Der Arbeitsalltag der medizinischen Berufe wird sich weitreichend verändern und die Entwicklung neuer Gesundheitsberufe scheint in Zukunft unverzichtbar. Der Anspruch der Patienten nach fachlich korrekter Behandlung einerseits, empathischer persönlicher Aufklärung und Beratung andererseits wird jedoch weiterhin Grundlage der Medizin bleiben.
Um dem demografischen Wandel gerecht zu werden und die digitale Transformation im Gesundheitswesen zu gewährleisten, spricht sich die Stiftung Münch in ihrem Projektbericht „Reformkommission Neue Gesundheitsberufe für das digitale Zeitalter“ für drei neue Gesundheitsberufe aus. Konkret fordert sie Fachkräfte, Prozessmanager und Systemarchitekten für digitale Gesundheit [1].
Ergänzend schlägt das Bündnis Junge Ärzte (BJÄ) das Berufsbild Arzt für digitale Medizin vor. Ärztinnen und Ärzte für digitale Medizin sollen über das Angebot digitaler Anwendungen informieren und können bei Problemen und Herausforderungen, egal ob medizinisch oder digital, kompetent beraten [2].
Von Ärztinnen und Ärzten werden zunehmend fundierte Kenntnisse über digitale Werkzeuge und digitale Gesundheitsanwendungen erwartet. Sie sollen diese vergleichbar wie ein Stethoskop, einen Reflexhammer oder ein Mikroskop anwenden können. Wie können nun Ärztinnen oder Ärzte der Funktion als Lotse der Patienten auch in Hinblick auf technische und digitale Innovationen gerecht werden?
Digitale Kompetenzen müssen in der Aus- und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten einen größeren Stellenwert einnehmen, da digitale Anwendungen den Nachwuchs das ganze Berufsleben begleiten werden. Jede klinische Fachdisziplin sollte sich der Aufgabe annehmen, den Studierenden praktische Anwendungsmöglichkeiten aufzuzeigen und sich mit Chancen und Risiken auseinandersetzen. Ärztinnen und Ärzte müssen in die Lage versetzt werden, Potenziale digitaler Technologien sowie deren Limitationen zu erkennen und diese mitzugestalten. Insbesondere Inhalte zu Digital Health, Telemedizin sowie rechtliche Fragen etwa zu Datenschutz, Haftung und Berufsrecht sollten präsenter werden. Ebenfalls sollte auf die Auswirkungen auf unser Selbstbild und unseren ärztlichen Berufsalltag eingegangen werden. Dabei reichen einzelne Leuchtturmprojekte für wenige Studierende nicht aus, sondern ein grundlegendes Verständnis zum Thema Medizin im digitalen Zeitalter ist für alle Ärztinnen und Ärzte wünschenswert.
Auch bereits in der Versorgung befindliche Ärztinnen und Ärzte müssen entsprechend geschult werden, ohne dass ihnen Kosten entstehen. Gleichzeitig muss eine moderne IT-Infrastruktur geschaffen werden, die den klinischen Alltag unter Wahrung höchstmöglicher Datensicherheit einfacher und effizienter gestaltet. Darüber hinaus braucht es eine adäquate Vergütung dieser Leistungen sowie ein grundsätzliches Interesse an digitalen Anwendungen.
Um sinnvolle digitale Werkzeuge zu erstellen, ist eine intensive Zusammenarbeit mit den Anwenderinnen und Anwendern notwendig. Gerade junge Ärztinnen und Ärzte sind im Umgang mit digitalen Anwendungen geübt. Basierend auf der gleichzeitigen Arbeit in der unmittelbaren Krankenversorgung und der Rolle als sogenannte digital natives, ist es essenziell, die Expertise junger Ärztinnen und Ärzte bei der digitalen Transformation im Gesundheitswesen mit einzubeziehen.
Carolin Siech, Vertreterin der German Society of Residents in Urology im Bündnis Junge Ärzte, E-Mail: info@buendnisjungeaerzte.org
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