Die Qualitätssicherung bei medizinischen Strahlenanwendungen ist seit Jahrzehnten etabliert, hat aber in jüngerer Zeit wichtige Entwicklungen erfahren, insbesondere durch die seit Ende 12/2018 gültige neue Strahlenschutzverordnung (StrlSchV). Das radiologische Qualitätsmanagement ist ein wichtiger Baustein und Vorreiter zur Patientensicherheit (siehe dazu auch die Serie im HÄBL, S. 678ff) .
Nachfolgend finden Sie eine kurze Übersicht zu den Änderungen im Strahlenschutzrecht. Ein weiterführender Artikel ist im Internet unter www.laekh.de → HÄBL 11/2020 abrufbar. Darin finden sich spezifische Regelungen für Hessen und Ergebnisse aus der Arbeit des Beirats der Ärztlichen Stelle für Qualitätssicherung in der Radiologie, Nuklearmedizin und Strahlentherapie Hessen (ÄSH). Mitglieder des Beirats der ÄSH sind Landesärztekammer, Kassenärztlicher Vereinigung, Krankenhausgesellschaft, Ministerien und Aufsichtsbehörden. Die ÄSH informiert im Internet unter www.tuev-sued.de
Vorkommnisse
Als neue Vorgabe müssen die medizinischen Strahlenanwender ein System zur Vermeidung, Erfassung und Bearbeitung von Vorkommnissen (unbeabsichtigte Strahlenexpositionen) aufbauen und in den ÄSH-Prüfungen nachvollziehbar machen. Dabei kann ein bestehendes Risiko- und Qualitätsmanagement helfen. Besondere dosisrelevante Ereignisse werden bei den Aufsichtsbehörden meldepflichtig. Hierzu findet sich im Anhang der StrlSchV ein Kriterienkatalog.
Medizin-Physik-Experten und Dosis für das Personal
Medizin-Physik-Experten müssen bei Hochdosisarbeitsplätzen in einem definierten Umfang, insbesondere zur Dosisoptimierung, herangezogen werden – bei Neugeräten bereits jetzt. Bei älteren Computertomographen (CT) oder Angiographie-Geräten gelten Übergangsbestimmungen, wie auch für viele andere neue Anforderungen. Auch Strahlenanwendungen im Herzkatheterlabor oder in der Gefäßchirurgie sind betroffen. Die Dosisgrenzwerte für das Personal bleiben weitgehend unverändert, für die Augenlinsen wurde der Grenzwert von 150 auf 20 mSv pro Jahr gesenkt. Es müssen Maßnahmen zur Begrenzung der Dosis von Betreuungs- oder Begleitpersonen erfolgen.
Früherkennung
Zusätzlich zum Mammographie-Screening können jetzt weitere Früherkennungsuntersuchungen vom Bundesamt für Strahlenschutz geprüft und anerkannt werden, bspw. die Anwendung von Low-Dose-CTs bezüglich Lungenkrebs. Die Strahlenschutzverantwortlichen (SSV) benötigen jeweils eine Genehmigung für radiologische Früherkennungsverfahren.
Patientendosis, DRW und Dosismanagementsysteme
Arbeitsanweisungen inklusive der Standarduntersuchungsparameter sind durch die StrlSchV für alle Untersuchungsarten notwendig, ebenso wie regelmäßige Dosisauswertungen und Vergleiche mit den vom Bundesamt für Strahlenschutz veröffentlichten Dosisreferenzwerten (DRW). Gründe für hohe Dosiswerte sowie Dosisinformationen sollen verfügbar und einfach auswertbar sein. Zumindest in größeren radiologischen Abteilungen oder Praxen können die vorgesehenen Aufgaben nur mit Dosismanagementsystemen effektiv und effizient umgesetzt werden.
Anmeldungen & Dokumentation
Röntgeneinrichtungen und ihre SSV müssen bei Regierungspräsidien und ÄSH an- und abgemeldet werden, ebenso eigenverantwortlich tätige Röntgenanwender wie Belegärzte oder externe Gerätenutzer. Vorgaben zur Dokumentation wurden teilweise geändert, z. B. zu Aufbewahrungsfristen in der technischen Qualitätssicherung. Der Röntgenpass muss nicht mehr angeboten werden. Andererseits besagt das Strahlenschutzgesetz (StrlSchG), dass dem untersuchten Patienten auf seinen Wunsch eine Abschrift der Aufzeichnungen zu überlassen ist. Bezgl. der Dosiswerte könnte dies künftig auch in digitaler Form erfolgen.
Teleradiologie
In der Teleradiologie wird nicht mehr die Gesamtfachkunde im Strahlenschutz, sondern nur noch die „erforderliche“ Fachkunde aufgeführt, z. B. für ein CT. Weitere Anforderungen sind zu beachten wie eine verstärkte Einbindung in die klinischen Abläufe, zur Verfügbarkeit der Teleradiologen oder die Gewährleistung des Facharztstandards, z. B. durch qualitätsgesicherte Einbeziehung eines Hintergrunddienstes.
Ärztliche Stellen und Behörden
Zusätzlich zu den genannten Punkten sollen ärztliche Stellen Forschungsvorhaben prüfen und die rechtfertigende Indikation als einen wesentlichen Faktor zum Strahlenschutz heranziehen. Aufsichtsbehörden sollen risikobasiert im Abstand von ein bis sechs Jahren Prüfungen in den Praxen durchführen. In Hessen wurde auf Initiative des Beirats der ÄSH für schwerwiegende strittige Prüfungsergebnisse ein Schlichtungsausschuss eingeführt, der auf Antrag angerufen werden kann.
In den Prüfungen der ÄSH zeigt sich, dass sich Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement (QM) in Radiologie, Nuklearmedizin und Strahlentherapie auf einem sehr hohen Niveau befinden. Das Team der ÄSH beantwortet gerne Ihre Fragen.
Den ausführlichen Übersichtsartikel finden Sie in der Ausgabe 11/2020.
PD Dr. med. Michael Walz, Ärztliche Stelle für Qualitätssicherung in der Radiologie, Nuklearmedizin und Strahlentherapie Hessen (ÄSH), TÜV SÜD Life Service GmbH, Frankfurt, E-Mail: michael.walz@tuvsud.com
Dr. Jürgen Westhof, Dipl.-Phys., Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe, Regierungspräsidium Kassel
Michael Waldeck, Facharzt für Chirurgie, Mitglied im Beirat der ÄSH und der Delegiertenversammlung der LÄK Hessen
Prof. Dr. med. Markus Müller-Schimpfle, Klinik für Radiologie, Neuroradiologie & Nuklearmedizin, Klinikum Frankfurt Höchst