausgestellt wurde, dann ist es oft schwierig, den Patienten davon zu überzeugen, dass die Endoskopie, auf die er sich nun schon eingestellt hat, nicht erforderlich ist. Viele Patienten reagieren auf die Mitteilung durch den Gastroenterologen, dass keine Indikation zur geplanten Endoskopie besteht, mit Unverständnis und fürchten, dass ohne guten medizinischen Grund von der Endoskopie abgesehen wird, ihnen also aus finanziellen Gründen eine eventuell lebenswichtige Untersuchung vorenthalten wird. Diesem Druck auszuweichen, ist oft unmöglich und erfordert intensive, zeitaufwendige Überzeugungsarbeit, für die meist keine Zeit übrig ist. So kann es durchaus passieren, dass Endoskopien entgegen der leitliniengerechten Empfehlungen durchgeführt werden.
Eine alltagstaugliche Information, in welchen Situationen eine Endoskopie und insbesondere eine Kontroll-Endoskopie erfolgen sollte und wann nicht, kann deshalb hilfreich sein, und zwar nicht in erster Linie für Gastroenterologen, sondern vor allem für Nicht-Gastroenterologen wie Hausärzte, Gynäkologen, Urologen, Chirurgen und andere Fachgruppen, die Patienten zur Endoskopie überweisen.
Die Autoren haben deshalb aus den Empfehlungen der nationalen gastroenterologischen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) eine übersichtliche Tabelle erstellt, die als rasche Orientierung im Alltag dienen kann. Natürlich kann sie nicht allen Einzelsituationen gerecht werden. Mitunter musste nicht nur auf die umfangreichen Leitlinien, sondern auch auf andere Literatur und eigene Erfahrungen zurückgegriffen werden. Insoweit mag der eine oder andere Leser die Empfehlungen als holzschnittartig oder unpräzise empfinden.
Auf eine Kommentierung oder Erläuterungen der Empfehlungen in der Tabelle wird hier ganz bewusst verzichtet. Vielmehr wird dazu auf die entsprechenden Leitlinien und die wissenschaftliche Literatur verwiesen.
Franz Josef Heil2, Jens Aschenbeck2, Albert Beyer1, Thomas Block2, Thomas Eisenbach2, Dietrich Hüppe2, Dagmar Mainz1, Gero Moog2, Ulrich Tappe1
1 bng-Vorstand, 2 bng-Beirat
ÖGD | 1. Kontroll-ÖGD | 2. Kontroll-ÖGD | |
Refluxkrankheit (nicht erosiv) und Refluxösophagitis | ÖGD nur bei Alarmsymptomen, Nichtansprechen auf Therapie, Refluxsymptomen über mehrere Jahre. | keine | keine |
Barrett-Metaplasie ohne Dysplasie | nach 1 Jahr | nach 3–4 Jahren | |
Barrett-Metaplasie mit low-grade Dysplasie | Endoskopische Resektion oder Ablation optional. | nach 6 Monaten | 1x/Jahr |
Barrett-Metaplasie mit high-grade Dysplasie | Vollständige endoskopische Resektion und Ablation der Metaplasie. | nach 3 Monaten | alle 6 Monate für 2 Jahre, dann 1x/Jahr |
H.pylori-Gastritis | Kontrolle nach Therapie mittels H.p.-Antigen im Stuhl oder C13-Atemtest. | keine | keine |
Reizmagensnydrom, nicht ulzeröse Dyspepsie | Einmalige ÖGD bei Diagnosestellung gerechtfertig.t | keine | keine |
Chron. atrophische Gastritis und ausgedehnte intestinale Metaplasie (Corpus) | Keine Empfehlung in den Leitlinien. Kontrolle kann bei ausgeprägtem Befund sinnvoll sein. | nach 1–3 Jahren | alle 1–3 Jahre (stadienabhängig) |
Ulcus duodeni | keine | keine | |
Ulcus ventriculi | Kontrollendoskopie, wenn Malignität nicht ausgeschlossen werden kann. | nach 4–8 Wochen | keine |
Zöliakie | Antikörper-Kontrollen nach 3 Monaten. Endoskopie-Kontrolle unter glutenfreier Diät kann sinnvoll sein. | nach 6 Monaten | keine |
Nach Magenresektion wegen eines Magenkarzinoms | Routine-Endoskopien zur Nachsorge sind nicht erforderlich. | keine | keine |
Koloskopie | Index-Koloskopie | 1. Kontroll-Koloskopie | 2. Kontroll-Koloskopie |
Vorsorge-Koloskopie Männer | mit 50 Jahren | nach 10 Jahren | keine |
Vorsorge-Koloskopie Frauen | mit 55 Jahren | nach 10 Jahren | keine |
Nach vollständiger Abtragung von 1–2 tubulären Adenomen < 1 cm (ohne villöse Komponente). | nach 5–10 Jahren | nach 10 Jahren | |
Nach vollständigerAbtragung von 3–4 Adenomen oder eines Adenoms mit villöser Komponente. | nach 3 Jahren | nach 5 Jahren | |
Nach vollständiger Abtragung eines Adenoms ≥ 1 cm oder eines Adenoms mit hochgradiger intraepithelialer Dysplasie (HGIEN). | nach 3 Jahren | nach 5 Jahren | |
Nach endoskopischer R0-Abtragung eines Adenoms mit Karzinom (T1). | nach 6 Monaten | nach 3 Jahren | |
Koloskopie | Index-Koloskopie | 1. Kontroll-Koloskopie | 2. Kontroll-Koloskopie |
Nach operativer R0-Resektion eines kolorektalen Karzinoms | nach 1 Jahr | nach 5 Jahren | |
bei familiärer Karzinom-Belastung (1. gradig Verwandter) | Ab 40 Jahren bzw. 10 Jahre vor Erkrankungsalter des Verwandten. | nach 5–10 Jahren | nach 5–10 Jahren |
bei gehäuftem Darmkrebs in der Familie, bei familiärem Darmkrebs-Syndrom (FAP, HNPCC etc.) | Nach fachärztlicher Entscheidung. Erstvorstellung beim Gastroenterologen mit spätestens 25 Jahren. | ||
Reizdarmsyndrom | Einmalige Koloskopie bei Diagnosestellung. | nach 10 Jahren im Rahmen der Vorsorge | keine |
Obstipation | Einmalig nur bei Warnsymptomen,hohem Leidensdruck, fehlendem Ansprechen auf Therapie. | nach 10 Jahren im Rahmen der Vorsorge | keine |
Divertikulitis | Nach Abheilung nur dann, wenn in den vergangenen zehn Jahren keine Koloskopie erfolgte; vor geplanter Operation. | ||
Colitis ulcerosa, M. Crohn | Endoskopien nach fachärztlicher Entscheidung abhängig vom Verlauf und der Therapie. Überwachungskoloskopien bei langjährigem Verlauf erforderlich. | ||
iFOBT nach Koloskopie | Bei Patienten, bei denen bereits eine Koloskopie erfolgte, soll innerhalb von 10 Jahren keine Untersuchung auf fäkales okkultes Blut (iFOBT) erfolgen. |